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Cortado-Projektbericht

Making of a HTML5 Cloud Desktop

16.01.2012
Von   


Carsten Mickeleit ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Cortado Holding AG mit seinen Unternehmen ThinPrint GmbH, Teamplace GmbH und Cortado Mobile Solutions GmbH. Seit Gründung seines ersten Unternehmens 1990 - der Carano GmbH - ist er am IT-Markt aktiv, seit 1996 insbesondere im Virtualisierungs/Cloud Computing und seit 2001 im Enterprise Mobility Bereich.
HTML5 ist erst gut, wenn es auch in der Praxis eingesetzt wird. Auf der Suche nach gelungenen Projekten mit dem neuen Web-Standard sind wir in Berlin beim Cloud-Service-Dienstleister Cortado fündig geworden. Lesen Sie den Projektbericht des Cortado-CEO.

Aus heutiger Sicht mag vielleicht der ein oder andere den Kopf schütteln. So geschehen bei einer Redaktionstour in London, auf der wir den HTML5 Cloud Desktop für unsere Lösung Cortado Corporate Server vorstellten. "You’ve done the hard stuff first", so die Reaktion von Jason Stamper, Redakteur der Computer Business Review. Mit dieser Einschätzung lag er durchaus richtig. Wir haben die komplizierten Dinge zuerst umgesetzt - aber das lag weniger an uns, als an der Standardisierung von HTML5 und an der Vielzahl von Geräten, die wir unterstützen wollten.

Das Cortado-Entwicklerteam bei der Arbeit.
Das Cortado-Entwicklerteam bei der Arbeit.
Foto: Cortado AG

Doch einen Schritt zurück. Seit mehreren Jahren arbeiten wir an der Entwicklung unserer Unternehmenslösung Cortado Corporate Server, mit der mobile Geräte in die Unternehmens-IT integriert werden können. Die Lösung bietet Mobile Device Management und stellt den Nutzern Desktop-Funktionen wie Dateizugriff, Drucken, Faxen oder das Erzeugen von Datenbankreports zur Verfügung. Eine kostenlose gehostete Einzelnutzerversion namens Cortado Workplace ergänzt dieses Portfolio. Den für den Zugriff benötigten Cloud Desktop in Form nativer Clients gibt es auch für die mobilen Betriebssysteme iOS, Android und BlackBerry OS. Immer wieder jedoch trugen Kunden an uns den Wunsch heran, dass sie - unter anderem hervorgerufen durch ByoD-Programme - einen performanten plattformunabhängigen Cloud Desktop benötigen, der mit jedem Browser und nahezu jedem Gerät nutzbar ist.

Von JavaFX zu HTML5

In den Berliner Büros der Cortado AG arbeiten mittlerweile viele HTML5-Fans.
In den Berliner Büros der Cortado AG arbeiten mittlerweile viele HTML5-Fans.
Foto: Cortado AG

Webbasierte Dateiexplorer gibt es viele und auch wir stellten unseren Kunden bislang einen solchen zur Verfügung. Doch von einer richtigen Desktop-Experience sind solche Services weit entfernt. Nach dem Webexplorer starteten wir deshalb eine Entwicklung auf Basis von JavaFX. Rein funktional erwies sich die Implementierung als durchaus erfolgreich, doch die grafischen Gestaltungsmöglichkeiten waren recht limitiert. Der Todesstoß war letztendlich die lange Ladezeit der JavaFX Runtime. Mindestens 60 Sekunden ohne jegliche Rückmeldung musste der Anwender warten - ein Wert, den fast keine unserer Testpersonen akzeptierte. Da spielte es dann auch keine Rolle mehr, dass Oracle im vergangenen Herbst den weiteren Support der Plattform aufkündigte; die vollständige Entwicklung des JavaFX-Clients wurde abgeschrieben.

Danach folgte unser aktuelles Projekt Printer Dashboard zum Monitoring von Druckumgebungen, das vor dem Hintergrund der JavaFX-Erfahrungen und nach zahlreichen RIA-Entwicklungsmethoden auf Basis von Microsoft Silverlight entwickelt wurde- einer an und für sich sehr ausgereiften und professionellen Entwicklungsumgebung. Umso erstaunter waren wir, als wir feststellen mussten, dass die erste Windows 8 Beta zwar HTML5 perfekt beherrschte, Silverlight allerdings nicht. Microsoft besserte hier mittlerweile zwar nach - dennoch wurde uns schnell klar, dass das Unternehmen aus Redmond nunmehr stark auf HTML5 setzen würde und schickten auch unsere Silverlight-Entwickler auf die HTML5-Schulbank. Da unsere bis dato gesammelten eigenen Erfahrungen mit dem künftigen Web-Standard ebenfalls positiv waren (wir starteten das HTML5-Cloud-Desktop-Projekt bereits im Frühjar 2011), wurden wir in unserer strategischen Entscheidung bestärkt: Die Zukunft der Webentwicklung gehört HTML5.

Von Mobile zu Web

Anders als wahrscheinlich die meisten Unternehmen sind wir nicht von der klassischen Webanwendung zu HTML5 gelangt, sondern von unserem Produkt Cortado Workplace, das einen Cloud Desktop für BlackBerry OS, Android und iOS bietet. Da ist es klar, dass wir beim Cloud-Desktop-Projekt ein großes Augenmerk auf die Usability legen, denn die iPad-Anwender sollten beim Wechseln auf den HTML5-Client - beispielsweise auf einem Mac - auf keinen Fall enttäuscht werden.

Was ist an HTML5 so besonders?

Cortado Workplace: Dokumentenvorschau mit der Möglichkeit zur Rotation - alles dank HTML5.
Cortado Workplace: Dokumentenvorschau mit der Möglichkeit zur Rotation - alles dank HTML5.
Foto: Cortado AG

Um unsere Begeisterung für HMTL5 nachvollziehen zu können, ist zunächst ein kleiner technischer Exkurs vonnöten: HTML5 ist ein Standard, der in nahezu allen aktuellen Browsern läuft. Da ihn Apple, Google, Microsoft und Adobe einsetzen, bezweifelt wohl niemand mehr, dass sich dieser dauerhaft durchsetzen wird. Zur Ausführung von HTML5-Anwendungen ist keinerlei Plug-in - wie noch bei Flash oder Silverlight - mehr notwendig. Die Anwendung startet sofort und hat fast keinerlei Ladezeiten. Neben der Möglichkeit, Videos oder dynamische Vektorgrafiken darzustellen, besticht HTML5 insbesondere dadurch, dass das typische Website-Verhalten wie beispielsweise der Refresh nach einer Auswahl entfällt. So entspricht die Usability der lokaler Anwendungen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Dateivorschau unseres Cloud Desktops, die der schnellen Ansicht von Dokumenten dient. Das Bild lässt sich nicht nur darstellen, sondern kann auch sehr schnell und flüssig rotieren. Ohne CSS3 stünde in dem Fall der entwicklungstechnische Aufwand in keinem Verhältnis zum gewünschten Effekt.

Um diese Eigenschaften weiter zu unterstützen, verfügt HTML5 auch über die Möglichkeit, Daten lokal zu speichern. Sogar eine lokale Speicherung von SQL-Daten ist möglich und soll teilweise Offline-Szenarien abdecken.