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Meta Group zieht Sun durch den Kakao

13.05.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das ist starker Tobak: In einem Report der Meta Group mit dem Titel "Sun is the next Digital unless..." schreiben die Analysten, Kunden von Sun Microsystems sollten sich überlegen, ob sie auch längerfristig noch mit dem Anbieter von Workstations und Servern auf Sparc-Solaris-Basis Geschäfte machen wollen. Außerdem legt Nick Gall, der federführende Autor des Berichts, dem Sun-Gründer und Chief Executive Officer (CEO) Scott McNealy nahe, zurückzutreten.

Die Meta-Analysten werfen Sun Microsystems vor, seine einstigen Vorteile - das Solaris-Betriebssystem sowie die dazu passenden Sparc-RISC-Prozessoren - würden mittlerweile zur Allerwelts-Soft- und Hardware verkommen. Dies gelte insbesondere in dem Maße, in dem Intel-Chips und Linux-Software sich immer mehr durchsetzten. Außerdem, argumentieren die Meta-Leute weiter, habe Sun eine eher schlechte Software- und Web-Services-Strategie. Schließlich, so Meta weiter, habe das Unternehmen die eigene kritische Situation viel zu spät erfasst.

Wörtlich schreiben die Analysten: "Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, muss Sun aufhören, sich auf die Themen Solaris und Sparc zu versteifen. Vielmehr muss Sun auf Intel, Linux und Web-Services setzen, um seine Zukunft zu sichern." Momentan sei Sun an einem Punkt angelangt, da es Gefahr laufe, das Schicksal von Digital Equipment (DEC) zu teilen.

DEC gehörte bis Anfang der 90er Jahre zu den technologieorientierten Computerherstellern mit hochwertigen Hard- und Softwareprodukten insbesondere für die Fertigung, technisch-wissenschaftliche Anforderungen etc. und besaß insbesondere für seine VMS-Midrange-Rechner eine sehr treue, weltweite Klientel. Die Rechner wie die Software hatten trotz ihrer proprietären Anlage einen sehr guten Ruf, waren allerdings auch teurer als Produkte der Konkurrenz. DEC verpasste den Zeitpunkt, seine Produkte mit Standard-Technologie auszustatten. Die so entstehende Nischensituation brachte den Hersteller trotz seiner ausgereiften Produkte immer mehr in wirtschaftliche Schwierigkeiten. DEC wurde Ende der 90er Jahre von Compaq gekauft, letzteres wiederum im vergangenen Jahr von HP übernommen.

Wenn Sun, so der Meta-Report nicht ein zweites DEC werden wolle, müsse es unter anderem auch seinen Chef Scott McNealy austauschen gegen einen anderen Vorstandsvorsitzenden. Der sollte vorzugsweise von außerhalb des Unternehmens rekrutiert werden. McNealy war schon mehrfach wegen seiner Geschäftsstrategie ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die Meta-Forderung ist aber insofern sehr drastisch, als in dieser Form erstmals derart direkt die Ablösung des Mitgründers gefordert wird.

Nicht überraschend hat Sun der Meta-Analyse rundweg widersprochen."Wir sind mit dieser Analyse hundertprozentig nicht einverstanden. Sie ist nicht im entferntesten zutreffend und fair," erklärte Sun-Sprecher Andy Lark. Die Angelegenheit bekommt einen kleinen Nachgeschmack, weil sich nun beide Parteien weniger wegen inhaltlicher Dissonanzen, sondern mehr wegen wirtschaftlicher Belange in die Haare bekommen könnten. Lark führte nämlich weiter aus, "Sun habe nie viel Geld für Aufträge an Meta investiert und dieser Umsatnd könnte möglicherweise in der vorliegenden Angelegenheit eine Rolle spielen." Lark deutete damit an, Meta Group könnte voreingenommen sein wegen der fehlenden Geschäftsbeziehungen zu Sun. Allerdings beeilte sich der Firmensprecher, diesen Eindruck sofort zu verwischen: "Wir würden nicht so weit gehen zu behaupten, dass es zwischen unserer fehlenden Investitionsbereitschaft für Meta und deren Report über uns einen

Zusammenhang geben könnte."

Lark spricht damit ein Problem an, das seit längerem bekannt ist: Vordergründig überparteiliche Analyse- und Marktforschungsinstitute erarbeiten nicht nur unabhängige Studien, sondern sie agieren auch im Auftrag oft genau der Firmen, die sie als Analysten bewerten. Bekannt ist der Fall der Aberdeen Group. Deren President Tom Willmott hatte in einem Artikel des "Wall Street Journal" zugegeben, sein Unternehmen schreibe auch schon mal sehr wohlwollende Berichte, wenn es dafür honoriert werde. Im dem gleichen Artikel konnte man seinerzeit lesen, dass Intel die Aberdeen Group einmal für einen kritischen Bericht über den Konkurrenten Advanced Micro Devices (AMD) bezahlt hatte.

Sun-Sprecher Lark spekulierte in diesem Zusammenhang darüber, dass die Meta Group gerne kritische Berichte über Unternehmen veröffentliche, bloß um mit dieser Analyse in die Schlagzeilen zu kommen. Übrigens liest sich die Zusammenfassung des jetzt veröffentlichten Brandreports gegen Sun sehr eindeutig: "Wir glauben, dass Sun auf lange Sicht das falsche Geschäftsmodell hat. IT-Organisationen sollten deshalb ihre Festlegung auf Suns Web-Server, Application-Server und auf Datenbanken, die auf Sun-Basis laufen, überdenken."

Sun-Sprecher Lark sagte noch, McNealy kenne den Report, habe aber mit der Meta Group erst gar nicht darüber gesprochen: "Wir sind es schon gewohnt, Kritik einzustecken. Aber wir betrachten nicht alle Analysten als gleichwertig." (jm)