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Microsoft-Chef Ballmer schmeißt Stühle vor Wut - sagt Google

05.09.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wenn es stimmt, was der ehemalige Microsoft-Mitarbeiter Mark Lucovsky vor Gericht unter Eid aussagte, dann hat sein Chef Steve Ballmer mal wieder eine bühnenreife Show geliefert.

Lucovsky berichtete von einem Gespräch zwischen ihm und dem Chief Executive Officer (CEO) von Microsoft, in dem er den Topmanager von seiner Demission unterrichtete. Balmer, der sich natürlich nach seinem neuen Arbeitgeber erkundigte, habe irgendwann während des Gesprächs geforscht: "Sag mir aber bitte nicht, dass es Google ist." Lucovsky habe geantwortet: "Doch, es ist Google."

Daraufhin seien die Ereignisse eskaliert. Balmer habe einen Stuhl gepackt und ihn quer durch den Raum gefeuert. Dann habe sich der Vorstandsvorsitzende von Microsoft in wüsten Beschimpfungen über Googles CEO Eric Schmidt ergangen.

Ballmer hat dieser Darstellung noch am gleichen Tag - dem vergangenen Freitag - widersprochen. "Lucovskys Erinnerung an unser Gespräch ist eine weit überzogene Darstellung dessen, was tatsächlich passierte." Die Entscheidung von "Mark, unser Unternehmen zu verlassen, war eine große Enttäuschung und ich habe ihn intensiv gebeten, sich die Sache noch einmal zu überdenken. Aber seine Darstellung dieses Treffens ist nicht korrekt", sagte Ballmer.

Hintergrund der Lucovsky-Aussage ist das Verfahren, das Microsoft im Juli 2005 gegen Google anstrengte, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken. In diesem Verfahren geht es um den ehemaligen Microsoft-Mitarbeiter Kai-Fu Lee. Google hatte am 19. Juli 2005 mitgeteilt, dass man Lee für sich gewinnen konnte, um in China ein Entwicklungslabor aufzubauen und zu leiten. Postwendend zog Microsoft vor ein Gericht im Bundesstaat Washington, um diesen Personalwechsel zu verhindern. Google konterte mit einer Gegenklage in Kalifornien.

Lee hatte in der Position eines Vice President beim Softwaregiganten gearbeitet und für Microsoft früher bereits in Peking ein Forschungszentrum aufbauen helfen. Seit dem Jahr 2000 aber war Lee mit anderen Aufgaben betraut.

Microsoft behauptet in seinem Antrag zum Erlass einer einstweiligen Verfügung, Lee habe am 7. Mai 2005 ein vertrauliches E-Mail an Google gesandt, das mit "Wie man in China Erfolg hat" ("Making it in China") tituliert war. Ein fast gleich lautendes E-Mail habe Lee früher für Ballmer erarbeitet. Außerdem habe Lee Google beraten, wie der Suchmaschinenanbieter sein Geschäft im Reich der Mitte aufziehen könne. Er habe beispielsweise Hinweise gegeben, wo Google seine Niederlassungen lokalisieren und wen es in China anheuern solle. Außerdem habe Lee Google geraten, bei potenziellen Mitarbeitern auch in Microsofts Personalgefilden zu wildern.

Die Gates-Company behauptet ferner, Lee dürfe nach dem mit Microsoft ausgehandelten Arbeitsvertrag wegen einer darin enthaltenen Sperrklausel für ein Jahr lang nicht für einen anderen Arbeitgeber in der gleichen Funktion arbeiten. Gegen diese Klausel habe Lee in dem Moment verstoßen, als er zu Google wechselte. (jm)