Digitale Innovationen testen

Mantro baut Brücken zwischen Startup und Konzern

17.08.2016
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Junge Wilde sind gut in der Entwicklung eines Produktes, Alteingesessene in Marketing und Vertrieb desselben. Mit Partnern aus der Konzernwelt sieht sich Mantro als Company Builder und will zwischen den Welten vermitteln.
  • Innovationsmanagerin Jenni Schwanenberg: "Digital und Prozess passen nicht zusammen"
  • Um den Markt zu validieren, verkauft Mantro auch mal ein Produkt, dass es noch gar nicht gibt
  • CEO Manfred Tropper: "Wenn wir zum Konzern gehen, arbeiten wir nicht bei denen im Büro. Da treffen wir uns eher an inspirierenden Orten!"
  • Drei Dinge behindern Innovationen in Konzernen: Entscheidungsunfähigkeit, Prozesstreue und interne Politik
Die junge Firma Mantro versteht sich als Company Builder. Gemeinsam mit Konzernen gründet sie Joint Ventures, die digitale Produkte launchen.
Die junge Firma Mantro versteht sich als Company Builder. Gemeinsam mit Konzernen gründet sie Joint Ventures, die digitale Produkte launchen.
Foto: Mantro

Zwischen Bass und Western-Gitarre hängt eine Gibson Les Paul an der Wand, neben dem Sonor-Drumkit steht ein E-Piano. "Wir komponieren was, wenn ein Kunde ein Musikstück braucht", erklärt Manfred Tropper und räumt die Ukulele ins Regal. "Wir haben keinen Bock, GEMA-Gebühr zu zahlen." Damit hat der junge Wirtschaftsinformatiker alles über die Philosophie seiner Firma Mantro gesagt.

Vor rund elf Jahren hat er mit zwei Partnern, Markus Ortmann und Benjamin Schüdzig, Mantro gegründet, heute beschäftigt er knapp 80 Leute. Vier Fünftel davon Entwickler, außerdem Projektmanager und Consultants, diese mehr IT- als businesslastig. "Innovation durch Strategie, User-Experience, Technologie", verspricht das Unternehmen seinen Kunden. Vor allem sind Innovation und Kreativität bei Mantro weder schöne Kunst noch Selbstzweck. Sie müssen einen konkreten Kundennutzen erfüllen, erklärt Tropper.

Joint Ventures mit Konzernen

Als Startup sieht Mantro sich nicht, ebenso wenig will das Unternehmen irgendwann ein etablierter Konzern sein. Das Konzept des Company Builders sieht so aus: mit Dickschiffen gründet Mantro Joint-Ventures, die digitale Produkte auf den Markt bringen. Der Firmenchef ist überzeugt: Nach mehr als zehn Jahren hat man so viel Erfahrung mit Konzernen, dass man kompatibel arbeiten kann. Dass die Mantrosen dennoch ihre junge wilde Mentalität bewahren, zeigen nicht nur das große Musikzimmer und der Tischkicker.

Zum Beispiel wird im September ein intelligenter Füllstandmesser für den Heizöltank samt App auf den Markt kommen. Das haptische Gerät wurde in München entwickelt. Inklusive App und Server war der Prototyp binnen drei Wochen fertig. Der große Partner des kleinen Unternehmens dabei ist ein großer Energiekonzern.

Mantro klärte zunächst einmal die Sicht des Nutzers ab. "Wir wollten den Markt für das Gerät validieren", erklärt Tropper. Also druckte das Team Postwurfsendungen und verteilte sie dort, wo viele Häuser mit Heizöltanks stehen. Für 79 Euro bot Mantro ein Produkt an, das es noch gar nicht gab. "Eben das mussten wir den vielen Interessenten dann auch erklären", schmunzelt Tropper. "So etwas nehmen wir auf uns, weil wir es können. Ein großer Konzern könnte sich das nicht erlauben."

Diesen oder einen ähnlichen Weg schlägt Mantro bei jedem Projekt ein, versichert der Firmengründer. Die Idee wird relevanten Märkten vorgestellt, und mindestens muss ein "Letter of intent" vorliegen, sprich: Eine ausreichende Zahl potenzieller Käufer muss versichern, das Produkt zu kaufen, wenn es denn fertig ist. Tropper nimmt für sich in Anspruch, End-to-End-Projekte anzubieten, statt nur Ideen zu liefern.

Hindernisse für Innovation

Nach über zehn Jahren Erfahrung nennt der Firmengründer drei Faktoren, die interne Innovationen hemmen. Das sind:

  • Entscheidungsunfähigkeit: "Konzerne binden ihre Entscheider an quantitative Ziele", sagt Tropper, "das lässt ihnen natürlich keinen Spielraum für Verrücktes". Und es nimmt ihnen auch den Mut dazu. Tropper: "Die gehen lieber auf Nummer Sicher und beauftragen McKinsey, wo sie für 250.000 Euro ein paar Folien kriegen."

  • Prozesstreue: "Digital und Prozess passt nicht zusammen", erklärt Jenni Schwanenberg, Innovationsmanagerin bei Mantro, "es heißt ja auch Lean Startup, nicht Lean Konzern". Kleine agile Unternehmen dagegen wissen, dass sich der Markt zu schnell ändert, um Prozesse aufzusetzen. Aus dieser Erkenntnis resultiert auch Troppers Vorliebe für Joint-Ventures mit den Dickschiffen: "So schaffen wir das richtige Umfeld, um Produktentwicklungen zu beschleunigen."

  • Interne Konzernpolitik: Nicht selten haben Projektbeteiligte konkurrierende Ziele. Oder sie wollen sich einfach mal gegenseitig auf die Füße treten.

Wie gelingt es Mantro trotzdem, etwa den digitalen Füllstandsmesser auf den Markt zu bringen? "Man muss die Leute begeistern", sagt Tropper. Seine Überzeugung: "Wir machen unsere Arbeit hier einfach gern." Glaubt man ihm, kommen auch die Partner aus den Konzernen gern zu ihnen. Üblicherweise ziehen sie erstmal Sakko und Krawatte aus. Und umgekehrt? Ziehen die Mantrosen dann eine Krawatte an? Tropper schmunzelt: "Wenn wir zum Konzern gehen, arbeiten wir nicht bei denen im Büro", sagt er, "da treffen wir uns eher an inspirierenden Orten."

Innerhalb seiner Joint Ventures sieht der Mantro-Gründer eine klare Rollenverteilung: Er liefert Idee und Produktentwicklung, der starke Konzern kümmert sich um das, was Tropper "das Betreiben des Produktes" nennt, also etwa Marketing und Vertrieb des fertigen Produktes.

Dafür, dass die Ideen nicht ausgehen, sorgt Jenni Schwanenberg. Die junge Frau war zuletzt zwei Jahre lang Innovationsmanagerin bei der DPA (Deutsche Presseagentur), wo sie den Next Media Accelerator aufgebaut hat, einen Fonds, über den zehn Medienunternehmen in Startups investieren. Ihre Rolle als Innovationsmanagerin versteht sie so, dass sie die richtigen Leute mit den richtigen Skills zum richtigen Zeitpunkt miteinander vernetzt.

Voraussetzungen für die Arbeit einer Innovationsmanagerin sind denn auch technologisches Verständnis, kommunikative Fähigkeiten und natürlich Neugier. "Eben Affinität zu Neuem", sagt sie. Nur bei der Gitarre, da darf es gern Gibsons Klassiker Les Paul sein.