Open-Source-Software

Marktforscher: Open Source erobert deutsche IT-Zentren

20.02.2008
Open-Source-Software wie das Betriebssystem Linux dringt in immer mehr erfolgskritische Bereiche deutscher Unternehmen vor, beobachtet Frank Sempert vom Marktforschungs- und Beratungshaus Saugatuck Technology.

"Buchstäblich jeder bedeutende Softwareanbieter integriert derzeit Open-Source-Code in seine Produkte", erklärte Sempert, langjähriger Europachef der Gartner Group, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Die Hersteller versprächen sich davon geringere Kosten und kürzere Entwicklungszeiten. Dieser Trend verändere auch die IT-Strukturen in deutschen Unternehmen. Zwar basierten heute lediglich 10 bis 15 Prozent der Anwendungen in Deutschland und weltweit ausschließlich auf quelloffenem Programmcode. Bis zum Jahr 2010 soll der Wert auf 15 bis 20 Prozent steigen. Der hohe Anteil an eingebettetem Open-Source-Code in unterschiedlichsten Systemen sei in diesen Zahlen aber nicht enthalten (siehe dazu auch: Die Zukunft von Open Source).

Nach Erhebungen von Saugatuck steckt bereits in einem Drittel aller Unternehmenssysteme Open-Source-Software. Dazu zählten kommerzielle Betriebssysteme ebenso wie Unternehmensanwendungen, Middleware und Desktop-Anwendungen. Sempert, der für die US-amerikanische Saugatuck Technology Inc. den Aufbau des Geschäfts im deutschsprachigen Raum steuert, sieht vor allem vier IT-Bereiche, in denen der Einsatz von Open-Source-Software weiter schnell zulegen werde: Betriebssysteme, Datenbanken, Entwicklungswerkzeuge und Middleware. Die Motive aus Sicht von deutschen IT-Verantwortlichen ähnelten denen, die die Marktforscher bereits im vergangenen Jahr in einer internationalen Studie identifiziert hätten: An erster Stelle stehen Kostenvorteile, gefolgt von Herstellerunabhängigkeit und der grundsätzlichen Möglichkeit, den Quellcode zu verändern.

Ein "heißes Thema" ist für Sempert Linux auf dem Server. Insbesondere in unternehmenskritischen Bereichen lege das Open-Source-Betriebssystem rasch zu. So habe sich beispielsweise die Deutsche Flugsicherung entschieden, für ihre Kernsysteme ausschließlich eine Linux-Distribution von Novell Suse einzusetzen. Gute Chancen gibt der Analyst Open-Source-Software auch beim Aufbau von Service-orientierten Architekturen (SOA): "Open-Source-Software und SOA werden Zwillinge." Nach seiner Einschätzung werden quelloffene Komponenten den SOA-Einsatz entscheidend voranbringen. Sie ermöglichten es, Software- und Entwicklungskosten zu senken und Unternehmen damit den Einstieg in die SOA zu erleichtern.

Ähnliches gelte für das aufkommende Hype-Thema Cloud Computing. Schon heute sei zu beobachten, dass Open-Source-Software die Softwarekosten von "Cloud-Providern" deutlich verringere. Der Marktforscher will darunter sowohl Software- als auch Service-Provider und Anbieter von IT-Infrastruktur verstanden wissen. Sempert: "Open-Source-Software steht hier für eine Reduzierung von 25 bis 50 Prozent der Entwicklungs- und Betriebskosten."

Weniger optimistisch fällt die Einschätzung für Linux auf dem Desktop aus. In den kommenden drei Jahren werde sich das Open-Source-Betriebssystem kaum zur Bedrohung für Microsoft Windows entwickeln, lautet die Prognose. Für wahrscheinlicher halten es die Saugatuck-Auguren, dass Microsoft einige Aspekte von Linux in die Windows-Plattform integriere.

Mehr zum Thema Open Source und SOA im SOA-Expertenrat der COMPUTERWOCHE. (wh)