Mamma mia

06.05.1988

In Ivrea, der Olivetti-Zentrale, wie im amerikanischen AT&T-Hauptquartier, ist das Hochgefühl der Honeymoon-Zeit verflogen. Die Bilanz der vier Jahre seit der "italienischen Hochzeit" (siehe CW vom 5. Januar 1984): "Julia" (Carlo) de Benedetti, weg vom Weltmarkt-Balkonfenster - AT&T, ein enttäuschter Telefon-Romeo mit dickem Minus im Computerbereich.

Tiger Carlo wird Instinkt fürs Geschäftemachen nachgesagt. Der gute Geist des Wettbewerbs scheint ihn diesmal (?) verlassen zu haben. In Wahrheit glaubt auch der Olivetti-Finanzier nicht mehr daran, daß die Elektronik-Allianz mit AT&T zu einem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis führen kann.

Für neutrale Branchenbeoachter war diese Entwicklung seit Jahren abzusehen. Schon einmal, in der Ehe mit Honeywell, hatte sich ein amerikanisches Abenteuer für Olivetti als Flop erwiesen. Man wird freilich der Sache nicht gerecht, wenn man sich allzu einseitig auf die möglichen Konsequenzen für Olivetti versteift. Aus Anwendersicht (Scusi, Signore de Benedetti !) kommt es auf den italienischen Büromaschinen-Hersteller nur am Rande an. Es sind die alten Mischkonzern-Probleme - RCA, General Electric, Remington (Sperry) Rand, Honeywell, AT&T -, die da zutage treten. Alt ist auch der Name des Spiels: Mainframe-Monopoly - and the winner is IBM.

Jetzt ist er wieder im Gerede: der Ausstieg des Telefonriesen AT&T aus dem Computergeschäft. Er wäre keine normale Sache mehr. Die Interessen der Unix-Anwender stehen auf dem Spiel. Eins ergibt sich mit zwingender Notwendigkeit: Die Unix-Idee muß aus dem Produktprogramm eines einzelnen Anbieters herausgelöst werden. Initiativen wie OSI und Posix, die herstellerneutrale Standards zum Ziel haben, stehen dafür.