Die bürgerfreundliche Verwaltung ist keine Utopie:

Maßgeschneiderte Information für Kommunen

19.08.1988

BÖBLINGEN - Kommunale Verwaltung spielt sich in einem Spannungsverhältnis ab - heute mehr denn je. Aufgaben der Selbstverwaltung oder die vom Bund oder Land übertragenen Bereiche wie Meldewesen und Bauaufsicht führen mit neu hinzukommenden Aufgaben zu Arbeitsüberlastung und Vollzugsdefiziten.

Dem gegenüber stehen berechtigte Erwartungen des Bürgers nach Leistungssteigerung und mehr bürgernahem Service - kommunale Verwaltungen sind im Blickpunkt der regionalen Öffentlichkeit, deren Teil sie immer auch sind.

Die Aufgaben der Kommunen ñ von den "großen Wesen", der Erstellung und Überwachung der Haushaltspläne und dem gesamten Sozialwesen, bis hin zu den "kleinen Anwendungen", wie Verwaltungs- und Überwachungsaufgaben im Umweltschutz - konnten schon bisher weitgehend nur mit Unterstützung automatisierter Datenverarbeitung durch die kommunalen Rechenzentren bewältigt werden. Nur: Diese landeseinheitlichen beziehungsweise zentralen Verfahren haben ihre Lücken. Sie sind nicht immer flexibel und schnell genug, weil sie nicht am Ort der Sachbearbeitung, im Amt, verfügbar sind. Es ist daher kein Wunder, daß immer mehr Kommunen nach autonomen Lösungen suchen, die die nötigen Informationen schnell an alle Verwaltungsebenen gelangen lassen und so notwendige Entscheidungen beschleunigen und flexibilisieren sowie Auskunftsmöglichkeiten verbessern. Damit bieten sie insgesamt mehr Service.

Individuelle Wünsche werden berücksichtigt

Diese neue Konzeption beschreibt Willi Bentlage, Prokurist der Firma AB-DATA & Co. KG in Velbert, einem Beratungs- und Software-Unternehmen für kommunale Anwender. AB-DATA bietet integrierte Gesamtlösungen im kommunalen Bereich an. Das Unternehmen verfügt über Erfahrungen auf dem Gebiet der standardisierten und individuellen Organisationslösungen für Gebietskörperschaften. Bisher führte das Unternehmen 60 Installationen im kommunalen Bereich, in fünf großen Zweckverbänden der Wasserver- und -entsorgung sowie in zwei Kreisverbänden durch.

Nahezu jede Anwendung auf kommunaler Ebene wird angeboten, also von der Haushaltsplan-Erstellung und Überwachung über das Kassen- und Rechnungswesen, das Sozial- und Einwohnerwesen bis hin zur Wohnungsbauverwaltung und der Gewässerunterhaltung. Hierbei sind verschiedene Konzepte denkbar. Bei einer Teilautonomie bleibt die Kommune in der Verwaltung der "großen Wesen" im Verbund mit dem Rechenzentrum. Die übrigen Aufgaben werden über ein eigenes System abgedeckt. Ebenso sind vollständig autonome Verfahren unabhängig vom Rechenzentrum möglich. Dies hängt von der Situation und den Wünschen der einzelnen Kommunen ab und ist differenziert auch auf Länderebene. Die hauptsächlichen Ansprechpartner sind Kommunen bis 200 000 Einwohner - gleichgültig ob sie bereits mit automatisierter Datenverarbeitung arbeiten oder nicht. Dabei können auch individuelle Programmwünsche der Gemeinden berücksichtigt werden. Ob beispielsweise jedes Amt einzeln geschaltet wird oder mehrere integriert - das liegt bei den Anwendern.

Wichtig für den Entscheider ist auch, daß die Kernprogramme von örtlichen und überörtlichen Rechnungsprüfungsstellen durchgesehen sind, denn Wirtschaftlichkeit ist neben allen anderen Aspekten eine wichtige Entscheidungshilfe.

Beispiele für Anwendernutzen

Einige Beispiele sollen den Anwendernutzen verdeutlichen. Da ist die Haushaltsplanung und -führung, ein besonders kompliziertes und wichtiges Gebiet innerhalb der öffentlichen Verwaltung. Der Planungsentwurf durchläuft eine Reihe von Beschlußgremien, die ihre Vorstellungen und Forderungen zwar einbringen, bisher aber die unmittelbaren Folgen der einzelnen Vorschläge nicht überprüfen konnten.

Wie sieht denn der Gesamtausgleich aus, wenn zum Beispiel der Kindergarten mehr Mittel erhält? Da mußte man bei den zentralen Diensten bisher warten, bis die geänderten Daten Tage später verarbeitet und zurückgeschickt wurden. Mit der autonomen Lösung können die Änderungswünsche noch während der - meist abendlichen - Sitzung eingegeben und ihre Auswirkung auf den entsprechend veränderten Gesamtplan sofort abgerufen werden. Notwendige Informationen als Entscheidungsgrundlage sind so wesentlich früher verfügbar.

Auch die anschließende Haushaltsführung benötigt aktuelle Informationen über den Haushalt und die Kassenlage, damit der Kämmerer bei Abweichungen frühzeitig disponieren kann. Notwendige Transparenz erhält der Sachbearbeiter, indem er die Haushaltsobergrenze für bestimmte Zwecke erfährt. Über seinen Bildschirm kann er sofort abfragen, wieviel Budget ihm zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr noch zur Verfügung steht. Er kann nun seine neue Bestellung eingeben, der Rechner reduziert den freien Betrag um den Wert dieser Bestellung und zeigt das noch verbleibende Budget an. Ob nun eine dezentrale Haushaltsüberwachung gewählt wird oder lieber eine zentrale Lösung innerhalb des Amtes, dies hängt von der konkreten Verwaltungssituation ab.

Einsparungen bei Verwaltungsakten

Der Vorteil liegt auf der Hand. Im direkten Anwender-Dialog ist der Sachbearbeiter nicht mehr an externe Abfragetermine gebunden, die den Überblick erschweren und die Informationen erst liefern, wenn Zahlungsanweisungen schon verschickt sind. Auch Fehler werden gleich am Bildschirm sichtbar. Damit entfallen zeitraubende nachträgliche Fehlerkorrekturen in EDV-Listen.

Und schließlich bewährt sich das System im Bereich der Kasse, dem Ist-Bereich sozusagen. Aktuelle Kassenstandsinformatione und Saldenabstimmungen stehen jederzeit sofort zur Verfügung. Fazit: eine Ersparnis von Verwaltungsakten und -wegen.

In den Bereichen mit Publikumsverkehr zeigt sich der Nutzen der autonomen Lösungen besonders augenfällig: Es gibt keine langen Warteschlangen vor den Ämtern mehr, das heißt Erleichterung und Beschleunigung der Arbeit.

Als Beispiel soll hier das Sozialwesen dienen. Bisher konnte der Sachbearbeiter dem Antragsteller eben nicht sofort sagen, ob und wieviel Geld dieser erwarten kann. Es sei denn, der Mitarbeiter führe langwierige Berechnungen durch, für die er aber im allgemeinen keine Zeit hat.

Auch der Bürger profitiert vom System

Nach Tagen erst ergeht an den Bürger ein Bescheid, noch später die Auszahlung. Jetzt gibt es schnelle Lösungen: Dateneingabe sofort und danach die Abfrage per Knopfdruck. Der Antragsteller erfährt alles Wissenswerte an Ort und Stelle. Und da auch sofort eine Kassenanweisung über den Arbeitsplatzdrucker ausgestellt werden kann, erhält er noch am selben Tag sein Geld. Für den Sachbearbeiter entfällt darüber hinaus eine zeitraubende Nachbearbeitung. Ähnliches gilt für Bürgersprechstunden, die häufig nach 16 Uhr stattfinden. Während die kommunalen Rechenzentren dann nicht mehr erreichbar sind, können wichtige Auskünfte im Online-Verbund direkt auf das Terminal geholt und erteilt werden.

Wie sieht denn nach den geschilderten Aspekten die potentielle Zusammenarbeit mit den Rechenzentren aus? Hier sind verschiedene Konzepte denkbar. So gibt es eine Reihe von Rechenzentren, die neben den zentralen Diensten ihren Kunden auch autonome Pakete anbieten, oder sie bei der Beschaffung beraten möchten, zum Teil sogar auch für die "großen Wesen", wie in Hessen. Hier ergänzen autonome Verfahren, also die kommunalen Rechenzentren, besonders in den Bereichen, in denen mehr Bürgernähe und Schnelligkeit gefragt sind. Es liegt auf der Hand, daß ein Kooperationsverbund, mit den Rechenzentren große Vorteile bieten kann, weil die Rechenzentren als Dienstleister für ihre Klienten auftreten und durch größere Volumina natürlich günstigere Konditionen bieten können. Andererseits wird es sicher auch Rechenzentren geben, die eine solche Kooperation nicht wünschen. In diesem Fall werden interessierten Kommunen Direktlösungen angeboten, da bestehende Verträge zwischen Gemeinden und Rechenzentren meist keine Ausschließlichkeit beanspruchen können.

Die Systeme lassen sich entweder sofort und vollständig, oder auch nach und nach unter Einbeziehung bereits vorhandener Software, installieren und ausbauen. Dabei sind neben vollständig autonomen und teilautonomen Lösungen auch Vernetzungen über das kommunale Rechenzentrum hinaus bis zur Bundesverwaltung möglich.

Autonome Lösungen zeigen in der konkreten Anwendung schnelle und flexible Informationsspeicherung und -verarbeitung zugunsten einer zunehmend leistungsstarken und für den Bürger servicefreundlichen Verwaltung. Oder um es abschließend auf einen einfachen Nenner zu bringen: "Diese Lösungen machen es möglich, eine Verwaltung für den Bürger zu realisieren anstelle einer Verwaltung des Bürgers."