IT-Prozesse automatisieren

Mehr Effizienz im IT-Betrieb

11.07.2013
Von 
Benedikt Schepp ist als Berater und freier Autor in Frankfurt am Main tätig.
Mit der Automatisierung von IT-Aufgaben erzielen CIOs operative und strategische Vorteile für ihr Geschäft. Sie nutzen dabei Softwarelösungen, die entweder auf Scripts oder auf Wissen basieren. Hier lesen Sie mehr über die Stärken und Schwächen der beiden Methoden und wo sie anwendbar sind.

Die Automatisierung des IT-Betriebs ist zurzeit in aller Munde. Während das Thema für manche Firmen aber noch nach reiner Zukunftsmusik klingt, diskutieren andere bereits über konkrete Einsatzmöglichkeiten und Erfolgsbeispiele. Fakt ist: Das Verfahren trägt maßgeblich dazu bei, IT-Prozesse zu optimieren.

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In den meisten Unternehmen sind die IT-Experten vor allem in der Systemadministration stark gebunden, weil Tausende Tickets (Incidents, Problems, Changes, Capacity sowie Service Requests) abgearbeitet werden müssen. Dabei hat die Erledigungseffizienz dieser Arbeiten erheblichen Einfluss auf die gesamte Performance sowie die Kosten der IT. Diese Aufgaben, die den Status quo erhalten oder in kleinen Schritten entwickeln, binden die Arbeitskraft hochqualifizierter sowie teurer Mitarbeiter und schränken deren Kapazitäten für zukunftsorientierte Projekte ein. Infolgedessen leidet nicht nur die Innovationsfähigkeit des Unternehmens, sondern wird unter anderem auch das IT-Budget darauf verwendet, den aktuellen Stand der IT beizubehalten.

IT-Automatisierung entlastet Fachkräfte

Von Vorteil wäre also eine Lösung, die IT-Fachkräfte im Tagesgeschäft entlastet, indem sie automatisch Aufgaben innerhalb des Unternehmens übernimmt. Eine solche Entlastung kann von der Integration neuer User über den Netzbetrieb bis zur Implementierung von ganzen Strukturen in der Cloud sowie der Betreuung großer Anwendungen reichen. Wo immer eine Automatisierung von Abläufen möglich ist, kann sie sich lohnen, weil sie Kosten senkt, die Fehler verringert, die bei manueller Arbeit anfallen, und den IT-Betrieb effektiver macht. Die Folge: Mitarbeiter können sich verstärkt strategischen Aufgaben zuwenden und ihre Fachkenntnisse und Innovationskraft besser und gezielter in den Dienst des Unternehmens stellen.

Skript-basierende Tools arbeiten wie am Fließband

Automatisierung bringt dem CIO und dem Unternehmen, für das er tätig ist, also diverse Vorteile. Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass sich nicht jede Methode für den kompletten IT-Betrieb vom Betriebssystem bis hin zu Individualapplikationen eignet. Derzeit sind standardisierte Automatisierungslösungen weit verbreitet, die mit sogenannten Workflows, Runbooks oder Skripten arbeiten und zuverlässig definierte Prozesse Schritt für Schritt ausführen. Jedes Skript deckt dabei genau einen Fall ab, das heißt, es erledigt eine Aufgabe immer dann, wenn die definierte Vorbedingung erfüllt ist. Diese auf Standardisierung basierenden Methoden der Automatisierung erzeugen IT-Abläufe, die einem Fließband ähnlich sind. Diese Art der Automatisierung findet in zehn bis 20 Prozent des IT-Stacks gute Einsatzmöglichkeiten. Sie sollte dort auch genutzt werden, beispielsweise in der Administration des Betriebssystems und dem Betrieb von Infrastruktur, also auf einer Ebene, die ohnehin zu einem hohen Grad von Standardisierung profitiert.

Erfahrungsgemäß kann mit Skript-basierenden Tools ein Automatisierungsgrad im gesamten IT-Betrieb von maximal 30 Prozent erreicht werden. Sobald eine Individualapplikation, komplexe IT-Umgebung oder neue Technologie betreut werden müssen, stößt diese Methode jedoch an ihre Grenzen. Auch wenn sich beim letzten Release nur eine Kleinigkeit auf dem System geändert hat, passt die Eintrittsbedingung nicht mehr und kann das Skript infolgedessen nicht arbeiten. Es muss komplett überarbeitet werden.

Das liegt daran, dass bei definierten Standardabläufen das notwendige Wissen, um Situationen flexibel und korrekt bedienen zu können, genau festgeschrieben ist und nicht neu zusammengestellt oder mit verschiedenen Quellen und Erfahrungen kombiniert werden kann. Mit anderen Worten: Solchen auf Skaleneffekte ausgelegten Automationsverfahren fehlt es an der notwendigen Intelligenz, vorhandenes Wissen flexibel anzuwenden und die Erkenntnis aus dem Gelernten bei zukünftigen Lösungen zu berücksichtigen. Das führt dazu, dass ein IT-Betrieb solche bestehenden Systeme und Standards möglichst lange aufrechtzuerhalten versucht, um die Investition in die Standardisierung zu amortisieren.

Der maschinelle Kollege

Einen Schritt weiter gehen auf Wissen basierende Lösungen. Anstatt sich auf die Einhaltung fixierter Abläufe zu konzentrieren, fokussieren sie sich auf die korrekte Anwendung von Know-how. Das Tool arbeitet wie ein eigenständiger Kollege. Wie der menschliche Mitarbeiter im Team muss auch die wissensbasierende Automatisierungsoftware im Vorfeld einen Lernprozess durchlaufen. Dazu sammeln die Experten in der IT-Abteilung ihr Know-how in modularen Bausteinen und legen es in einem Wissens-Pool ab, der ähnlich wie ein Wiki organisiert ist.

Auf diese Weise lernt das Tool von den Experten, begreift und kombiniert. Im täglichen Betrieb stellt die Automatisierungssoftware aus den Wissensbausteinen dynamisch einen vollständigen Handlungsablauf zusammen, um eine ihr zugewiesene Aufgabe zu erledigen. So ist das Softwarewerkzeug auch in der Lage, auf spontane Ereignisse zu reagieren. Findet es keine Lösung, fragt es gezielt nach neuem Expertenwissen, indem es den Vorgang dokumentiert an einen menschlichen Kollegen weiterleitet. Eine auf Wissen basierende Lösung administriert den gesamten Technologie-Stack - vom Betriebssystem bis hin zur Individualapplikation - und integriert sich in die bestehende IT-Landschaft, auch in komplexe, nicht standardisierte Umgebungen.

"Nichts hat so schnelle Änderungszyklen und erwartet einen so hohen Innovationsgrad wie die IT-Branche. Parameter verschieben sich, Bedingungen ändern sich - von heute auf morgen entstehen völlig neue Strukturen", erklärt Hans-Christian Boos, Geschäftsführer der Arago AG aus Frankfurt am Main. Allein schon aus diesem Grund, so Boos, sei eine wissensbasierte Automatisierungslösung für den IT-Betrieb sinnvoll. Unternehmen erhielten so die notwendige Flexibilität, die sie zur effektiven und wirtschaftlichen Administrierung der IT-Infrastrukturen benötigen.

Mehr messbare Effektivität durch Wissens-Pools

Neben den bereits genannten operativen Vorteilen von Automatisierung profitieren Unternehmen bei lernenden Tools von einer Reihe strategischer Vorteile. Es kann ein Automatisierungsgrad von bis zu 80 Prozent erreicht werden, wobei zu erwähnen ist, dass es sich beim klassischen Automatisierungsgrad um eine sich an der Vergangenheit orientierende Maßzahl handelt. Wissensbasierende Lösungen ermöglichen es hingegen, den Effektivitätsgrad anhand einer zukunftsgewandten Messgröße wie der Lernrate zu messen. Diese bildet die Geschwindigkeit ab, mit der neues Wissen erfasst wird und wie gut das Tool das Gelernte anwendet. Die Lernquote liefert damit eine Vorhersage zur geschäftlichen Flexibilität, indem sie zum Beispiel die Adaption neuer Betriebsmodelle oder Kapazitäten misst. Durch die Zentralisierung des Betriebswissens im Wissens-Pool verringert sich zudem die Abhängigkeit von einzelnen Mitarbeitern oder Providern enorm. Ferner sind Mitarbeiter nicht mehr an sich wiederholende Aufgaben gebunden, sondern können sich im Unternehmen frei weiterentwickeln.

Fazit

Der Fokus der Automatisierung von IT-Prozessen liegt also darauf, die täglich anfallenden Aufgaben an eine Maschine zu verlagern, so dass die Experten mehr Zeit für interessante und herausfordernde Themen haben, die ihr Unternehmen weiterbringen. Gleichzeitig senken sich auch die Kosten für den IT-Betrieb und die Qualität steigt aufgrund der Reduzierung maschineller Arbeit deutlich an. Vor der Implementierung einer entsprechenden Lösung muss genau durchdacht werden, welche Bereiche sie administrieren soll. Soll zum Beispiel lediglich das Betriebssystem verwaltet werden, kann die Einführung einer skriptbasierten Lösung ausreichen. Liegt das Einsatzgebiet jedoch in einer heterogenen, individualisierten IT-Umgebung, kann die Implementierung einer wissensbasierten Automatisierungsmethode notwendig sein. Damit erreicht der IT-Betrieb die notwendige Unabhängigkeit und Flexibilität, um für das Unternehmen einen nachhaltigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und die Differenzierung im Markt aktiv zu unterstützen. (pg)