Mainframes: Die sehr lebendigen Totgesagten

12.07.2007
IBM-Manager haben während des in New York abgehaltenen "System z Summit" in einem seltenen Moment der Offenheit genauere Angaben zum Geschäft mit Mainframes gemacht. Grundsätzlich lässt sich danach sagen: Anwender müssen nicht fürchten, dass Großrechner aussterben.

Bereits im April 2007 hatte Robert Hoey im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE gesagt: "Der Mainframe ist eine wachsende Plattform". Hoey ist bei der IBM als Vice President für den weltweiten Vertrieb von Mainframes zuständig. Vor Industrieanalysten erklärte der IBM-Manager jetzt in New York, weltweit besitze Big Blue rund 10.000 Großrechnerinstallationen. Installationen definiert IBM nicht als die Zahl der Kunden, die einen Mainframe nutzen. Vielmehr kann es sein, dass etwa ein großer Konzern in drei Rechenzentren Großrechner einsetzt. IBM wurde solch eine IT-Topologie dann als drei Installationen rechnen.

Robert Hoey ist bei IBM als Vice President für den weltweiten Vertrieb von Mainframes zuständig.
Robert Hoey ist bei IBM als Vice President für den weltweiten Vertrieb von Mainframes zuständig.
Foto: IBM

Ein Drittel dieser Installationen sind bei Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungssektor implementiert. Zählt man das Versicherungswesen und verwandte Branchen hinzu, so sind weltweit rund die Hälfte aller die Großrechner hier installiert.

IBM macht keine Angaben dazu, wie viel Umsatz das Unternehmen mit bestimmten Produktkategorien erwirtschaftet. Allerdings stiegen diese in den vergangenen Quartalen signifikant an. 65 Prozent aller Umsätze erzielt IBM mit seinen Mainframes durch Software. Big Blue investiert Jahr für Jahr rund 1,2 Milliarden Dollar in die Mainframesparte. Ebenfalls 65 Prozent hiervon steckt das Unternehmen in die Softwareentwicklung. Hierzu zählt vor allem ein im vergangenen Jahr gestartetes und auf fünf Jahre angelegtes Softwareprojekt. Mit diesem sollen Tools entworfen werden, die es Anwendern zum einen erleichtern sollen, ihre Mainframes zu handhaben und zu verwalten. Zum anderen aber soll die Anmutung der Benutzeroberflächen an die Serverumgebungen von Windows, Linux und Unix angelehnt werden. So soll es für Anwenderunternehmen einfacher werden, Mitarbeiter aus- und weiterzubilden, die nicht in der Legacy-Umgebung groß geworden sind, also keine Erfahrung mit angestammten Großrechnern besitzen.

Lohnendes Geschäft

Für IBM ist das Mainframesegment ein lohnendes Geschäft. Zwar steigen die Verkäufe jährlich lediglich um rund fünf Prozent (wobei die vergangenen Quartale erheblich über diesem Wert lagen), trotzdem ist der Return on Investment in das Großrechnersegment, erklecklich. IBM schweigt sich zwar auch über solche Zahlen aus. Marktexperten gehen aber davon aus, das IBMs Bruttogewinn im Mainframesegment in Bereichen zwischen 85 und 90 Prozent liegen könnte.

Einer der wesentlichen Faktoren für das Mainframe-Revival ist eine technische Entwicklung, die bei IBM unter der Bezeichnung Special Engines läuft. Hierbei handelt es sich um Spezialprozessoren, die für bestimmte Aufgaben entwickelt wurden. Bei dem "System z9 Application Assist Processor" beispielsweise (zAAP) handelt es sich um einen Spezial-Prozessor, der unter dem z/OS-Mainframe-Betriebssystem auf der System-z-Plattform eine Java- Ausführungsumgebung bereitstellt. IBM verspricht hier, dass Anwender mit diesen zAAP die IT-Kosten für WebSphere Application Server und andere, auf Java-Technologie basierte Anwendungen senken können.

Der Prozessor Integrated Facility for Linux (IFL) wiederum ist auf Linux-Workloads zugeschnitten. Mit diesem technischen Dreh ließen sich, so IBM, zusätzliche Verarbeitungskapazitäten implementieren, ohne Auswirkungen auf das MSU-Rating oder die IBM-System-z-Modellbezeichnung. Das bedeutet, dass der Ausbau eines System-z-Mainframes um einen IFL-Prozessor nicht notwendigerweise zu einer Steigerung der Kosten für System-z-Software führt, die wiederum auf dem Großrechner auf Standardprozessoren ausgeführt wird. Mit dem "System z9 Integrated Information Processor" (zIIP) lassen sich Anfragen in IBMs Großrechnerdatenbank DB2 beschleunigen.

Die Spezialprozessoren kosten nur rund ein Viertel der Standard-Mainframe-CPUs. Nicht überraschend ist deshalb die Wachstumsrate für die installierte Basis der Mainframes mit Spezialprozessoren auch größer als die Steigerungsrate für die gesamte installierte Großrechnerbasis.

Im ersten Vierteljahr 2007 hat IBM mit Spezialprozessoren weltweit insgesamt rund 1,7 Millionen Mainframe-MIPS verkauft. Mainframe-MIPS sind eine in der Branche geläufige Berechnungsgrundlage, um die Steigerungsrate der Rechenleistungskapazität für Großrechner insgesamt anzugeben, die aus den Mainframe-Systemverkäufen eines Quartals resultieren. 1,2 Millionen MIPS entfallen dabei auf IFL-Prozessoren, die unter Linux laufen. Jeweils 100.000 MIPS verkaufte IBM mit zAAPs und zIIPs.

Jim Stallings, General Manager der System-z-Mainframes, sagte in New York, dass IBM mittlerweile ungefähr ein Viertel seiner gesamten Mainframe-MIPS in Linux-Workload-Umgebungen verkauft. (jm)