Auswahl richtiger Branchenpakete der Schlüssel zum Erfolg:

Marktwirrwarr nur noch mit Dritthilfe durchschaubar

24.02.1984

Insbesondere für Mittelständler wird der DV-Einsatz immer mehr zu einer Frage der Existenzsicherung. Industrie und Softwaremanufakturen haben sich verstärkt um diese große Zielgruppe gekümmert und bieten softwareseitig Branchenpakete für nahezu jeden Bereich an. Der Wildwuchs in diesem Markt wird allerdings immer unüberschaubarer. So sind im ISIS-Katalog des Münchner Nomina Verlages 701 Softwarepakete aus über 70 Branchen für nahezu jede Rechnergröße aufgeführt. Jürgen Arnold, Geschäftsfahrer der Uvis Unternehmensberatung GmbH aus Ulm, meint in seinem Beitrag, daß die Auswahl der richtigen Software vor dem Entscheid über die Hardware getroffen werden sollte. Hierzu sei in vielen Fällen Unterstützung durch Dritte notwendig, damit aus dem DV-Einsatz keine nutzlose Information wird.

Die Zeit ist geprägt durch den Einsatz neuer Technologien. Waren der Automatisierung in den 70er Jahren vorwiegend Fertigungsstraßen beziehungsweise ähnliche Produktionsprozesse vorbehalten, ist nun ein deutlicher Trend in Richtung Büroorganisation zu verzeichnen. Viele Betriebe nützen technische Geräte, wie Speicherschreibmaschinen oder elektronische Tischrechner.

Neben dieser raschen Entwicklung neuer Anlagen und Systeme, auch den wirtschaftlichen Einsatz zu gewährleisten und sicherzustellen, stellt an viele zukünftige Benutzer hohe Anforderungen. Zum Ersten sind viele Betriebe der mittelständischen Wirtschaft ausschließlich mit ihren Produktions- oder Handelsprozessen beschäftigt, zum Zweiten fehlt es an Wissensträgern mit entsprechendem technologischen Know-how. Das Preisgefälle der Taschen- und Tischrechner hat Mitte der 70er Jahre jedoch eindeutig die Zeichen der Zeit gesetzt, Mini- und Microrechner werden für viele Betriebe erschwinglich. Wenn hier von Mini-oder Microrechnern geschrieben wird, muß jedoch eindeutig zu den sogenannten Homecomputern abgegrenzt werden, die mit ihren Billiglösungen zwar interessante Objekte für Einzelpersonen und Hobbybereich darstellen, jedoch nur selten den Anforderungen des Geschäftsalltages standhalten.

Da für die zukünftigen Benutzer die Qual der Wahl bei der Beschaffung eines Systems ins Haus steht, fehlen ihm vielfach die Orientierungsmöglichkeiten. Gewiss, Fachmessen helfen hier ab, doch der Rechnermarkt ist belebt mit einer Vielzahl von Herstellern (und jeder möchte verkaufen!).

Die Gefahr, daß der Interessent solcher Anlagen selten das eigentlich Richtige erhält, liegt vielfach in der ungenauen Darstellung der realisierbaren Vorstellungen der zukünftigen Benutzer. Meistens orientiert er sich - und damit sein Unternehmen - an den Möglichkeiten, die der Rechner, der gekauft werden soll, bietet. Die Folge ist, daß der Mensch sich an den Rechner anpassen Muß. Aber das ist falsch!

Entweder ist die Anlage zu groß für seine Bedürfnisse gekauft, oder zu klein. Entsprechende Nachrüstungen sprengen vielfach das angesetzte Budget und bereiten Arger und Verdruß.

Gute Software ist teuer

Doch wie ist das mit der Software, dem Blut der Anlage, mit dem solche Anlagen erst in Gang gesetzt werden können. Die Hardware hat zwar eitle fallende Preistendenz gezeigt, Jedoch gute Software ist teuer und übersteigt heute zum Teil ein Vielfaches der beschafften Hardware. Es gibt auch Billigsoftware. Es Handelt sich hierbei teils um Raubkopien, an denen keine weiteren Anpassungen n vorgenommen werden können, teils um soweit standardisierte Kompromißlösungen, daß die in die Anlage gesetzten Vorstellungen und Ideen n nicht realisiert werden können und der " Mensch-an-Maschinenanpassungskonflikt" erneut auftritt. Desinteresse und Frustration ist häufig die Folge für Unternehmen und deren Mitarbeiter. Irgendwann ist die Investition in den Sand gesetzt. Das muß nicht sein.

Datenverarbeitung gibt es nicht erst seit fünf Jahren. Erfahrungen haben Anwender bereits mit de r Groß-DV vor zehn und 20 Jahren gesammelt und diese sollten sich nun auch die Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft zu Nutze machen, welchen den Buchungsautomaten oder die alte Schreibmaschine durch moderne Bürotechnologien ersetzen wollen.

Strategisches Vorgehen spart Geld

Hierzu muß sich der zukünftige Benutzer solcher Anlagen mit Partnern zusammensetzen, die ihr Fach genauso verstehen, wie der Anwender sein eigenes Gebiet beherrscht. Strategisches Vorgehen mit langfristigem Auf- und Ausbau, Kompatibilitäts- und Anpassungsdenken, ist hier unbedingt Voraussetzung. Denn Freude und versprochene Entlastung durch einen Rechner entsteht nur durch fachgerechte Anwendung.

Um nun mit der Datenverarbeitung auf "Du und Du" zu kommen, ist für den Anwender wichtig, seine Wünsche klar und deutlich zu formulieren. Mit einem klaren Konzept eines Systemberaters wird der zukünftige Benutzer sicherlich langfristig zum Erfolg gelangen. Eine "Neun-Stufensystemlösung" unterstützt den Systemberater ebenso wie den Anwender bei der Definition seiner Ziele.

Dieses Konzept ist ein Organisations- und Beratungsinstrument bei Entwicklung oder Modifikation von DV-Systemen und zerfällt in einen Analytischen- (Stufe eins bis vier) und einen Realisationsteil (Stufe fünf bis neun).

Der Analytische Teil dient der Definition, Analyse, Planung und Spezifikation, zur Klärung des Istzustandes sowie der Wünsche und Ideen des Anwenders und sorgt für Transparenz der betrieblichen Organisation, der aufbau- und ablaufspezifischen Gegebenheiten. Durch die Schwachstellenanalyse ist es möglich, Unzulänglichkeiten schnell zu erkennen, einzugrenzen und bei der Systemplanung zu berücksichtigen.

Gleichzeitig erhält der zukünftige Anwender noch einmal klar vor Augen geführt, welche Daten in welcher Form und Häufigkeit von welchem Herkunftsträger zu welchem Zielträger gelangen. Für ihn zunächst unbeabsichtigt, wird hier eine auch deutliche Verbesserung der Organisationsstruktur, aufbau- und auch ablauftechnisch, erreicht.

Um vor der Realisation, die Vorstellungen auf sichere Füße zu stellen, ist es für Endnutzer und Systemberater wichtig, die Erkenntnisse der Analyse und Wünsche klar zu definieren. Die Erstellung einer Spezifikation sorgt hier für Klarheit und ermöglicht es, in der Realisationsphase, den Partnern auf eine beiderseitig gültige Grundlage zurückzugreifen. Dadurch ist es um ein Vielfaches leichter und kostengünstiger, während der Realisation noch Änderungen und Ergänzungen zur Spezifikation vorzunehmen.

Nach Erstellung der Spezifikation und Fixierung der Ideen und Vorstellungen, kann nun die Hardware ausgewählt werden. Jetzt ist sichergestellt, daß die zu beschaffende. Anlage dem zukünftigen Benutzer gerecht wird, entsprechend der Planung nicht nur vorübergerehend, sondern langfristig angepaßt werden kann.

Die in der analytischen Phase erstellte Spezifikation minimiert in der Realisationsphase den Programmier-und Testaufwand erheblich. Rückfragen und Klärungen sind nur noch im Ausnahmefall notwendig, so daß die Erstellung im Unternehmen des Systemberaters erfolgen kann, was zu einer weiteren Kosteneinsparung fuhrt.

Nach Programmerstellung und Testläufen muß sichergestellt sein daß der Endnutzer über sein Hardwie Softwaresystem eine ordentliche Dokumentation zur Verfügung gestellt bekommt. Die Dokumentation muß klar, deutlich und verständlich sein, um eine effiziente Nutzung sicherzustellen. Die Möglichkeit im Ausnahmefall nachzuschlagen, ohne viel nachzufragen, Bedienungsfehler zu erkennen und zu berichtigen, weitere Benutzer an der Anlage schnell anzulernen sind vielfach Vorteile die sich in der Praxis beim Einsatz des Systems zeigen.

Welche Erfahrungen man mit seinem Rechner sammelt, wo und in welchem Umfang Investitionen getätigt wurden, stellt man erst bei einer rückschauenden Betrachtung fest. Den späteren Erfolg beeinflussen kann man jedoch, indem man sich so früh wie möglich, am Anfang der Konzeptphase mit den entsprechenden Partnern des Faches zusammensetzt. Daß dies nicht billig ist, ist richtig, doch es ist wichtig, wie man das Geld anlegt. Eine Datenverarbeitung darf kein Topf ohne Boden sein.