Messe im Zeichen der Software

13.10.1995

Dieter Eckbauer

Die Systems '95 in Muenchen steht ganz im Zeichen der Software. Das sagt einiges ueber eine DV-Messe, fuer die eine neue Zeitrechnung beginnt. Bisher wechselte sie sich ab mit ihrer Messeschwester Systec, der die Verehrer, sprich: Aussteller, wegliefen - die Besuchermitgift erschien ihnen zu mickrig. An die jaehrliche Systems wird man sich erst gewoehnen muessen. Das Thema Software eignet sich freilich nicht besonders, der Veranstaltung Schub zu geben - es ist alles andere als messefreundlich. Beratungsinhalte lassen sich auf Ausstellungsstaenden kaum veranschaulichen. Grosse Software-Anbieter wie SAP oder Oracle haben dazu offensichtlich eigene Ansichten, was nicht gegen unsere These spricht.

Man wird also in Muenchen die grossen Auftritte der Walldorfer Software-Sonnyboys sowie der amerikanischen Datenbankspezialisten erleben - im direkten Vergleich, der von Oracle gezielt gesucht wird, sicherlich eine interessante Benchmarking-Variante. Beide Ausstellerfirmen zielen auf den begehrten Mittelstand, hoffen auf viele "Leads", vollzogene und protokollierte Anbandelungsversuche, die zu Nachmesse-Auftraegen fuehren sollen - tritt das gewuenschte Ergebnis ein, rechnet sich die Sache trotz der betraechtlichen Messekosten nach Angaben der Aussteller allemal. Das ist hoehere "Messematik", auf die wir nicht naeher eingehen wollen.

Aber was ist wirklich neu am Systems-Angebot der Softwarefirmen, womit nicht nur die Exponate der beiden grossen Duellanten gemeint sind? Die Frage muss erlaubt sein. Es ist ja nicht so, dass ein Mangel an Informationen ueber vorhandene Produkte wie R/3 bestuende. Defizite existieren - und nicht zu knapp - hinsichtlich deren Implementierung. Hier bieten Messevorfuehrungen keine Hilfe. Liegt es vielleicht gar nicht im Interesse der Softwarefirmen, den Besuchern auf der Messe Produktvergleiche zu ermoeglichen? Das ist Rhetorik. Dass es ihnen um die Demonstration von Macht und Staerke geht, nimmt man den Herstellern nicht uebel. Dass sie nicht zu genau ueber den Leistungsumfang und die Funktionalitaet ihrer Produkte informieren wollen, trifft sich mit dem Wunsch vieler Entscheider, nicht alles genau wissen zu wollen - das Bild vom perfekten, pflegeleichten Organisations-Tool koennte zerstoert werden.

Zweifel sind gleichwohl angebracht, ob das Systems-Messekonzept traegt, den Softwarefirmen einen bevorzugten Platz einzuraeumen. Die Strategie deutet darauf hin, wie die Verantwortlichen den Erfahrungs- und Erwartungshorizont der Besucher einschaetzen: Fachleute im strengen Sinne - Entwickler aus dem DV/Org.-Bereich - sind nicht unbedingt willkommen. Angesprochen werden sollen vornehmlich

Manager aus mittelstaendischen Betrieben - eine

Klientel, die in DV-Fragen noch relativ unbeleckt ist. Man kennt das Kalkuel, jedenfalls was die Messeziele betrifft: Neugeschaeft geht vor Large-account-Business. Die ideale Messe fuer die Aussteller: eine

Mischung aus Marketing-Mummenschanz und Informationsdusche. Doch Vorsicht: Profis lassen sich nicht nass machen.