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Mainframe-Spezialisten sterben aus

25.10.2004
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Bislang finden solche Warnungen in den Führungsetagen großer Unternehmen nur wenig Gehör, moniert Spruth. Angesichts immer neuer Sparprogramme stellten IT-Abteilungen kaum Personal ein und investierten nicht in neue Projekte. Das könne sich rächen: "Viele Unternehmen leben von der Substanz, es gibt viel zu wenig Personal für die Infrastruktur. Irgendwann kann das zum Crash führen." Marlene Retterath, Produkt-Managerin beim Tübinger Schulungsanbieter Unilog Integrata, bestätigt diese Einschätzung. Vom allgemeinen Einbruch im Trainingsmarkt sei der Großrechnerbereich nicht verschont geblieben, ein Anziehen der Nachfrage bislang nicht absehbar. Auch die Münchner Siemens-Tochter LS Training and Services spürt den anhaltenden Sparkurs der Unternehmen. Vertriebs-Manager Wolfgang Kohnle gibt sich dennoch optimistisch: "Einige Unternehmen fangen wieder an, in die IT-Ausbildung zu investieren." Das Nachwuchsproblem betreffe sowohl IBM-Systeme als auch die Siemens-eigene Großrechnerwelt BS2000. Insbesondere Finanzdienstleister benötigten "Brückenwissen", um etwa Legacy-Systeme auf dem Großrechner mit der Client-Server-Welt zu verbinden.

"In vielen Unternehmen ist ein Wandel im Gang", beobachtet Anwendervertreter Grammes. Das Management versuche durchaus, die IT-Mannschaft zu verjüngen. Angesichts der wenigen Ausbildungsmöglichkeiten sei das aber leichter gesagt als getan. Die bayerische Landwirtschaftsverwaltung etwa hat nach erfolgloser Suche auf dem Arbeitsmarkt eine andere Strategie entwickelt. "Wir nehmen in der Regel Informatiker von der Fachhochschule und bilden sie selbst aus", erläutert RZ-Manager Bergermeier. Bis die Nachwuchskräfte ohne Aufsicht arbeiten könnten, vergingen durchschnittlich drei Jahre.

IBM-Experte Ley verweist in diesem Zusammenhang auf die hohe Verantwortung der Spezialisten. Schon ein kleiner Fehler im RZ könne dazu führen, dass Tausende Mitarbeiter die Arbeit unterbrechen müssen. Mario Dretschak, Leiter Zentrale Systeme bei der Postbank in Bonn, setzt ebenfalls auf interne Weiterbildung: "Wir schulen die Leute meist selbst 'on the job.' " Die theoretischen Kenntnisse erwerben die Mitarbeiter des Finanzdienstleisters beim Hersteller IBM.

Absolventen ohne Know-how