Hersteller forciert Lobbyismus

Microsoft bläst zum Sturm auf Capitol Hill

05.11.1999
MÜNCHEN (CW) - Angesichts der nahenden Urteilsverkündung im Antitrust-Verfahren versucht Microsoft seine Anhänger gegen die US-Regierung zu mobilisieren. Zugleich spinnt der Hersteller an einem Netz aus Lobbyisten und steckt Geld in die Parteien.

Investoren ging dieser Tage zusammen mit dem Jahresbericht des Unternehmens ein Schreiben zu, in dem Microsoft zum Protest gegen eine Einmischung der US-Regierung in die Industrie aufruft. Laut Robert Herbold, Chief Operating Officer des Softwareriesen und Autor des Briefes, drohe die Regierung durch Gerichtsverfahren und Interventionen, die Innovationskräfte der Branche zu ersticken und den Lebensnerv der gesamten Industrie zu durchtrennen.

Herbold fordert die Leser auf, die beigefügten Protestkarten an den US-Kongreß zu schicken und sich in der eigens für die Lobby-Arbeit geschaffenen Internet-Community "Freedom to Innovate Network" mit Gleichgesinnten auszutauschen. Dieses finanziell kräftig geförderte Netzwerk existiert seit etwa einem Jahr und soll eine von Microsoft gesteuerte "Graswurzel"-Bewegung gegen die Regierung initiieren. Ein Mitarbeiter des Diskussionsforums bezifferte auf Anfrage des "Wall Street Journal" die Zahl der Teilnehmer auf über 50000. Auf den Seiten finden sich auch Updates zum Stand des Antitrust-Verfahrens, in denen der Hersteller nur seine Sicht der Dinge wiedergibt.

Parallel zu diesen Aktivitäten versucht Microsoft, auch politisch den Druck auf Capitol Hill zu erhöhen. So konnte der einflußreiche Interessenverband National Federation of Independent Business als Partner im Kampf gegen die Regierung gewonnen werden. Auch hat das Unternehmen mittlerweile Lobbyisten in den Hauptstädten nahezu aller US-Bundesstaaten plaziert und verteilt Wahlkampfspenden. Allein die Republikaner sollen seit Anfang 1998 Spenden in Höhe von über 780000 Dollar erhalten haben.