Sechsmal so leistungsfähig wie das Vorgängermodell

Maspars MP-2 soll mit Leistung und günstigem Preis brillieren

16.10.1992

MÜNCHEN (jm) - Die Maspar Computer Corp. hat ihr neues massiv-paralleles Rechnersystem "MP-2" vorgestellt. Der Nachfolger des Modells "MP-2" soll über die sechsfache Rechenleistung seines Vorgängers verfügen und binärkompatibel zu diesem sein.

Im Markt der Höchstleistungsrechner scheint der Trend (siehe auch Schwerpunkt Parallelrechner in dieser Ausgabe) zunehmend in Richtung massiv-paralleler Systeme zu gehen. Dieser Erkenntnis verschließt sich auch der Marktführer in Sachen Supercomputer, Cray Research, nicht länger. Ein ermutigender Grund also für die im März 1988 vom heutigen Präsidenten und CEO Jeffrey Kalb mit Risikokapital gegründete Maspar Corp., auf diesem Weg fortzuschreiten.

Doch ist die Liste derer, die im Werben uni die weltweite Kundschaft für Spezialanwendungen bislang schon auf der Strecke geblieben sind, nicht gerade kurz: Allein in Deutschland mußten mit iP-Systems und deren TX3-Maschine und dem mit viel Vorschußlorbeeren und Geldern des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) geförderten Suprenum-Projekt gleich zwei Kandidaten vorzeitig aufgeben. International gesehen gab es die Opfer BBN, die von Cray übernommene Floating Point Systems, Multiflow, Myrias oder auch Alliant.

Dieser Tatsache war sich Kalb im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE auch durchaus bewußt: Er betonte, die schiere Rechenleistung sowie die leichte Programmierbarkeit eines Systems wie des von Maspar angebotenen allein bilde lediglich die grundsätzliche Voraussetzung zum Überleben. Wichtig seien vor allem die Existenz von Applikationen sowie die Preiswürdigkeit eines Rechners.

In diesem Sinne sind allerdings bezüglich des Maspar-Systems Vorbehalte zu machen: Bei beiden MP-Modellen handelt es sich um eine SIMD-Architektur (Single instruction, multiple data), bei der also alle Prozessoren dieselbe Anweisung auf verschiedenen Daten ausführen. Zu diesem Typ gehört etwa auch die CM-2 beziehungsweise CM-5 von Thinking Machines. Das zugrundeliegende Prinzip eignet sich einerseits

gut zum Aufbau skalierbarer Systeme- die Connection Machine CM-2 etwa besitzt 65 536 CPUs -, ihm hängt aber der Ruf an, nur für eine beschränkte Klasse von Anwendungen geeignet zu sein.

Andererseits meinen Fachleute, daß es den SIMD-Systemen an Flexibilität mangele, sie hätten den MIMD-Architekturen aber voraus, die Portierung von Applikationen unter Ausnutzung datenparalleler Konstrukte in Hochsprachen wie Fortran und C verhältnismäßig einfach zuzulassen.

Demgegenüber vertreten Spezialisten die Meinung, MIMD-Systeme (Multiple instruction, multiple data) wie die von Intel, Ncube oder Parsytec entsprächen sehr viel eher dem Wunsch der Kunden nach einem Universalrechner. MIMD-Rechner zeichnen sich dadurch aus, daß jede der vielen CPUs unabhängig von den anderen vorhandenen Prozessoren einen eigenen Befehlsstrom abarbeitet. So bestätigte der Maspar-Chef auf Nachfrage, daß im Gegensatz etwa zu Teradatas parllelem Datenbanksystem die eigenen MP-Rechner etwa für Transaktiosverarbeitung nicht geeignet seien.

Kalb verwies allerdings auf die Tatsache, seine Company habe seit dem Beginn der Auslieferung von Systemen im Januar 1990 bis heute weltweit 130 massiv-parallele Systeme verkauft, "und damit haben Umsatz generiert". 1990 konnten die Leute aus Sunnyvale, Kalifornien, noch 6 Millionen Dollar umsetzen, 1991 verdreifachte dieser Wert sich (1 8,6). Zudem verwies Kalb auf mehr als 50 auf Maspar-Rechnern laufende Anwendungen. Sollte die von Frank Kübler, Geschäftsführer der Aachener Parsytec, angegebene Zahl von weltweit 800 verkauften Systemen stimmen, müßte man Kalbs Angaben allerdings in einem anderen Licht sehen.

Vielleicht die größte Stärke von Maspar, die sich allerdings auch als Achillesferse für die Kalifornier erweisen könnte, ist deren Nähe zu Digital Equipment: DEC hat einen Minderheitsanteil an dem Supercomputer-Hersteller erworben und vertreibt auch die MP-Rechner

unter der Bezeichnung "Decmpp 12000". "Durch ihre Glaubwürdigkeit im Markt", so Maspar-Chef Kalb, "hat uns DEC schon sehr geholfen."

Allerdings konzediert er, daß es hin und wieder auch zu Konkurrenzsituationen kommt. Beispiel sei etwa ein hochdotierter Deal mit Raytheon, dem Hersteller des im zweiten Golfkrieg hochgelobten, jetzt jedoch wegen der angeblich großen Ineffizienz ins Gerede gekommenen "Patriot"-Flugabwehrsystems.

Darüber hinaus fährt DEC in Sachen massiv-paralleler Systeme mehrgleisig: Neben dem Maspar-Rechner bieten die Leute aus Maynard auch ihre Alpha-CPU für den Einsatz in Parallelsystemen an. Mit der Cray Research Corp. aus Eagan , Minnesota, scheint auch gleich ein ganz großer Fisch angebissen zu haben. Zumindest kündigte deren CEO John Rollwagen im Frühjahr 1992 auf der "Supercomputing Europe" in Paris an man werde ein Alpha-bestücktes, massiv-paralleles System entwickeln.

Genauso schwerwiegend durfte die einen Tag später veröffentlichte Verlautbarung der IBM sein, auch Big Blue wolle - aufbauend auf den RS/6000-Workstations - einen massiv-parallelen Rechner auf den Markt bringen. Überdies muß Maspar sich mit der Konkurrenz NEC, Fujitsu, Toshiba und Matsushita herumschlagen.

In diesem frostigen Wettbewerbsklima spricht für die Kalifornier möglicherweise der Preis: Die Listenpreise der MP-2-Maschinen reichen 260 000 Dollar bis zu 1,6 Millionen Dollar bei Konfigurationen, die von 1024-bis zu 16 384-Prozessoren reichen. Darüber hinaus beträgt der Einstiegspreis für ein komplettes MP-1-Vorgängermodell jetzt nur noch 75000 Dollar, womit Maspar sich schon fast an den Preisbereich mancher hochleistungsfähiger Workstations annähert.

Das Herz der MP-2 ist eine voll zwei Maspar-Eigenentwicklungen: Der VLSI-Chip vereinigt 32 32-Bit-RISC-Prozessoren und soll 12,3 Mflops leisten. Die Rechenleistung eines maximal ausgebauten Maspar-Systems betrage 6,3 Gflops.

Der 1-Mikron-CMOS-Baustein benötigt nach Unternehmensangaben ferner nur 0,8 Watt Leistungsaufnahme, weswegen gesonderte Kühl- oder Klimaanlagen nicht vonnöten seien. Das andere VLSI-Eigenprodukt stellt die Kommunikation zwischen den diversen Prozessoren sicher.

In Deutschland installierte Maspar Systeme am Institut für parallele und verteilte Höchstleistungsrechner (IPVR) der Universität Stuttgart, an den Universitäten Karlsruhe und Erlangen sowie dem Europäischen Mikrobiologischen Laboratorium (EMBL) in Heidelberg.