Messe-Rundgang: Supply-Chain-Management

25.02.2002
MÜNCHEN (qua) - Auch wenn der eine oder andere Anbieter fehlt - Supply-Chain-Management spielt auf der diesjährigen CeBIT erstmals mehr als nur eine Nebenrolle: SAP, i2 Technologies, Baan, Wassermann und andere stellen ihre etablierten Lösungen und neuen Softwareversionen vor.

„Supply-Chain-Management ist ein Organisationsthema; wer es nur von der IT-Seite angeht, bekommt zwar ein funktionsfähiges System, verfehlt aber seine Geschäftsziele.“ Dieses Statement eines leidgeprüften Logistikleiters liefert genau genommen höchstens eine vorgeschobene Erklärung dafür, warum die CeBIT auch in diesem Jahr keinen erschöpfenden Überblick über das Thema Supply- Chain-Management (SCM) bieten kann. Schließlich hat bei der Implementierung der SCM-Prozesse die Informationstechnik ein kräftiges Wort mitzureden, und an unterstützenden Softwarewerkzeugen mangelt es nicht.

Nur mittelbare Präsenz

Trotzdem sind einige wichtige Anbieter von SCM-Lösungen dem Hannoveraner IT-Event ferngeblieben. Der prominenteste Name auf der No-Show-Liste ist sicher Manugistics. Wie das Marketing der deutschen Niederlassung mitteilt, investiert das Unternehmen sein Messebudget lieber in die Teilnahme an kleineren, häufig branchenspezifischen Spezialveranstaltungen, wo der Aufmerksamkeitswert höher und die Streuverluste geringer sind.

J.D. Edwards, seit dem Kauf von Numetrix einer der Big Player im Markt für SCM-Tools, zeigt auf der diesjährigen CeBIT nur mittelbare Präsenz. Wer mit den Supply- Chain-Experten des hierzulande in Mörfelden bei Frankfurt ansässigen Softwareunternehmens plaudern möchte, findet sie immerhin auf dem IBM-Hauptstand in der Halle 1, genauer gesagt: am dortigen Demopunkt Nr. 2.

Thema des Gesprächs ist wahrscheinlich die jüngste Version 4.0 des „Advanced-Planning“-Systems, abgekürzt „APS 4.0“. Der Anbieter hat das Planungs-Tool in vier Punkten erweitert: Die Anwendung „Strategic Network Optimization“ ermöglicht Szenario- Simulationen zur Unterstützung von strategischen Entscheidungen hinsichtlich der Wahl von Betriebsstätten, der Zuordnung von Kapazitäten oder der Bevorratung von vorgefertigten Waren. Mit der Auftragsbestätigung verknüpft sind Rentabilitäts- und Kapazitätsprüfungen: Sie liefern Anhaltspunkte für die Ablaufplanung. Um Partnerunternehmen unabhängig von ihrer technischen Ausstattung in den Informationsfluss einzubinden, hat das System einen „Microsoft-Excel“-Client und neue Web-Anwendungen für die Produktions- und Vertriebsplanung erhalten. Den gemeinsamen Prognoseprozess unterschiedlicher Teilnehmer an der Lieferkette unterstützt die Applikation „Demand Consensus“.

Was haben J.D. Edwards und die SAP AG, Walldorf, gemeinsam? - Beide dringen vom gesicherten Terrain des Enterprise Resource Planning (ERP) in die Terra Incognita des Supply-Chain- Managements vor. Doch anders als der kleine Mitbewerber ist Deutschlands umsatzstärkster Softwareanbieter in Hannover prominent vertreten - am neuen Standort in der Halle 4.

Das Thema SCM soll einen Schwerpunkt der diesjährigen Messepräsentation bilden. Supply- Chain-Management heißt bei SAP selbstverständlich „Mysap SCM“. Die ehedem unter dem Begriff „Advanced Planner and Optimizer“ (APO) bekannte Softwarekomponente hat sich inzwischen zu einer integrierten Suite von SCM-Werkzeugen gemausert.

SCM als Vortragsschwerpunkt

Das SAP-Angebot umfasst unter anderem die Infrastruktur für virtuelle Marktplätze, die gemeinschaftliche Bedarfsplanung, den flexiblen Entwurf von Lieferketten, die Koordinierung des gesamten Logistikprozesses („Supply Chain Event Management“ und „Supply Chain Performance Management“) sowie die Ausführung von unternehmensübergreifenden Beschaffungs-, Produktions- und Auftragsabwicklungs-Prozessen. Wer sich dafür interessiert, sollte den Messebesuch auf Montag, den 18. März, terminieren. Für diesen Tag plant der Softwareanbieter, sein Vortragsangebot auf das Supply-Chain-Management zu konzentrieren.

Während viele SAP-Partner auf der Ausstellungsfläche der Walldorfer Unterschlupf gefunden haben, demonstriert die IDS Scheer AG Selbständigkeit. Der Softwareanbieter und -dienstleister aus Saarbrücken residiert in der Halle 5 auf dem Stand D18.

Unter den Stichwörtern Supply-Chain-Controlling, -Design und -Realisierung sowie Change-Management offeriert IDS Scheer Software und Services im Dunstkreis von Mysap SCM. Dabei nimmt das Unternehmen für sich in Anspruch, auch die nötige Kompetenz zur Integration mit anderen Mysap-Komponenten vorzuweisen. Zudem haben die Saarbrücker mit „Aris“ und „Process Performance Manager“ (PPM) eigene Werkzeuge zur Analyse, Modellierung und Verbesserung von Prozessen im Angebot.

Nach Hannover bringt IDS Scheer ein paar Neuigkeiten mit. Dazu gehören die SCM-Vorgehensmodelle im „Aris Business Prozess Excellence Scout“ und Komplettpakete für das Supply-Chain- Controlling, die unter anderem den PPM einschließen, sowie das aktuelle Release des Modellierungs- Tools „Easyscor“, eine Implementierung der vom Supply Chain Council (SCC) spezifizierten Supply Chain Operations Reference (Scor) im Aris-Format.

Vieles läuft in Halle 5

Neben SAP und J.D. Edwards mischt ein weiterer ERP-Anbieter im SCM-Spiel mit: Durch die Akquisitionen von Berclain (1995) und Caps Logistics (1998) kam das niederländische Softwareunternehmen Baan, das seine Deutschland-Zentrale in Hannover installiert hat, in den Besitz einer Palette von SCM-Tools, die inzwischen weiterentwickelt und mit dem ERP-System „iBaan“ integriert wurden. Einen Einblick in deren Funktionsweise gibt Baan in Halle 5 auf dem Stand B18.

Im Wesentlichen handelt es sich um sechs Komponenten. Da ist zum einen der „Supply Chain Designer“, mit dem sich Lieferketten strukturieren und straffen lassen, zum anderen der „Demand Planner“ als Instrument der Bedarfsplanung und -prognose, ferner der „Supply Chain Planner“ für die Distributionsplanung und Bestandssteuerung, dazu der in der Kapazitäts- und Materialbedarfsplanung einsetzbare „Supply Chain Scheduler“ sowie die Transportplanungs-Werkzeuge „Transpro“ und „Routepro“.

Die Heyde AG mit Sitz in Bad Nauheim schließlich hat mit der „Helas“-Familie ebenfalls eine Reihe von SCM-Funktionen im Angebot, die sich um eine Lösung zur Lagerverwaltung und -steuerung ranken. Auf der CeBIT belegt das Unternehmen in der Halle 5 den Stand C37.

„Helas Multiloc“ ist eine Applikation für die Steuerung landesweiter Distributionsnetze. Die Module „Transport Management System“ und „Container Management System“ sollen hingegen die Logistikabwicklung unterstützen. Die SAP sieht als ihren Hauptkonkurrenten im SCM-Umfeld allerdings weniger die anderen ERP-Anbieter als den Supply-Chain-Management-Pionier i2 Technologies, hierzulande in Haar bei München ansässig. Anders als der Mitbewerber Manugistics hat sich das finanziell angeschlagene Unternehmen entschieden, in Hannover Flagge zu zeigen, während es die Münchner Systems im vergangenen Herbst noch links liegen gelassen hatte. „Die CeBIT hat eine weitaus größere Bedeutung“, begründet das deutsche Marketing diesen Entschluss. Eine Plattform für seine Ausstellung sicherte sich i2 in der Halle 5 am Stand D28.

Der SCM-Spezialist will den alljährlichen IT-Auftrieb in Hannover- Laatzen nutzen, um die jüngste Version seiner Supply-Chain- Management-Suite, „i2 Five.Two“ einem breiten Publikum vorzustellen. Unter dem Etikett Five-Two subsumiert er eine Reihe von Softwarewerkzeugen für das Supply- Chain-, Supplier-Relationshipund Customer-Relationship-Management, die gemeinsam ein dynamisches „Value-Chain-Management“ ermöglichen sollen - sowohl innerhalb des Anwenderunternehmens als auch über dessen Grenzen hinaus.

Partner und Kunden referieren

Um den bereits gewonnenen wie den potenziellen Anwendern diese „Geschäftsphilosophie“ und die Funktionalität der dafür einzusetzenden Softwarelösungen näher zu bringen, hat i2 von Freitag, den 15. März, bis Dienstag, den 19. März, ein „Präsentationsforum“ eingerichtet. Dort sollen nicht nur eigene Mitarbeiter, sondern auch Partner (IBM, Siemens Business Services etc.) und Kundenunternehmen referieren.

Einer häufig zitierten Marktuntersuchung zufolge hat den dicksten Fuss in der Tür zum deutschen SCM-Markt derzeit allerdings weder die SAP noch i2 oder Manugistics, sondern die zur Schweizer Swisslog-Gruppe gehörende Wassermann AG, München. Der stark auf den Organisationsaspekt konzentrierte Software- und Serviceanbieter hat seine Idee der rückstandsfreien Produktion einem Kundenstamm von mehr als 60 Unternehmen vorwiegend mittlerer Größe vermitteln können. Auf der CeBIT ist er ebenfalls in der Halle 5, genauer gesagt: am Stand A 55 zu finden.

Kunden und Interessenten können sich dort über die jüngste Version 7.4 des Optimierungs-Tools „Way Supply Chain Simulation“ informieren. Stolz ist der Anbieter vor allem auf deren Feature „3DBelastungsprofil“, das dem Supply-Chain-Manager die Vogelperspektive auf die Auslastung der Unternehmenskapazitäten Unternehmenskapazitäten eröffnet, denn bislang ließ sich die Auslastung der Maschinen nur einzeln und sequenziell abfragen.

Darüber hinaus will Wassermann den Messebesuchern demonstrieren, wie sich die im vergangenen Jahr vorgestellte „Highway“-Idee weiterentwickelt hat. Die Integration von ERP- und SCM-Funktionen in einer durchgängig prozessorientierten Software wurde, so das Münchner Unternehmen, bereits mit mehreren Partnern realisiert. Als Beispiel ist in Hannover unter der Bezeichnung „Uno.Way“ eine schnittstellenfreie Verbindung zwischen Grunddatenverwaltung und Lieferkettenplanung sowie -steuerung zu sehen, die sich aus Funktionen des Wassermann-eigenen Way-Systems und Modulen der Produktionsplanungs- und -steuerungssoftware „Uno.fert“ von Catuno (ehemals Unisys) zusammensetzt.

Wer nach dem ausgiebigen Besuch der Halle 5 noch etwas Zeit übrig hat, und neugierig auf eine Alternative zu den etablierten Anbietern ist, sollte auf jeden Fall noch einen Abstecher in die Halle 3 machen und den Stand C17 aufsuchen. Dort präsentiert die TXT E-Solutions GmbH, Berlin, ihr Produkt „SC&CM“. Laut Anbieter deckt das Internet-basierende System die gesamte Wertschöpfungskette von den Lieferanten über die Produktion bis zum Handel ab, indem es Absatz- und Bedarfsplanung sowie Grob- und Feinplanung der Produktionswie der Distributionskette unterstützt. Da die Software ursprünglich aus Italien stammt, sind deutsche Referenzkunden bislang allerdings Fehlanzeige.