Masterplan: Kodak will Druckermarkt mit billigen Tintenpatronen aufmischen

06.02.2007
Eastman Kodak steigt heute mit einem Paukenschlag in den seit Jahren von einem Oligopol beherrschten Markt für Tintenstrahldrucker ein. Der Foto- und Filmgigant des analogen Zeitalters verkauft seine Patronen halb so teuer wie die Konkurrenz.

Seit langem arbeiten die Druckerhersteller, angeführt von Hewlett-Packard, nach dem "Rasierer-und-Klingen"-Preismodell, bei dem die Hardware ohne oder nur mit geringem Gewinn verkauft wird. Kassiert wird nachher über die Verbrauchsmaterialien Papier und vor allem Tinte, die pro Milliliter teurer verkauft wird als Parfüm oder Kaviar. Der Jahresumsatz mit Tintenstrahldruckern und -Multifunktionsgeräten beläuft sich denn auch auf weniger als ein Drittel der Einnahmen mit Tinte und Druckerpapier.

Kodak, das mittlerweile ausgerechnet von einer Reihe früherer HP-Manager geleitet wird, will dieses Modell verändern, indem es höhere Gewinn mit dem eigentlichen Gerät macht, im Gegenzug aber geringere Profite bei der Tinte in Kauf nimmt. Es wird dabei laut "Wall Street Journal" eine Kombination aus neuer Technik und alternativer Bepreisung nutzen, um die Tintenpreise um rund 50 Prozent pro Druckseite zu senken.

Heute will der Konzern in New York drei neue Multifunktionsgeräte vorstellen, die Dokumente, Web-Seiten und Fotos drucken, scannen und kopieren. Die eher für den Hausgebrauch als fürs Büro konzipierten Geräte kosten zwischen 150 und 300 Dollar, je nachdem, ob sie über ein Farbdisplay oder Leser für Kamera-Speicherkarten verfügen. Analysten zufolge liegen die Gerätepreise um rund 50 Dollar über denen vergleichbarer Multifunktionsgeräte, die dieser Tage am Markt erhältlich sind.

Seine Patrone mit Pigmentfarben bietet Kodak für 14,99 Dollar an.
Seine Patrone mit Pigmentfarben bietet Kodak für 14,99 Dollar an.
Foto: Kodak

In jedem Kodak-Gerät stecken eine Schwarzweiß-Patrone für zehn Dollar und eine Farbpatrone für 15 Dollar - die Cartridges sind damit nur halb so teuer wie bei der Konkurrenz. Kodak gibt an, dass Kunden, die größere Menge Papier kaufen, Fotos im Format 10 x 15 Zentimeter damit für nur rund zehn Cent drucken können, verglichen mit 29 Cent für typische Heimdrucker oder 19 Cent im Laden.

Vorab gebriefte Branchenkenner erwarten, dass Kodaks neues Geschäftsmodell vor allem Druckerhersteller aus der zweiten Reihe wie die Seiko-Epson-Tochter Epson oder Lexmark International bedroht. "Das wird das Jahr, in dem das Rasierer-Klingen-Modell stirbt", erwartet beispielsweise Charles LeCompte vom Marktforscher Lyra Research in Newton, Massachusetts. Kodaks Niedrigpreisstrategie für die Tinte sei "eine so dramatische Botschaft, dass jemand darauf reagieren muss". Dass Kodaks Ansatz den Kunden gefallen dürfte, beweise nicht zuletzt der geschäftliche Erfolg von Firmen, die Tintenpatronen günstiger wiederbefüllen und damit inzwischen rund 30 Prozent des weltweiten Markts bedienen.

"Das wird die Branche verändern", prophezeit auch Philip Faraci, der Kodaks Digital Imaging Consumer Group leitet und früher als Senior Vice President for Inkjet Systems bei HP tätig war. "Für Leute, die viel drucken, bieten wir eine wirklich gute Lösung an." Faraci geht davon aus, dass Kodaks billigere Tinten vor allem den oberen 20 Prozent der Nutzer gefallen werden, die zuhause drucken und dabei mehr als die durchschnittlichen 4,6 Cartridges pro Jahr kaufen.

Umwälzungen im Gesamtmarkt erwarten allerdings nicht alle Beobachter. Ron Glaz von der IDC etwa rechnet lediglich damit, dass Kodak in der Marktnische von "Leuten, die viele Fotos drucken wollen" erfolgreich sein wird. Der Name Kodak werde mit Fotografie assoziiert, und nur in diesem Segment werde das Unternehmen "eine Menge Druck auf HP und Epson erzeugen".

Karl Schwenkmeyer, bei Hewlett-Packard zuständig für das Marketing der Tintenstrahlsysteme, geht davon aus, dass die Verbraucher bei HP bleiben. Der Tintenpreis sei schon ein Thema, aber den Käufern komme es auch auf andere Dinge wie einfache Benutzung und Druckgeschwindigkeit an. HP habe seinen Marktanteil im dritten Quartal letzten Jahres auf 47 Prozent ausbauen können und sei in der Lage, auch auf lange Sicht jährlich mehr als eine Milliarde Dollar in Forschung und Entwicklung für die andauernde Verbesserung seiner Tintenstrahler zu investieren. Fotodruck sei ein wichtiges Marktsegment, doch an die 90 Prozent aller Druckseiten seien andere Dokumenttypen.

Der "EasyShare 5500" ist das Spitzenmodell des neuen Inkjet-Lineups von Kodak.
Der "EasyShare 5500" ist das Spitzenmodell des neuen Inkjet-Lineups von Kodak.
Foto: Kodak

Faraci erwiderte, auch wenn Kodak davon ausgehe, dass Fotodruck eine Schlüsselmotivation für den Kauf eines neuen Kodak-Druckers sein werde, man die Geräte auf jeden Fall für den Allzweckeinsatz zuhause und in kleinen Büros konzipiert habe. Die Geräte schaffen in der Minute bis zu 32 Seiten in schwarzweiß und 22 in Farbe; das Spitzenmodell enthält zudem auch ein Fax. Als Kernmarkt für Kodak hat der früherer HP-Mann Familien ausgemacht, bei denen sowohl die Eltern als auch die Kinder ausdrucken. Kodaks Forschung habe ergeben, dass mehr als 70 Prozent aller Familien das Drucken ihrer Sprösslinge deckelten, weil die Tinte so teuer sei.

Vor zehn Jahren, so Faraci, hätten die Kunden noch kaum über die Kosten der Druckpatronen nachgedacht und beim Kauf nur auf den Gerätepreis geschaut. Heute seien günstige Tintenpreise dagegen das Kaufargument Nummer eins. "Wenn wir richtig erfolgreich sind, dann könnten wir uns in diesem Jahr ein Prozent des Marktes holen", hofft Faraci. Kodaks mittelfristiges Ziel sei es, das Kodak-Drucker im Jahr 2010 zehn Prozent aller Tintenstrahl-Seiten zu Papier bringen.

Verkaufen will Kodak seine neuen Multifunktionsdrucker ab März zunächst drei Monate exklusiv über den Büroausstatter Best Buy. Ob und wann die Geräte auch nach Europa kommen, ist noch nicht bekannt.

Vom Erfolg der neuen Modelle hängt eine Menge ab für Kodak, dessen traditionelles Geschäft seit langem auf dem absteigenden Ast ist. In den vergangenen drei Jahren hat sich der Konzern bereits einer äußerst schmerzhaften Restrukturierung unterzogen, in deren Rahmen er Milliardenverluste auswies und fast 30.000 Mitarbeiter entließ. Mit seinen neuen digitalen Kameras ist der Hersteller aus Rochester, New York, in den USA unter den drei führenden Anbietern. Allerdings leiden diese Consumer Electronics unter geringen Margen und scharfem Wettbewerb.

Kodak-Chef Antonio Perez, der in den 90er Jahren die Tintenstrahl-Sparte von HP angeführt hatte, hatte vor zwei Jahren den Einstieg seiner Firma in das Inkjet-Segment angekündigt, das Hauptmedium für privaten Fotodruck. Sollten sich die Geräte am Markt durchsetzen, könnten sie Kodak die hochmargigen und wiederkehrenden Umsätze bescheren, die es in der Vergangenheit mit Filmen erzielt hatte.

Für seine Tinten und Druckköpfe setzt Kodak auf innovative Nanotechnologie, die Tröpfchen in der "Größe" nur weniger Atome produzieren können soll. Die winzigen Düsen könnten überdies Verbraucher davon abschrecken, die Kodak Patronen mit Tinte von Fremdanbietern nachfüllen zu lassen, aus Angst damit die Löchlein zu verstopfen. Kodak verwendet in seinen Tinten außerdem Pigment anstelle von Farbstoffen, was die Ausdrucke lichtechter machen soll. Günstig halten konnte es seine Patronen unter anderem dadurch, dass die gesamte Elektronik im Druck steckt; einige Wettbewerber packen sie teilweise in die Cartridges hinein. (tc)