Paypal-Chef Marcus im Interview

"Man drückt einen Knopf und geht"

11.04.2013
Von Christof Kerkmann
Paypal will das Handy zum Portemonnaie machen. Der Dienstleister hat ein System entwickelt, mit dem man auf Knopfdruck bestellt und bezahlt. Das löse ein echtes Problem, sagt Firmenchef David Marcus: Schlange stehen.

Viele Menschen in Deutschland lieben Bargeld. Wie wollen Sie die Menschen davon überzeugen, mit dem Handy zu bezahlen - ob einen Kaffee oder auch etwas Größeres?

Marcus, 39, leitet seit April 2012 den Internet-Bezahldienstleister Paypal, eine Tochter des Online-Handelsportals Ebay. Zuvor leitete der gebürtige Franzose die Paypal-Sparte für mobiles Bezahlen. Paypal wiederum hatte im August 2011 den von Marcus gegründeten mobilen Bezahldienst Zong übernommen.
Marcus, 39, leitet seit April 2012 den Internet-Bezahldienstleister Paypal, eine Tochter des Online-Handelsportals Ebay. Zuvor leitete der gebürtige Franzose die Paypal-Sparte für mobiles Bezahlen. Paypal wiederum hatte im August 2011 den von Marcus gegründeten mobilen Bezahldienst Zong übernommen.
Foto: youtube channel leweb

David Marcus: Deutschland unterscheidet sich tatsächlich sehr von anderen Ländern, viele Menschen bezahlen im Internet per Online-Banking oder Lastschrift, offline mit Bargeld. Wenn man ihre Gewohnheiten verändern will, muss man echte Probleme lösen. Wir arbeiten deswegen an Szenarien, in denen Menschen Zeit sparen können, etwa indem sie im Kaffeeladen nicht in der Schlange stehen oder im Restaurant auf die Rechnung warten müssen.

Wie soll das funktionieren?

Das System Paypal Mobile ist schon im Einsatz, in Frankreich kooperieren wir zum Beispiel mit McDonalds. Aus Sicht des Verbrauchers läuft das so: Man schaut in der App, wo ein Geschäft ist, und ordert. Wenn man dort ankommt, ist die Bestellung schon fertig. Man holt sie an einem speziellen Schalter ab, ohne dass man zehn Minuten warten muss. Eine andere Möglichkeit: Man bezahlt im Restaurant, ohne auf den Kellner warten oder an die Kasse gehen zu müssen. Man drückt einen Knopf und geht.

Wenn ich einfach aus einem Laden herausspaziere, fühle ich mich aber wie ein Dieb.

Beim ersten Mal fühlt es sich vielleicht komisch an, aber wenn es Ihnen 20 Minuten kostbare Zeit spart? Dann ist es beim nächsten Mal einfach nur bequem. Die Menschen verändern ihre Gewohnheiten. Warum sollte das beim Einkaufen nicht auch so sein?

Für die Händler bedeuten neue Bezahlsysteme allerdings oft zusätzliche Kosten.

Viele kleine Händler verlieren aber auch Kunden, weil sie nur Bargeld nehmen. Unsere Gebühren sind ähnlich wie bei Kreditkartenunternehmen. Wenn man aufrechnet, welche Kosten die Händler für ihr Bankkonto und das Kartenlesegerät haben, ist das sehr günstig. Außerdem ist die Nutzererfahrung viel besser: Der Händler sieht bei der Bestellung ein Foto des Kunden und kann ihn namentlich begrüßen. Es entsteht eine persönliche Verbindung, die in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen ist.

Viele Verbraucher in Deutschland sehen elektronische Bezahlsysteme skeptisch, weil sie Sicherheitsbedenken haben. Womit wollen Sie die überzeugen?

Online-Banking ist relativ umständlich und wenn der Händler nicht liefert, ist das Geld weg. Wenn Sie Paypal nutzen, teilen wir niemandem Ihre Bankdaten mit, und wenn etwas schief geht, erhalten Sie eine hundertprozentige Erstattung. Es ist alles eine Frage der Gewohnheit. Wir müssen unsere Stärken in Deutschland besser verkaufen und werden deswegen eine Werbekampagne starten. Und sobald die Verbraucher unseren Service mehr online nutzen, nutzen sie ihn auch für andere Zwecke, zum Beispiel im Geschäft.

Ab wann soll es das System denn in Deutschland geben?

Innerhalb weniger Monate. Je schneller, desto besser.

Neue Mobile-Trends

Kommunikation unter Geräten: Die Idee ist nicht neu, doch erst mit der Verbreitung schneller Mobilfunk-Leitungen und von Sensoren in Alltagstechnik kommt die sogenannte Machine-to-Machine-Communication (M2M) richtig in Schwung. Als Paradebeispiel gelten Verbindungen zwischen vernetzten Autos, die sich automatisch zum Beispiel über Glatteis, Unfälle oder Staus austauschen sollen.

LTE: Der superschnelle neue Datenfunk mit - zumindest theoretischen Geschwindigkeiten von bis zu 100 MBit pro Sekunde hat inzwischen den Alltag erreicht. Immer mehr Hersteller haben LTE-taugliche Smartphones und Tablets im Angebot, die Mobilfunk-Anbieter bauen die Netze auch in Deutschland zügig aus. Ein Schlagwort zur Messe in Barcelona ist die Weiterentwicklung LTE-A, die noch mehr Tempo erlauben soll. Und der Halbleiter-Spezialist Qualcomm präsentiert einen neuen Chip, der 40 LTE-Bänder unterstützt. Damit werden endlich Geräte möglich, die in nahezu allen Netzen in verschiedenen Ländern laufen können.

Mobiles Bezahlen: Einer nach dem anderen gehen Anbieter auf den Markt, die mit Einsteck-Modulen Smartphones und Tablets zu Kassengeräten machen. Sie wollen damit Kartenzahlungen auch in kleineren Unternehmen etablieren, wo man heute noch meist mit Bargeld zahlen muss. Zugleich kristallisieren sich hinter den Kulissen ganz neue Modelle heraus, bei denen man zum Beispiel dank GPS-Daten Geldbörse oder Smartphone gar nicht erst aus der Tasche holen muss. Eine spannende Frage ist, ob sich solche Ideen gegen die NFC-Funktechnik durchsetzen können, die lange als Zukunftsweg für mobiles Bezahlen galt.

Neue Betriebssysteme und Anbieter: Während seit Jahren aktuelle Spitzenreiter wie das Google-Betriebssystem Android und Samsung als größter Smartphone- und Handy-Hersteller im Mittelpunkt stehen, macht sich hinter den Kulissen neue Konkurrenz bereit. Der Boom in Asien hat den chinesischen Anbieter Huawei auf den dritten platz im Smartphone-Markt gebracht. Die Macher des Internet-Browsers Firefox wollen mit einem gleichnamigen Betriebssystem in den Markt, das aus dem Netz heraus läuft. Und ein Exot ist das russische YotaPhone, das auf der Rückseite ein zusätzliches E-Paper-Display hat.

(Quelle: Handelsblatt)