miCoach von Adidas und Samsung

miCoach: Modernes Handy feuert seinen Jogger an

10.03.2008
Von Handelsblatt 
Bevor ein Läufer schlapp macht, meldet sich das Handy zu Wort: Ein permanent überwachter Trainingsplan soll das Letzte aus den Mitochondrien herausholen, versprechen Adidas und Samsung.

Als Sony Anfang der 80er-Jahre seinen Walkman in die Läden brachte, da hat sich Joggern eine neue Welt aufgetan. Auf einmal tönten statt der Vögel aus dem Wald U2 und Queen im Ohr. Später folgten tragbare, aber recht klobige CD-Player. In den vergangenen Jahren haben sich schließlich die dünnen MP3-Player bei den Läufern durchgesetzt. Jetzt gehen der Sportkonzern Adidas und der koreanische Elektronikriese Samsung noch einen Schritt weiter: Die Unternehmen haben ein Handy entwickelt, mit dem sich nicht nur telefonieren, fotografieren und Musik hören lässt. Das Mobiltelefon dient gleichzeitig als persönlicher Trainer, der den Sportler permanent überwacht und Anweisungen gibt.

"Es ist ein tolles Gefühl, die eigene Fitness messen zu können", schwärmt Adidas-Vorstand Erich Stamminger von der Neuentwicklung. "miCoach" heißt das auf einem robusten Mobiltelefon basierende Trainingssystem, das Adidas und Samsung im Umfeld der Hallen-Weltmeisterschaft der Leichtathleten am Wochenende in Valencia vorgestellt haben. Das System besteht aus drei Teilen: Dem Handy, einem Sensor für die Laufschuhe und einem Brustgurt, der die Herzfrequenz misst. Über eine eigene Seite im Internet gibt der Nutzer seine Trainingsziele ein - beispielsweise die Teilnahme an einem Halbmarathon am Tag X. Daraus generiert das System einen persönlichen Trainingsplan.

Je nach Mobilfunkvertrag wird das Set, das in den nächsten Tagen in die Läden kommt, zwischen 200 und 400 Euro kosten - freilich ohne die Schuhe. Da der Übertragungs-Chip außen angebracht wird, ist aber jeder beliebige Laufschuh geeignet. Kern der Neuentwicklung ist das Mobiltelefon von Samsung. Auf dem Gerät laufen die Informationen zusammen, die Sensor und Brustgurt liefern. Der kleine Chip am Joggingschuh zählt die Schritte und erfasst so nicht nur, wie weit der Jogger bereits gelaufen ist, sondern auch wie schnell. Diese Daten kombiniert der Rechner im Handy mit dem Herzschlag und gibt daraufhin über die Kopfhörer seine Empfehlung, ob der Läufer lieber langsam tun oder ob er besser einen Zahn zulegen sollte, um seine Ziele zu erreichen.

An den Computer angeschlossen, lassen sich sämtliche Daten online auswerten. Den weiteren Trainingsablauf können die Käufer dann wiederum aufs Handy laden, damit sie unterwegs vom eingebauten Rechner optimal beraten werden. Eine Stimme unterbricht dann die Musik und gibt Kommandos. "Gemeinsam mit Adidas schaffen wir damit die Voraussetzungen, damit Sportler noch mehr aus sich herausholen können", betont IS Kim, der Chef des Europageschäfts von Samsung Electronics. Weil das Gerät ausgesprochen erklärungsbedürftig ist, wird es zunächst vor allem in den eigenen Läden von Adidas und Samsung angeboten. Aber auch Sporthändler mit entsprechender Elektronik-Kompetenz sollen "miCoach" führen. Zunächst ist der Handy-Trainer nur in Europa erhältlich.

Sport und Elektronik - die Verbindung ist nicht ganz neu. Seit Jahren gibt es hoch gezüchtete Uhren, die Herzfrequenz, Sauerstoff- und Energieverbrauch, Ventilation und Atemfrequenz sowie den Trainingseffekt messen. Solche Uhren wie sie beispielsweise Suunto anbietet, lassen sich auch an den PC anschließen. Doch das ist noch nicht alles: Einige Hersteller haben Leiterbahnen in ihre Skijacken eingebaut. Die kleinen Kabel im Futter verbinden Druckknöpfe auf der Oberfläche mit einem MP3-Player oder Handy im Inneren. So lassen sich MP3-Player und das Mobiltelefon steuern, ohne die Geräte in der Kälte mit den Handschuhen herausziehen zu müssen.

Ein Anbieter hat sogar Solarzellen auf dem Stoff angebracht, um die Batterien zu sparen. Und der österreichische Skihersteller Atomic hat vor einigen Jahren versucht, den Skifahrern die erste elektronische Bindung schmackhaft zu machen. Ein Blick auf die Pisten zeigt: Bislang hat sich die Elektronik nicht durchgesetzt.

Mit Adidas und Samsung haben sich nun allerdings zwei führende Konzerne auf ihrem jeweiligen Feld zusammengetan: Adidas ist der zweitgrößte Sportkonzern der Welt und Samsung die Nummer drei unter den führenden Handyproduzenten. Beide Unternehmen haben die weltweite Vertriebskraft, um solch ein Produkt in den Markt zu drücken.

Zu konkreten Verkaufszielen machen die Firmen zwar keine Angaben. Adidas-Vorstand Stamminger kündigte allerdings bereits weitere Generationen von "miCoach" an. Denkbar wäre unter anderem eine Verbindung mit elektronischen Landkarten, um so die Jogger per Satellitenortung auf den rechten Weg zu schicken. So könnte das Sporthandy auch für ambitionierte Radfahrer interessant werden, die heute tragbare Navigationsgeräte benutzen.