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Medientage: Die alten Medien halten noch Dornröschenschlaf

06.11.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - "Die alten Medien haben noch nicht begriffen, dass sich mit dem Internet ein ganz neuer Markt auftut", erklärte Verleger Hubert Burda auf den Münchner Medientagen, die am heutigen Montag parallel zur Computermesse Systems eröffnet wurden. In der unter dem Motto "Fusionen, Visionen, Illusionen" stattfindenden Diskussion von Vertretern aus Fernsehen, Zeitung und Politik ging es hauptsächlich um einen Schlagabtausch zwischen den privaten und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und um die Chancen des neuen Mediums Internet.

Kritisiert wurde unter anderem die unterschiedliche Regulierung von öffentlich-rechtlichen und Privatsendern. Die Privaten bemängelten, dass ARD und ZDF nach dem geltenden Mediengesetz im Online-Bereich Vorteile gegenüber den Mitbewerbern hätten. Wenn die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten ans Netz gingen, lieferten sie schließlich nicht nur Content, sondern machten auch Geschäfte. Durch die gleichzeitige Finanzierung über Fernsehgebühren entsteht nach Meinung der Kritiker ein Wettbewerbsvorteil, während die Privaten alles aus eigener Tasche zahlen müssten. Es wurde der Ruf nach einem neuen Mediengesetz laut, ein einheitlicher Ansatz war allerdings noch nicht zu erkennen.

Burda bemängelte, dass es sich in der Internet-Diskussion hauptsächlich um die alten Medienschwergewichte drehen würde. Die neuen Player seien noch nicht einmal genannt worden, zu denen er Microsoft mit .NET, Time Warner und Yahoo zählt. Seiner Meinung nach können diese Anbieter nicht mehr eingeholt werden. Während sich die Old Economy darüber streite, dass es eine Vorherrschaft von Bertelsmann, Kirch und den öffentlich-rechtlichen Anstalten gebe, sitzen laut Burda die eigentlichen Wettbewerber ganz woanders. Dazu zählt er beispielsweise den Otto Versand.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber kündigte im Rahmen der Medientage zudem an, in Bayern das Gesetz abzuschaffen, wonach Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zeitlich limitiert ist.