Mangelnde interkulturelle Kompetenz bei mittelständischen Unternehmen

19.02.2007
Von Dorothea Friedrich
Jeder sechste Betrieb kann offene Stellen nicht besetzen.

Auf dem inländischen Markt fehlen geeignete Bewerber. Aus dem Ausland sind sie oft schwer zu bekommen. In Zukunft wird Rekrutierung im Ausland immer stärker zur Pflicht werden, Davon ist der der Wirtschaftspublizist Axel Gloger überzeugt, wie er in der aktuellen Ausgabe des Trendletter schreibt. Die Belegschaft der Zukunft werde notgedrungen zu zehn bis 25 Prozent aus Einwanderern bestehen, lautet die Prognose. Doch noch sei Deutschland im Ansehen der Einwanderer nur zweite Wahl – England, Frankreich und die USA gelten als die begehrteren Länder.

Insbesondere auf den Mittelstand kommen damit große Probleme zu. Denn mittelständische Unternehmen haben vielfach noch keine interkulturelle Kompetenz aufgebaut. „Es ist eine Sache für einen erfolgreichen deutschen Mittelständler, im Ausland ein Joint Venture oder eine Tochtergesellschaft aufzubauen. Diese wird dann mit deutschem Führungspersonal bestückt und durch ausländische Fach- und Führungskräfte ergänzt, aber eben im Ausland. Es ist ein völlig anderes Problem, wenn die ausländischen Kräfte nach Deutschland kommen und hier Führungsaufgaben übernehmen sollen. Zum einen fehlt die Sozialisierung, um sich erfolgreich in einem deutschen Unternehmen und im deutschen Markt zu behaupten, und zum anderen fehlt dem deutschen Management in vielen mittelständischen Unternehmen die kulturelle Kompetenz", sagte Michael Sander von der Lindauer Unternehmensberatung Terra Consulting Partners (TCP). Wie kompliziert das sei, merke man im Management-Alltag deutscher Großunternehmen. Sehr viel schwieriger sei das für kleinere Unternehmen, die auch noch viel stärker in Deutschland verwurzelt sind.

„Das Englisch von vielen Führungskräften mittleren Alters ist nicht auf vergleichbarem Niveau von Absolventen guter ausländischer Universitäten. Allein auf Grund der Sprache fühlt sich der deutsche Manager häufig minderwertig im Vergleich zu seinem neuen, meist jüngeren Kollegen aus dem Ausland, der perfekt auf Englisch parliert“, so Sander.

Dabei gibt es schon jetzt Handlungsbedarf. Nach einer Statistik der Vereinten Nationen steht Deutschland zwar auf Platz drei der weltweit wichtigsten Einwanderungsländer. In Deutschland leben immerhin zehn Millionen Immigranten. Doch es kommen nicht die Menschen, die der Wirtschaft fehlen, Ingenieursstellen beispielsweise können nicht besetzt werden.

Zudem steigt die Zahl der Auswanderer seit Jahren. Erstmals seit 37 Jahren ist Deutschland Netto-Exporteur von Arbeitskräften. Jeder Zweite der knapp 150.000 Menschen, die pro Jahr das Land verlassen, ist ein Hochqualifizierter, wie Untersuchungen ergeben haben.

Handwerker gehen nach Australien, Dänemark und England, Ärzte nach Schweden und Norwegen, Ingenieure zieht es in die globalen Industriezentren.