Marktforscher in den Vereinigten Staaten prognostizieren:

Mehr Systeme mit Parallelrechner-Architektur

31.07.1987

MÜNCHEN (CW) - Die Parallelrechner-Architekturen werden sich bei der Weiterentwicklung von Hochleistungscomputern (Minicomputer und größer) an die Spitze setzen. Zu diesem Ergebnis kommt Gene Selven, Herausgeber der Electronic Trend Publications, in seiner jüngsten Studie "The Impacts of Parallel Processing on High Performance Computing Applications"*.

Bis 1990, so prophezeit Selven, wird sich das Marktsegment der Hochleistungscomputer weltweit nahezu verdoppelt haben, und zwar von 20 Milliarden Dollar in 1985 auf 39,6 Milliarden Dollar. Während dieser Zeitspanne wird der Anteil der verkauften DV-Systeme, die nach dem Parallelrechner-Konzept arbeiten, von 22 Prozent in 1985 auf 48 Prozent ansteigen, lautet die Prognose des Marktforschungsunternehmens. Obwohl nach Ansicht von Selven Supermini- und Mainframe-Applikationen insgesamt 87 Prozent der 1990 ausgelieferten Parallelrechner repräsentieren werden, wird bis zum Ende dieser Dekade eine neue Kategorie von Computern (Minisupercomputer, Datenbank-, Array- und Symbol-Rechner) entstehen, die einen Markt von einer Milliarde Dollar darstellt.

Die Nachfrage nach Hochleistungscomputern in technisch-wissenschaftlichen Einsatzgebieten ist nicht der einzige Faktor, der das rasche Wachstum des Parallelrechner-Marktes beeinflussen wird. Auch andere Faktoren lassen die Nachfrage steigen: Einprozessor-Architekturen stoßen an die theoretischen Grenzen ihrer Verarbeitungsgeschwindigkeit, die Ein-/Ausgabe-Verbindungen bei Array-Prozessoren für ganz spezielle Anwendungen und bei vernetzten Systemen sind zu langsam, und schließlich lassen sich Universal-Minicomputer und -Mainframes nur begrenzt für Hochleistungs-DV einsetzen.

Ursprünglich berührt die Parallelverarbeitung drei Segmente des Computermarktes: Supercomputer zwischen 5 und 15 Millionen Dollar, die relativ junge Klasse der Minisupercomputer zwischen 1 und 5 Millionen Dollar sowie die Superminis zwischen 0,5 und 2 Millionen Dollar. In der Studie von Electronic Trend Publications werden jedes dieser Marktsegmente und ihre Auswirkungen auf die traditionell von IBM, DEC, HP und Data General beherrschten Mainframe- und Minicomputer-Bereiche unter die Lupe genommen.

Das hier angesprochene Konzept der Parallelverarbeitung bedeutet, aß eine Vielzahl von Zentraleinheiten im Gleichklang operieren. Dadurch können solche Systeme unter bestimmten Umständen Informationen zehn- bis hundertmal schneller verarbeiten als die älteren Einprozessor-Systeme, die seit 30 Jahren im Einsatz sind. Diese Rechner-Architekturen werden auch stark beeinflußt durch Änderungen in der Hardware-Technologie, wie Entwicklungen bei VLSI-Schaltkreisen, die Herstellung von ICs aus Galliumarsenid, Fortschritte in der Megabit-Speicherchip-Technologie und bei Kühltechniken für Schaltkreise, durch höhere interne Kanalgeschwindigkeiten, hybride opto-elektronische Schaltkreise sowie die wie Pilze aus dem Boden schießenden 32-Bit-Mikroprozessoren. All diese Techniken werden nach Auffassung der Analysten sehr schnell zur Verfügung stehen.

Während also die Hardware-Techniken die Entwicklung dieser Rechnerkategorie vorantreiben erweist sich die Software als Bremsklotz auf dem Weg zur schnellen Implementierung. Die Erstellung von echten Parallelrechner-Betriebssystemen, die Auswahl von Hochsprachen und die Entwicklung optimierter Sprachcompiler sind die größten Hindernisse für die Verbreitung von Parallelrechnern. Das Fehlen von Programmen selbst erachtet das Marktforschungsinstitut als nicht so gravierend, da sich die meisten Anwender ihre Anwendungssoftware selbst schrieben.

Anhand von Fallstudien werden die echten Kosten, die in der Datenverarbeitung anfallen, veranschaulicht. Ergebnisse der Untersuchung zeigen, daß ein technisch-wissenschaftlicher Computer im Durchschnitt zwei bis drei Jahre länger genutzt wird als ein System für kommerzielle Zwecke.

*Der Report ist ab September für 1485 Dollar erhältlich bei Electronic Trend Publications, 12930 Saratoga Avenue, Suite D1, Saratoga, CA 95070, USA, Telefon 001/408/996-7416.