GMD veranstaltet Schulungsseminar über Anwendungen in Gebietskörperschaften:

MEBA und MBS für sozioökonomische Systeme

07.05.1982

Die Vorstellung und Verbreitung spezieller Modellierungssoftware für sozioökonomische Systeme war das Ziel eines Schulungsseminars, das vom 1. bis 5. März 1982 in der GMD in Birlinghoven veranstaltet wurde. Im Mittelpunkt des Seminars, das im Rahmen des GMD-Programms Planungsmodelle für öffentliche Aufgaben durchgeführt wurde, standen zum einen das im Universitäten Bereich entstandene und vom Bundesforschungsministerium geförderte Methodenbanksystem MEBA, zum anderen das in der GMD entwickelte Modellbanksystem MBS.

Das Methodenbanksystem MEBA ist im wesentlichen auf ökonometrische Modelle ausgerichtet, während das Modellbanksystem MBS, das einen rudimentären Ökonometrieteil besitzt, auf ein breites Spektrum sozioökonomischer Planungsanwendungen abgestellt ist.

In seiner Eröffnungsrede wies der Vorsitzende der GMD, Professor Dr. Norbert Szyperski, auf die zunehmende Bedeutung von Simulationsmodellen hin, die es erlaubten, komplexe sozioökonomische Zusammenhänge mit Hilfe formaler Methoden zu analysieren. Ziel des Seminars sei es, die wachsende Zahl von Interessenten aus Forschung, Lehre und Verwaltung mit den Möglichkeiten, die die Systeme MEBA und MBS bieten, in sachlicher Diskussion wie auch in Form praktischer Übungen vertraut zu manchen.

Instrumentarium zur Analyse

Das Methodenbanksystem MEBA wurde am Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen mit dem Ziel entwickelt, dem Ökonomen ein statistisch-ökonometrisches Instrumentarium zur Analyse und zur Vorausschätzung wirtschaftlicher Abläufe bereitzustellen. Zur Zeit steht das Methodenbanksystem MEBA auf Datenverarbeitungsanlagen von drei Herstellern zur Verfügung, nämlich auf dem TR440 sowie auf Anlagen von IBM und Siemens. Diese drei Versionen werden von drei Anwendern, dem Bundesminister für Wirtschaft, der Hochschule St. Gallen (Professor Dr. Bernd Schips) und dem Statistischen Bundesamt, betreut und gepflegt. Die GMD hat dabei die Aufgabe einer "Clearingstelle" übernommen, um die Einheitlichkeit zu sichern und um eine reibungslose Kommunikation zwischen diesen Institutionen und den übrigen Anwendern zu garantieren. Die GMD stellt das Methodenbanksystem MEBA als Dienstleistungsangebot der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung.

Professor Schips gab einen Überblick über Aufbau und Einsatzmöglichkeiten des Methodenbanksystems, das aus DV-Sicht eine Kombination von Bausteinsammlung und Methodenmonitor darstellt, wobei der Methodenmonitor den Anwender bei der Auswahl und Integration der Methoden durch ein dialogfähiges Verwaltungs- und Verknüpfungssystem unterstützt. Für den Anwender macht MEBA nicht nur Computerleistungen für hochkomplexe Modellrechnungen nutzbar, sondern unterstützt ihn auch weitgehend bei der Spezifikation, der Strukturanalyse und Schätzung ökonometrischer Modelle. Daher kann das Methodenbanksystem insbesondere bei der Erstellung und Bearbeitung von Modellen zur Lösung von entsprechenden Planungs- und Entscheidungsproblemen herangezogen werden, wie beispielsweise der Einsatz in zahlreichen Stellen der öffentlichen Verwaltung und der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute zeigt.

Aufgrund des Eindrucks der Übungen an den Bildschirmen, in denen die Einsatzmöglichkeiten des Methodenbanksystems MEBA auf Datenverarbeitungsanlagen von Siemens und IBM vorgestellt wurden, sprachen potentielle Benutzer insbesondere aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung die Hoffnung aus, daß sich mit Hilfe des Methodenbanksystems MEBA die immer noch bestehende Lücke zwischen vorhandener und erforderlicher Software für das Arbeiten mit Planungsmodellen merklich verkleinern lasse. Ferner faßten Vertreter aus den Bereichen der Hochschulen die Möglichkeit ins Auge, das Methodenbanksystem MEBA im Rahmen von Forschung und insbesondere Lehre einzusetzen, wie dies zum Beispiel schon von Professor Schips an der Hochschule St. Gallen seit geraumer Zeit praktiziert wird.

Beachtung fand während des Seminars die Vorstellung neuer Verfahren, die an der Universität Bochum beim Statistischen Bundesamt und an der Hochschule St. Gallen entwickelt und in das Methodenbanksystem aufgenommen wurden. Dazu zählen Verfahren zur Schätzung von Modellen mit rationalen Erwartungen (Dr. Manfred Lösch, Universität Bochum), Schätzungen nichtlinearer Modelle nach der Kleinst-Quadrate-Methode und nach der Maximum-Likelihood-Methode (Dr. Wolfgang Lange, Hochschule St. Gallen) und Stein-Rule-Schätzer (Paul Müller, Statistisches Bundesamt). Ferner wurden Verfahren zur Lösung von Kontrollproblemen nichtlinearer Modelle unter Verwendung nichtsymmetrischer Verlustfunktionen mit Hilfe der Evolutionsstrategie (Dr. Wolfgang Lange, Hochschule St. Gallen) vorgestellt und über die Aufnahme autoprojektiver Verfahren des Box-Jenkins-Typs wie auch des Wiener-Filter-Prognoseverfahrens berichtet.

IBM-Version wird vorbereitet

Im zweiten Seminarteil wurde das in der GMD entwickelte Modellbanksystem MBS von Dr. Willi Klösgen vom GMD-Institut für Planungs- und Entscheidungssysteme vorgestellt. Mit dem Modellbanksystem MBS kann die Konstruktion und Pflege von Modellen (auch disaggregierte Fortschreibungs- und Mikromodelle), die Simulation, die Verknüpfung und Analyse von Modellen (auch unterschiedlichen Typs) sowie der Aufbau und Betrieb einer Modell-, Methoden- und Datenbank bearbeitet werden. Ferner kann das Modellbanksystem MBS zur Ad-hoc-Auswertung von in Form von Zeitreihen, Matrizen, Matrixzeitreihen vorliegenden Daten verwendet werden, Das MBS-System wird zur Zeit auf Siemens-Anlagen unter dem Betriebssystem BS2000 eingesetzt. Es wird sowohl auf den Datenverarbeitungsanlagen der GMD über Datenfernverarbeitung als auch bei externen Installationen genutzt. Eine IBM- Version wird vorbereitet.

Ad-hoc-Auswertungen

Ziel dieses Seminarabschnitts war es, die Teilnehmer mit dem Leistungsangebot und der Dialogtechnik des Modellbanksystems MBS vertraut zu machen. Zu diesem Zweck mußten vorbereitete Aufgabenstellungen in Übungsgruppen im Dialogbetrieb mit dem Modellbanksystem MBS bearbeitet werden. Den Teilnehmern stand eine Datenbank zur Verfügung, in der unter anderem gesamtwirtschaftliche Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sowie disaggregierte Bewerkerungs- und Erwerbstätigendaten gespeichert waren. In einer ersten Übungsphase sollten Ad-hoc-Auswertungen (zum Beispiel Berechnung spezieller Indikatoren) und Aufbereitungen (grafische und tabellarische Darstellungen) erstellt werden. Anschließend stand die Arbeit mit der bereitgestellten Modellbank und hier insbesondere die Erweiterung sowie die Simulation von Modellen, im Vordergrund. Im letzten Übungsteil (Methodenbank) wurden an einem Beispiel die Ergebnisse ökonometrischer Modelle mit denen von Zeitreihenanalyseverfahren verglichen sowie Schätzungen nach der Kleinst-Quadrat-Methode vorgenommen.

Die Teilnehmer aus mehreren Ministerien, aus verschiedenen Forschungseinrichtungen sowie dem Industrie- und Bankenbereich äußerten sich ausnahmslos positiv über die Vorstellung des Modellbanksystems MBS. Die Benutzerfreundlichkeit des Systems wurde als sehr hoch eingeschätzt. Da das System ein großes Leistungsspektrum biete, seine Arbeitsweise leicht zu verstehen sei und die Einarbeitung schnell erfolge könne die Einsatzmöglichkeit des Modellbanksystems MBS als gut beurteilt werden.

Aufgrund der guten Resonanz seitens der Teilnehmer ist daran gedacht, das Seminar in ähnlicher Form in etwa einem Jahr zu wiederholen.

*GMD-Mitarbeiter, St. Augustin