Tipps zum Projekt-Management

Mehr Mut zum Projektabbruch

17.05.2013
Von Johannes Strasser

Wie geht man mit dem Thema "Scheitern" um?

In vielen europäischen Unternehmen ist die Matrixorganisation fest verankert, so hat es Brustbauer erlebt. Und da tragen meist die Projektleiter das gesamte Risiko und müssen ihren Kopf hinhalten, wenn ein Projekt nicht so gut läuft. Hier wäre es, so Brustbauer weiter, wichtig, den Projektleitern mehr Macht an die Hand zu geben: "Wenn ich nur das Risiko trage und keinerlei Rückendeckung oder Handlungsbefugnis bekomme, versuche ich natürlich, jedes Risiko zu vermeiden. Ich übernehme also nur Projekte, die leicht zu überschauen sind. Und kann ich ein komplexes Projekt nicht abbiegen, versuche ich, ganz still zu sein und das Vorhaben irgendwie hinzukriegen."

Fazit: Scheitern gehört zum Leben

Fehler machen und daraus zu lernen ist durchaus in Ordnung. Anders verhält es sich, wenn ein Fehler immer wieder gemacht wrid. Daher sollte der Projektleiter schon vor dem Projektstart dafür sorgen, dass bestimmte Ereignisse als Wagnis eingestuft werden. Denn er muss die Schieflage während des Projekts aufzeigen.

Gibt es Projekte, die zu groß sind, um sie abzubrechen?

In der Praxis muss eine Schadensabwägung stattfinden. Theoretisch darf kein Projekt zu groß sein, um es abzubrechen. Aber es gibt Vorhaben, deren Abbruch die Firma in den Ruin treiben kann. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen kommt das vor.

Da wurde dem Kunden eine Lösung zum Fixpreis zugesagt, die sich nur mit einem immensen Mehraufwand realisieren lässt. Wird diese Erkenntnis erst spät im Projekt gewonnen, wenn schon der überwiegende Teil fakturiert wurde, so muss man sich möglicherweise trotz allem durchbeißen, weil man die Rückabwicklung finanziell nicht verkraften würde.

"In unserem Unternehmen haben wir genau aus diesem Grund die Projekte verkleinert", berichtet Brustbaur: "Länger als ein Jahr soll ein Projekt nicht dauern. Das ist ein gewisser Akt der Demut, weil wir erkannt haben, dass wir sind einfach kein multinationaler Riesenkonzern mit unendlichen Ressourcen sind."

Früher habe das Unternehmen manchmal Projekte an den Start geschickt, die fünf und mehr Jahre gedauert und über tausend Mitarbeiter gebunden hätten, sagt Brustbauer. Weil die Kapazität für solche Großprojekte fehlte, seien diese Projekte "leider nicht immer gelungen". Nachdem das Unternehmen seinen Rahmen der Machbarkeit definiert habe, liefen die Projekt gut.

Fazit: Machbarkeit realistisch sehen

Die Verantwortlichen eines Unternehmens sollten in in der Lage sein, die Machbarkeit eines Projekts realistisch einzuschätzen. Am Ende kann es viel Geld und Zeit sparen, wenn man zunächst einen Testballon steigen lässt: Das Projekt wird mit einem gewissen Betrag gestartet, und wenn zu einem vorher bestimmten Meilenstein klar ist, dass daraus nichts werden kann, bricht man ab. So hat der Projektverantwortliche die Möglichkeit, ohne die ständige Angst vor dem Versagen zu agieren. Zudem kann der Kunde sicher sein, dass sein Geld nicht im Sumpf eines mühsam am Leben erhaltenen Projektes versickert. (qua)