Menschliches Versagen

08.10.1976

Die Katastrophe von Zagreb - im September kollidierten bekanntlich zwei Passagier-Jets im jugoslawischen Luftraum, 178 Personen verloren ihr Leben - hätte mit den heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten verhindert werden können, und es zeichnet sich ab, daß künftig derartige Unglücke vor allem dank des Einsatzes der Computertechnik sich nicht wiederholen werden.

Menschliches Versagen im Control-Tower war vermutlich die Ursache der Zagreb-Katastrophe. Wo Menschen versagen, braucht man Maschinen, zumindest Maschinen-Unterstützung. Und je mehr automatisiert wird, desto sicherer werden die Systeme. Gerade für den kritischen Bereich der Flugsicherung gibt es dafür Beweise.

Auf einem Journalisten-Seminar im Univac International Executive Centre, Rom, wurde bekannt, daß das US-Luftfahrtbundesamt (Federal Aviation Administration) Univac soeben einen 36,6-Millionen-Dollar(!)-Auftrag für Geräte und Systeme zur Verbesserung der computerisierten Flugüberwachung erteilte. (Siehe Seite 1.) Bereits auf 65 amerikanischen Flughäfen gibt es Automated Radar Terminal Systems (ARTS III) für An- und Abflug-Kontrolle, jetzt sollen fünf hinzukommen, und bei 29 werden die Kapazitäten angepaßt. Für die 48 US-Kontinental-Staaten gibt es bereits 20 En Route Automated Radar Tracking Systems (EARTS) für die Strekken-Kontrolle, jetzt erhalten auch Alaska, Hawaii und Puerto Rico Flugstrecken-Überwachungssysteme.

Konfliktvorhersage per Sprechausgabe

Dahinter stecken vor allem Univac-Rechner, die aus Radar-Reflexionen und Daten von Sendern der Flugzeuge nicht nur Punkte ermitteln und verfolgen, sondern diesen in alphanumerischen Informationsblöcken auf den Schirmen auch Identität, Flughöhe und neuerdings auch errechnete Geschwindigkeit zuordnen. Im Rahmen eines FAA-Forschungspogramms entwickelte Univac Systeme, die bei Unterschreitung einer vorgeschriebenen Mindestflughöhe Alarm auslösen und die demnächst in allen amerikanischen Flugüberwachungszentren installiert werden sollen. Dabei wird es künftig sogar nicht mehr nötig sein, daß ein Fluglotse das Alarmsignal auf seinem Bildschirm erkennt und dem Piloten zufunkt, vielmehr wurde auf dem Seminar in Rom - per Kassetten-Recorder - vorgeführt, daß die Computersysteme durch Sprachausgabe die Piloten direkt warnen können - erneut ein Ausschalten einer Quelle für menschliches Versagen. Das hörte sich, nachdem Sprachausgabe-Wettermeldungen und -Standort-Positionen vorgespielt wurden, - technisch abgehackt - so an:

november/one/eight/whiskeylapproach altitude read out shows you to be below the minimum safe altitude/advice you take corrective measures immediately

Wie weit, bis eine weitere Ursache möglichen menschlichen Versagens eliminiert wird und die Korrektur-Steuermaßnahmen automatisch erfolgen?

Fliegen ohne Piloten und Lotsen?

Weitere intensiv verfolgte FAA-Forschungsvorhaben umfassen - neben der Sicherheit der Systeme bei Komponenten-Ausfall - automatische Abstandskontrollen von Flugzeugen, Konfliktvorhersagen und - siehe da Conflict Resolution.

Gruselige Zukunftsaussichten? Total automatisierter Flugverkehr, letztendlich ohne Piloten und Lotsen? Kann sich der Mensch voll der Technik anvertrauen? Er tut es heute schon vielfach und künftig wohl noch mehr.

Es ist ja auch nachgerade unverständlich, daß Astronauten auf dem Mond landen, Linienflug-Passagiere aber nicht fliegen können, wenn sich auf der Erde Nebel bildet.