Markt entwickelt sich langsam

Markt entwickelt sich langsam DSL-Angebot der Telekom bekommt noch in diesem Jahr Konkurrenz

02.04.1999
HANNOVER (sra) - Ab April drängt die Deutsche Telekom mit einem ADSL-Angebot auf den Markt. Doch die Konkurrenz schläft nicht: In der zweiten Jahreshälfte will Mannesmann Arcor bis zu zehn und Otelo bis zu sieben Städte mit DSL versorgen. Da sie jedoch beim Kundenzugang auf die ihrer Meinung nach teure entbündelte Teilnehmeranschlußleitung zurückgreifen müssen, prüfen die Telekom-Konkurrenten Alternativtechnologien.

Bisher bieten nur wenige europäische Carrier kommerziell Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) an - zum Beispiel der finnische Carrier Sonera. Ab April zieht die Deutsche Telekom mit dem Dienst "T-DSL" für professionelle Anwender nach. Er dient beispielsweise als breitbandiger Zugang zur IP-Netzplattform ("Interconnect") oder dem ATM-Netz der Telekom ("T-Net ATM"). Das Telekom-Angebot richtet sich vor allem an kleinere bis mittlere Unternehmen, große Firmen besitzen ohnehin meist einen Glasfaseranschluß. Ab Juli sollen auch Privatkunden in den Genuß der schnellen Übertragung für den Zugang zum Internet kommen. Bis Ende 1999 will der Carrier in 43 Ortsnetzen insgesamt 100000 Anschlüsse bereitstellen. Der weitere Ausbau erfolgt entsprechend der Nachfrage.

Preise bremsen den DSL-Markt

Privatkunden zahlen bei der Telekom ab Juli eine Grundgebühr von knapp 100 Mark für einen kombinierten ISDN/T-DSL-Anschluß. Dazu kommen dann die Pakete "T-Online Speed 50" und "100", die 50 beziehungsweise 100 Freistunden beinhalten und 100 oder 150 Mark kosten. Die Preisstruktur für T-Net-ATM über ADSL sowie T-Interconnect hängt von verschiedenen Parametern wie genutzte Bandbreite, Tarifbereich und Tageszeit ab. Tariftabellen finden sich unter http://www.telekom.de. Während die Kopplung von ADSL mit ISDN bei Marktbeobachtern auf Verständnis stößt - die Sprach-Features von ISDN fehlen bei ADSL, dafür transportiert ADSL größere Datenraten - , kritisieren viele die genannten Preise.

Die vergleichsweise hohen Preise des Telekom-Angebots schrecken nach Meinung von Susan Thomson, Analystin bei der Gartner Group, viele Privatkunden ab. Sie rät daher zur Vorsicht: "Der Markt für ADSL wird an Dynamik gewinnen, aber nicht mehr in diesem Jahr", erwartet sie. Ohne Wettbewerbsdruck dürften auch keine nennenswerten Preissenkungen bevorstehen. Die hohen Gebühren für den entbündelten Teilnehmeranschluß behindern jedoch den Wettbewerb. Im Moment kann noch keiner der Konkurrenten mit einem DSL-Angebot aufwarten.

Lange wird sich die Telekom ihrer Monopolstellung als ADSL-Anbieter allerdings nicht erfreuen können. Die nach Ansicht der Wettbewerber hohen Gebühren haben deren Aktivitäten zwar gebremst, aber nicht zum Erliegen gebracht. Für die zweite Hälfte dieses Jahres bereitet Mannesmann Arcor bereits ein Konkurrenzangebot vor. In Hamburg, Hannover, Berlin, Frankfurt, Nürnberg, München, Stuttgart, Essen, Düsseldorf und Köln plant der Carrier zunächst den Ausbau des Ortsnetzes. "Das ist die Voraussetzung, um überhaupt DSL anbieten zu können", erläutert Christian Rogge, Pressesprecher bei Arcor. Die Preise sollen unter denen der Telekom liegen. Vor der Entscheidung der Regulierungsbehörde zur Teilnehmeranschluß-Leitung hatte das Unternehmen doppelt so viele Städte anschließen wollen.

Otelo und der Internet-Service-Provider (ISP) Uunet testen die Technologie ebenfalls. Der Carrier hat sogar schon entschieden, DSL einzusetzen. Allerdings liebäugelt Otelo eher mit symmetrischen Spielarten von DSL - ob auch ADSL, das in Hin- und Rückkanal unterschiedliche Bandbreiten aufweist, zum Einsatz kommt, ist noch unklar. Zur Zeit rüstet das Unternehmen das Ortsnetz in Essen auf, um Geschäftskunden anzuschließen. Die Übergangspunkte zum Telekom-Netz muß der Carrier selbst schaffen. Bis Ende 1999 soll DSL in sieben Städten an den Start gehen. Otelo und Uunet beschränken ihre DSL-Angebote beziehungsweise Tests nun auf Geschäftskunden. "Für Privatkunden rechnet es sich einfach nicht", stellt Unternehmenssprecher Stephan Deutsch von Uunet fest.

Lediglich Viag Interkom macht eine Ausnahme. Obwohl der Carrier die Technologie in Zusammenarbeit mit Alcatel testet, setzt er auf die Alternative Mobilfunk für die Überbrückung der letzten Meile. Für Viag nimmt ADSL keine herausragende Position ein, da das Unternehmen nicht in großem Stil Anschlußleitungen von der Telekom mieten will. Bisher eignet sich das Produkt "Home Zone" des Unternehmens lediglich für Telefonie. Geplant ist, es im kommenden Jahr auch für die Datenübertragung zu erweitern.

Eine Option auf ADSL-Alternativen halten sich auch andere Carrier frei. Beispielsweise betreibt Otelo auch Kabelnetze. Im Rhein-Ruhr-Gebiet hat der Carrier den Rückkanal seines Kabelnetzes ausgebaut und Testhaushalte angebunden. Wo Kabelinseln liegen, bevorzugt das Unternehmen diese Technologie, wo das Ortsnetz ausgebaut wird, setzt es auf DSL.

Kabelnetze könnten sich zum ADSL-Konkurrenten mausern. Zur Zeit befinden sich noch 70 Prozent des Kabelnetzes in Besitz der Deutschen Telekom. Auf Druck der Regulierungsbehörde wird der Ex-Monopolist das Netz jedoch verkaufen müssen. Welchen Einfluß der Verkauf der Kabelnetze auf den Breitbandmarkt haben wird, hängt davon ab, wer der Käufer ist und was er damit macht. "Eine Chance haben Kabelmodems in Deutschland nur, wenn sich jemand findet, der in die Infrastruktur investiert und den Rückkanal ausbaut", schätzt Susan Thomson von der Gartner Group. Darum hat DSL in Deutschland im Moment die besseren Karten.

Schon in unseren Nachbarstaaten sieht das teilweise ganz anders aus. In den Benelux-Ländern gibt es mehrere kommerzielle Angebote für Internet-Zugang über das TV-Kabelnetz, zum Beispiel von UPC. In Deutschland dagegen existieren nur einige kleinere Netze in privater Hand mit ausgebautem Rückkanal (zum Beispiel von Otelo oder RWE). Daher sind Kabelmodemlösungen heute noch nicht allgemein in Deutschland möglich. Da die Kabelnetze für gewöhnlich in Haushalten enden, werden sich Kabelmodems zunächst nur an Privatpersonen richten.

Powerline kämpft mit Problemen

Als weiterer Konkurrent zu ADSL wird die Übertragung über das Stromnetz ("Powerline") gehandelt. Das wäre natürlich als alternativer Zugang zum End- kunden interessant. Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg. "Powerline kämpft noch mit ernsthaften technischen Problemen wie elektromagnetischer Verträglichkeit", gibt Thomson zu bedenken. Außerdem hat die Regulierungsbehörde strenge Grenzwerte festgelegt, und die Energieversorger gelten als behäbig. "Sie haben aber nur wenig Zeit, bevor DSL und Kabelmodems kommen", schätzt die Analystin. Deswegen wird Powerline den ADSL-Markt vorerst kaum beeinflussen. Eine Nische könnte das Verfahren bei hausinternen Netzen und für die automatische Auslesung von Zählern erobern.