Microsoft bessert IT-Management nach

26.11.2004
Auf seinem IT-Forum 2004 stellte der Hersteller neue Versionen von Management-Produkten wie "MOM 2005" vor und gab einen Ausblick auf kommende Techniken. Einige Fragen blieben jedoch offen.

Microsofts Chairman und Chief Software Architect Bill Gates eröffnete das IT-Forum 2004 in Kopenhagen höchstpersönlich. Unter dem Schlagwort "The Magic of Software" sprach er davon, dass Software helfen müsse, die Komplexität heutiger IT-Landschaften zu vereinfachen. Er stellte eine Reihe von Produkten vor, die diese Aufgabe bereits erfüllen sollen, und gab den Teilnehmern zudem einen Vorgeschmack auf kommende Techniken und Lösungen.

Besondere Aufmerksamkeit fanden die neue Version der Administrationskonsole "Microsoft Operations Manager 2005" (MOM) sowie der eigentlich schon für Anfang Oktober angekündigte "Virtual Server 2005", deren Verfügbarkeit Gates nun melden konnte. MOM 2005 unterscheidet sich von der Vorgängerversion unter anderem durch die neu hinzugekommene "Operator Console", deren grafische Oberfläche im Design etwas an Microsofts Mail-Client "Outlook" erinnert. Auch ungeübte Administratoren finden sich dadurch leichter mit dem Produkt zurecht. Außerdem bietet das Tool Anwendern jetzt die Möglichkeit, eigenes Fachwissen beispielsweise zur Lösung eines bestimmten Problems direkt in der Anwendung abzuspeichern. Aus Sicht von Bill Anderson, Group Product Manager der Windows- und Enterprise-Management Division bei Microsoft, liegt darin "die wahre Stärke" des Verwaltungswerkzeugs.

Erweitert wurde das Produkt aber auch um die "Status"-Anzeige, anhand der Administratoren schnell erkennen können, ob etwa ein bestimmter Dienst verfügbar ist. Außerdem gibt es nun eine Diagrammfunktion, die dem IT-Personal eine grafische Ansicht der installierten Systeme ermöglicht und die sowohl den Zustand der Komponenten als auch deren Beziehung zueinander angibt. Bei Bedarf können Anwender dann weiterführende Informationen über einzelne Systeme abrufen, indem sie die entsprechenden Symbole anklicken.

In Verbindung mit Virtual Server 2005 und dem ebenfalls neuen "Virtual Server Migration Toolkit" (VSMT) lässt sich MOM beispielsweise einsetzen, um skriptgesteuert mehrere physikalische Server zu konsolidieren, indem sie virtualisiert werden. MOM dient dabei als eine Art Fernsteuerungskonsole.

Microsoft bekräftigte auf der Konferenz seine Entschlossenheit, MOM und das Softwareverteilungs-Tool "Systems Management Server" (SMS) im "System Center 2005" zusammenzuführen, ergänzt durch den neuen "System Center Reporting Server 2005". Dieser konsolidiert die über MOM und SMS gesammelten Informationen zum Change- und Konfigurations-Management im Unternehmen und stellt darüber hinaus Auswertungs- und Reporting-Funktionen zur Verfügung.

Softwareverteilung

Das Verwalten des laufenden IT-Betriebs und Softwareverteilungsaufgaben wären dann aus einer Lösung heraus zu erledigen. Das Erscheinen des System Center Reporting Server ist für das erste Halbjahr 2005 geplant.

Kai Grunwitz, Geschäftsführer des auf System-Management spezialisierten Beratungshauses Netix System Consulting GmbH, glaubt, dass System Center durchaus in der Lage sein wird, in puncto Skalierbarkeit mit den großen Anbietern von System-Management-Suites mitzuhalten. Er bezweifelt allerdings, ob die Lösung auch für heterogene Umgebungen geeignet sein wird. Hier sieht der Spezialist ein "großes Defizit": Zwar gebe es Konnektoren für eine Reihe von Drittlösungen etwa von BMC, Oracle oder Netiq, selbst für die Anbindung von Linux- und Unix-Systemen sei gesorgt. "Die Stärke liegt jedoch eindeutig im Microsoft-Umfeld, dort wird das Produkt primär seine Marktanteile gewinnen", so Grunwitz.

Unzulänglichkeiten sieht der Experte auch bei der Verbindung von Geschäftsprozessen und IT. Derzeit konzentrierten sich Microsofts Produkte zu sehr auf die technische Seite, eine Abstraktion nach oben in Richtung Business finde "nur sehr rudimentär" statt.

Ebenfalls neu vorgestellt wurden zwei Erweiterungen für Microsofts "Systems Management Server 2003" . Mit dem "Device Management Feature Pack" sollen Anwender mobile, auf Windows CE basierende Geräte wie Pocket-PCs oder Smartphones inventarisieren und Anwendungen darauf installieren können. Das "Operating System Feature Pack" dient dazu, Betriebssystem- und Firmware-Updates im Unternehmen zu verteilen. Gates zufolge ist dies "die am häufigsten von den Kunden verlangte Erweiterung" von SMS. Seinen Angaben zufolge setzen weltweit über 16000 Unternehmen die Software zum Verwalten ihrer Windows-Umgenungen ein.

Images vom Windows-Setup

Microsoft behebt mit dem neuen Feature Pack eine bislang vorhandene Schwachstelle von SMS: Die Software ist damit nun auch in der Lage, existierende Einstellungen und Daten zu sichern, Images von Windows-Installationen zu erstellen und automatisch im Unternehmen zu verteilen. Anpassungen wie die Eingabe der Registrierungsschlüssel, die Konfiguration der Netzwerkeinstellungen oder der Oberfläche können alle von einer zentralen Stelle aus vorgenommen werden. Spezielle Anforderungen sollen sich über Visual-Basic-Skripts erledigen lassen. Derartige Eingriffe ließen sich in dieser Form bislang nur mit Lösungen anderer Hersteller wie On Technology (jetzt Symantec), Landesk oder Inosoft bewerkstelligen.

Management-Tool für Dell-PCs

Unmittelbar vor der Eröffnung der Konferenz hatte Microsoft bereits den Abschluss einer Kooperation mit dem Computerhersteller Dell bekannt gegeben. Die beiden Anbieter wollen im Januar 2005 ein kostenloses Tool bereitstellen, das Dells System-Management-Lösung "Openmanage 4" und Microsofts SMS 2003 vereint. Mit dem "SMS 2003 Inventory Tool for Dell Updates" sollen Administratoren sowohl Patches und Bugfixes von Microsoft als auch Updates für die Dell-Hardware automatisiert einspielen können, zum Beispiel neue Bios- und Firmware-Versionen.

Mit nur einem einzigen Mausklick sei es möglich, Systeme inklusive Betriebssystem und Hardwarekomponenten komplett zu aktualisieren, versprechen die Hersteller.

Mit dem Hersteller Vintela will Microsoft SMS im Hinblick auf das Management von Nicht-Windows-Systemen verbessern. Vintela soll SMS-Erweiterungen zum Verwalten von Unix- und Linux-Rechnern liefern.

Windows Updates Services

Für Patch-geplagte Anwender dürfte jedoch eine andere Ankündigung wesentlich interessanter sein: Auf der Konferenz war endlich das Softwareverteilungs-Tool "Windows Update Services" (WUS) zu begutachten, das aus Sicht von Gates "eine SMS-Version für kleinere Kunden" darstellt und inzwischen als öffentliche Betaversion zu haben ist. WUS ist ein kostenloses Add-on für Microsofts Server-Betriebssystem und steuert das Herunterladen und Verteilen von Software-Updates in Unternehmen.

Im Gegensatz zum Vorläufer "Software Update Services" beschränkt sich das Tool nicht auf Patches für Windows-Clients, sondern ermöglicht es Administratoren, Updates für eine ganze Reihe von Microsoft-Produkten im Unternehmensnetz zu installieren. Die Lösung hätte ursprünglich zum Jahresende 2004 auf den Markt kommen sollen, wurde aber unter anderem wegen der Arbeiten am Service Pack 2 für Windows XP verschoben. Bei einem ersten Test machte die Betavariante einen sehr guten Eindruck, das Installieren von Client- und Server-Komponenten und das Konfigurieren von Update-Paketen gestalten sich damit relativ einfach. Anfang 2005 ist mit einer endgültigen Version zu rechnen.

Dynamic Systems Initiative

Das Bindeglied für alle zukünftigen Bemühungen von Microsoft im Hinblick auf System-Management soll ein Konzept namens Dynamic Systems Initiative (DSI) sein. Davon war auch schon bei früheren Veranstaltungen von Microsoft die Rede, in Kopenhagen konkretisierte der Softwareriese diese Pläne nun. Kerngedanke von DSI ist es, schon bei der Entwicklung neuer Software die Weichen dahingehend zu stellen, später das Management einzelner Anwendungen und das Überwachen des laufenden IT-Betriebs zu erleichtern.

Microsoft will dies mit Softwaremodellen erreichen, die idealerweise schon während der Entwicklung einer Applikation Angaben dazu enthalten, welche konkreten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Anwendung optimal läuft (Speicherbedarf, Sicherheitsanforderungen etc.). Es ist geplant, sämtliche Informationen als XML-Dateien in Form von "Management Packs" entweder direkt durch den jeweiligen Entwickler, Microsoft oder einen Dritthersteller zur Verfügung zu stellen. Eine ähnliche Funktion existiert unter MOM bereits heute.

Alle Aspekte und möglichen Verhaltensweisen von Systemen sollen künftig mit Hilfe eines von Microsoft System Definition Model (SDM) getauften Schemas modelliert werden. Durch den Abgleich der Parameter des damit formulierten Idealzustands mit dem über Lösungen wie MOM erfassten Ist-Status lässt sich dann erkennen, ob ein System fehlerfrei läuft, eine Beeinträchtigung vorliegt oder möglicherweise sogar ein Ausfall droht.

Ob DSI ein Erfolg wird, ist momentan noch fraglich. Microsoft ist dazu auf die Unterstützung durch andere Hersteller angewiesen. Es ist jedoch alles andere als sicher, ob Unternehmen wie Computer Associates, Hewlett-Packard oder IBM angesichts ihrer eigenen System-Management-Lösungen bereit sind, Microsoft hier unter die Arme zu greifen. Für den Erfolg von DSI müsste außerdem die Art der Speicherung der Management-Daten von offizieller Seite standardisiert werden, um ein tatsächlich herstellerübergreifendes Zusammenspiel verschiedener Management-Lösungen zu ermöglichen.

Lösungsansätze fehlen

Skeptisch zeigt sich auch Netix-Chef Grunwitz. DSI stellt aus seiner Sicht eine strategische Ausrichtung und Vision dar, die "in vielen Bereichen noch sehr visionär und ohne konkrete Lösungsansätze" ist.

Kirill Tatarinov, Corporate Vice President Enterprise Management bei Microsoft, unterstreicht die Rolle, die DSI für Microsoft spielt: "Alle unsere derzeit laufenden Entwicklungen geschehen unter dem Aspekt der besseren Verwaltbarkeit." Erstes sichtbares Produkt dieser Anstrengungen ist nach Aussagen von Bill Gates das Entwicklungs-Tool "Visual Studio 2005", das sich derzeit im Betastadium befindet und im nächsten Jahr erscheinen soll. Dessen "Team-System"-Version wird neue Designelemente enthalten, mit denen Programmierer SDM-konforme Modelle definieren können.

Das Konzept der Modelle nutzt auch eine weitere Lösung, an der die Redmonder unter dem Codenamen "Indy" arbeiten. Microsoft-Mann Anderson zeigte eine Demoversion dieses Kapazitätsplanungs-Tools, das in der Lage sein soll, Administratoren beim Auf- und Ausbau ihrer IT-Landschaft zu unterstützen. Nach der Eingabe bestimmter Parameter entwickelt die Lösung einen Vorschlag für den Aufbau der IT-Umgebung.