Interaktives Konstruieren stark im Kommen

Menu Special für Ingenieure

07.11.1975

BOCHUM - "Es gibt nach verständlicher Enttäuschung an manchen Stellen jetzt keinen Grund mehr für übergroße Zurückhaltung oder gar Skepsis", erklärt Professor Dr.-Ing. Hermann Flessner zum DV-Einsatz bei Ingenieurarbeiten. "Die optimistischen Erwartungen indes, beispielsweise in der Bauindustrie, haben sich in den letzten Jahren nur auf Teilgebieten erfüllt. Die erhoffte Rationalisierung und Arbeitsbeschleunigung blieb häufig aus, weil die Programmsysteme nicht erkannt wurden." Jetzt soll der Durchbruch kommen.

Jetzt ab 35 000 Mark

Flessner hat, gefördert mit BMFT-Mitteln, einen interaktiven Konstruktionsplatz (IKP) mit einem modularen, in Fortran IV geschriebenen Programmpaket an der Ruhruniveirsität Bochum entwickelt. Für die Eingabe ist ein Digitalisier-Gerät und -zur Kontrolle - ein Bildschirm, für die Ausgabe ein grafischer Bildschirm und/oder- ein Plotter erforderlich. (..)erner wird ein Rechner mit mindestens 64 KB Hauptspeicher, Fortran-Compiler und Hintergrundspeicher für die Programme benötigt. "Die erste Ausführung eines solchen IKP, die wir an der Universität in Bochum aufgestellt haben, hat noch 480 000 Mark gekostet - jetzt ist eine solche Ausrüstung schon für 300 000 Mark zu haben", berichtet Flessner. "Auf der Systems konnten wir zusammen mit der Karlsruher Firma derartige Arbeitsplätze zu Preisen zwischen 35 000 und 135 000 Mark zeigen."

Zur Feuertaufe 2,4 Millionen Mark gespart

Das System, das unabhängig von der Hardware bestimmter Firmen ist, bestand seine , "Feuertaufe" in Hamburg: "Innerhalb einer Woche wurde an einem IKP ein neuer sogenannter Gründungskörper für die Forschungsplattform Nordsee konstruiert, der 2,4 Millionen Mark billiger war, als der ursprünglich geplante", berichtet Flessner, der neben seiner Lehrtätigkeit an der,Ingenieurgemeinschaft für angewandte Informatik Flessner & Partner GmbH & Co., Hamburg, beteiligt ist - wo natürlich auch ein IKP steht, ebenso wie im Siemens-RZ in Hamburg.

Der erste interaktive Konstruktionsplatz, der verkauft wurde, ist seit zwei Monaten bei der Fertigteil-Firma Schwörer in Sigmaringen im Einsatz - Anfang 1976 soll der nächste IKP bei der Werft Blohm & Voss, Hamburg, installiert werden.

Nur Antippen

Der besondere Pfiff des Flessner-Verfahrens ist die "Menu-Technik": Per Tastatur wird zunächst das gewünschte Modul des IKP-Programmpakets aufgerufen - danach legt der Ingenieur auf die Platte des Digitalisiergerätes eine entsprechende "Menu-Karte" (siehe Bild, Originalgröße). Durch Antippen zweier Eckpunkte der Karte mit dem Griffel des Digitalisierungsgerätes ist die Lage des "Menufeldes" definiert und somit jedem weiteren Antippen eine Funktion zugeordnet. Die Karte selbst ist in rechteckige Felder unterteilt - beispielsweise zehn Felder für die Ziffern 0 bis 9. Die Eingabe einer Ziffernfolge 123 für Berechnungen wie auch für Beschriftungen erfolgt durch Antippen des betreffenden Feldes mit dem Stift. Auf die gleiche Weise können Befehle von "Programmstart" bis "Zeichnen eines Bewehrungsplanes" (siehe Bild) eingegeben werden. Auf de Bildschirm erscheinen die Angaben zur Bedienerführung und - zur Kontrolle - die bisher eingegebenen Daten oder Zeichnungen, beispielsweise von Querschnitten oder Grundrissen.

Vom Schiff bis zum Schnittmuster

Die Einsatzmöglichkeiten sind nicht auf Statiker-Büros und auf das Baugewerbe beschränkt: es können Netzpläne, Stromlaufpläne und Rohrleitungsnetze am IKP aufgebaut, Maschinenteile konstruiert oder Verschnittprobleme so unterschiedlicher Branchen wie Schiffbau oder Bekleidungsindustrie gelöst werden -, ob Stoff oder Grobblech optimal zugeschnitten wird, ist dem Rechner ja egal.

Verbesserungen sind schon in Arbeit: Angaben zur Bedienerführung wie "Digitalisierte Eckpunkte" die auf dem Bildschirm erscheinen, sollen zusätzlich akustisch über Kopfhörer ausgegeben werden, damit beim Arbeiten nicht immer zwischen Digitalisier-Platte und Bildschirm hin- und hergeblickt werden muß.