Merger erfordern oft radikale Lösungen

09.02.2006
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

In puncto Systemauswahl ist Zerchers Rat so klar wie kompromisslos: Meistens sei es die beste Lösung, sich auf ein System zu einigen und das andere wegzuwerfen. Einer der Wella-Bereiche habe sich nach der Übernahme von einem nur zwei Jahre alten und für die eigenen Bedürfnisse maßgeschneiderten SAP-System getrennt - um auf das Cobol-basierende Mainframe-System von P&G zu wechseln. "Das war nicht gerade prickelnd für die Leute, aber sinnvoll", lautet Zerchers Resümee. Er selbst habe diese Entscheidung vorangetrieben, weil er sie für richtig halte. Zudem gewinne die IT an Glaubwürdigkeit, wenn sie sich in derartigen Fällen einsichtig zeige. So treffe sie auch auf offene Ohren, wenn es darum gehe, tatsächliche Fehlentscheidungen zu verhindern. Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass der Konzern später auf ein ganz neues System umsteige.

Darüber hinaus riet Zercher seinen Zuhörern, unbedingt den Dialog mit den Mitarbeitern zu suchen, Vertrauen aufzubauen und sie - durch Kohärenz von Worten und Handlungen - zu stärken. Vor allem kulturelle Unterschiede sollten nicht unter den Teppich gekehrt werden. "Der Zusammenstoß unterschiedlicher Kulturen war in 81 Prozent der fehlgeschlagenen Fusionen eine Hauptursache für den Misserfolg", zitierte er die Unternehmensberatung McKinsey. Deshalb müssten mögliche Reibungspunkte frühzeitig ermittelt und diskutiert werden. Möglicherweise steckten darin ja auch Ansätze für eine gemeinsame Leistungssteigerung.

Checkliste für die Integrationsarbeit

  • Die Verantwortung für das Geschäft und für die Integration dürfen nicht miteinander vermischt werden, sonst ergeben sich Interessenkonflikte.

  • Die Grobplanung ist zeitkritisch, aber bei der Umsetzung müssen Flexibilität und Bereitschaft zum Umdenken erhalten bleiben.

  • Trotzdem sollten drei Viertel der vorgesehenen Lösung zügig zu 100 Prozent umgesetzt werden.

  • Vorsicht vor der "Komplexitätsfalle"! Einfache Radikallösungen sind oft die bessere Wahl.

  • Das entscheidende Kriterium aller Integrations- bemühungen ist der finanzielle Nutzen. Bloß keine Integration um der Integration willen!

  • Eine intensive Kommunikation mit anderen Teams scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein. Wie wichtig sie ist, wird sichtbar, wenn sie ausbleibt.

  • Die IT gerät im Zuge einer Firmenübernahme oft in eine bis dato nicht gekannte Vordenkerrolle. Damit muss sie aber bewusst umgehen.