Am Gebrauchtmaschinenmarkt ist alles zu haben

MDT-Regel: 30 Prozent vom Neupreis

12.11.1976

MÜNCHEN - Am Gebraucht-MDT-Markt ist heute alles zu haben, was ein Jahr alt und älter ist - und vieles, was jünger ist. "Zu zahlen sind maximal 50 Prozent des Neupreises, in der Regel 30 Prozent", erklärte der Münchener Gebrauchtmaschinen-Spezialist F. Wilsch.

Wilsch bedient in erster Linie Händler, die dann am Ort beim Endabnehmer den Service übernehmen. Aber "für die Zukunft gibt es da noch ganz große Möglichkeiten im Geschäft direkt mit dem Anwender".

"Steckenpferd" des Müncheners sind nach seinen eigenen Angaben Nixdorf-Anlagen: "Ich kann im Bedarfsfall aus zwei Anlagen eine machen oder umgekehrt." Falls die Lagerteile nicht zum Umkonfigurieren ausreichen, werden die fehlenden Teile gebraucht oder am Mixed-Hardware-Markt zugekauft.

Kriterien für den Käufer

Entscheidende Kriterien beim Kauf eines gebrauchten Kleinsystems sind nach Meinung von Wilsch:

1. Wird das System beim Zweiterwerber wieder durch den Hersteller oder ein Vertragsunternehmen gewartet? Zu welchen Bedingungen?

2. Wird die Software gratis oder zu einem mäßigen Preis mitgeliefert? Kann sie mit erträglichem Aufwand an die neue Aufgabenstellung angepaßt werden?

3. Wie läßt sich das System bezüglich Hard- und Software bei Bedarf erweitern?

4. Welche Möglichkeit der Schulung und Einarbeitung besteht? Hilft der Verkäufer?

Wenn diese vier Punkte befriedigend geklärt sind, gibt es nach Meinung von Wilsch keine Risiken mehr: "Ein System, das drei Jahre ordentlich lief, ist sicherer als ein neues denn die bei den Tests nicht zutage getretenen Fehler zeigen sich beim Anwender im ersten Betriebsjahr. Die Elektronik selbst ist nicht abzuwirtschaften." Zusatzvorteil: Der Gebrauchtmaschinenkäufer bekommt oft das beim Verkäufer noch vorhandene Zubehör und Verbrauchsmaterial zugeschenkt.

85 Prozent Wertverlust in zwei Jahren

"Es wäre heller Wahnsinn, heute MDT-Anlagen fest anzukaufen. Wir bieten Systeme im Auftrag an, die noch beim Verkäufer stehen", meint Klaus Müller (BTM, München). Gut gehen seiner Erfahrung nach moderne Systeme - das heißt solche, die bis zu einem Jahr alt sind. Die Tatsache daß derart junge Anlagen bereits gebraucht angeboten werden, erklärt Müller so: "Viele Firmen wachsen schneller als geplant oder haben von vornherein eine zu kleine Anlage gekauft." Notlagen schlagen in solchen Fällen drastisch beim Preis durch: Für 8500 Mark bietet Müller derzeit ein "ganz neuwertiges, laut Typenschild vor zwei Jahren gebautes Nixdorf-System 770/1" an. Es stammt aus einer Konkursmasse. Neupreis: 63 000 Mark

"Gebrauchte Systeme mit Schreibwerken, auch mit Kugelkopf, haben heute praktisch keinen Verkaufswert mehr", glaubt H. Büschgen (Compudata). "So etwas nimmt höchstens ein Anwender als Zweit- oder Drittmaschine zu einem Niedrigstpreis."

"Besitzer von MAI-Anlagen brauchen in der Regel nur den kleinen Finger zu heben - und schon ist ihr System verkauft", berichtet nicht ohne Stolz H. Bertlein von der MAI-Benutzerorganisation IGMA. "Nach vier Jahren werden noch bis 80 Prozent vom Neupreis gezahlt - das ist doch phantastisch." Nach IGMA-Beobachtungen wird derzeit (bei rund 400 Installationen nur ein gebrauchtes MAI-System angeboten: "Der Markt ist praktisch leergefegt. Mehr Angebote wird es wahrscheinlich ab Frühjahr geben, wenn sich Umstellungen auf das neue System 600 auswirken." (pi)