Mainframe-Experten sind Mangelware

02.06.2008
Trotz guter Berufs- und Gehaltsaussichten hat die Großrechnerwelt Nachwuchsprobleme, so das Fazit eines Forums der Jahrestagung der IBM-Benutzergruppe Guide Share Europe (GSE).

Neben den Themen Itil, Storage und Security sowie Compliance hatten sich die Organisatoren auch die Initiativen zur Förderung und Ausbildung des Mainframe-Nachwuchses auf die Fahnen geschrieben.

Wilhelm Spruth, Professor an der Fakultät für Mathematik und Informatik, Institut für Informatik, Abteilung Computersysteme der Universität Leipzig sagte, in Deutschland böten zirka 100 Hochschulen eine Informatikausbildung an. 50 Prozent davon seien Universitäten, die andere Hälfte Fachhochschulen. Lediglich 20 dieser Hochschulen würden im Zuge der Informatikausbildung auch Themen aus der Großrechnerwelt behandeln. Spruth macht für dieses Manko "die negative Einstellung zu Mainframes bei Professoren" aus. Diese sei "immer noch verbreitet". Keine Vorurteile hätten hingegen Studenten gegen die oft auch als Dinosaurier verschrienen Systeme. Das liegt nach Spruth schlicht und einfach daran, dass für Studenten etwa das Mainframe-Betriebssystem z/OS ein Fremdwort sei. Studenten haben, so der Professor, in ihrer beruflichen Ausbildung "noch nie etwas von Mainframes gehört".

Dementsprechend war Spruth, der früher bei der IBM gearbeitet hat, recht skeptisch, ob Initiativen zur Heranbildung eines Großrechnernachwuchses "im deutschen Vaterland" erfolgreich sein können und werden. Er widersprach mit seinem Pessimismus den hoffnungsvollen Schilderungen von Andreas Hermelink, der bei der IBM für das berufsbegleitende Nachwuchsförderprogramm European Mainframe Academy verantwortlich zeichnet.

50 Prozent sind über 50

Wie drastisch es im Großrechnerumfeld an nachwachsenden Spezialisten mangelt, zeigte Hermelink mit der Aussage auf, dass "50 Prozent der heutigen Mainframe-Experten in Deutschland über 50 Jahre alt sind". Auf die Frage, welches wesentliche Beweggründe sind, um sich im Zuge des Studiums mit Großrechnerthemen zu beschäftigen, sagten auf der Tagung anwesende Studenten - übrigens ausschließlich Männer -, sie reizten besonders die Aufstiegschancen, die Gehaltsaussichten und die Herausforderungen, die mit dieser komplexen Materie verbunden seien. Sie sehen Mainframes als zukunftsträchtig an. Beispielsweise Linux oder Windows seien Mainstream-Themen, mit denen man sich nicht von der Masse der Informatikstudenten abheben könne. Mainframes "sind da schon etwas anderes", formulierte es einer der Jungakademiker.

Insgesamt bilden momentan 20 Ausbildungsinstitute in Deutschland auch in Sachen Großrechner aus. Das sind zum einen die Universitäten in Berlin (Humboldt), Hamburg, Duisburg-Essen, Leipzig, Münster und Tübigen. Hinzu kommen die Technischen Universitäten in Chemnitz, Dresden, München und Berlin. Auch an den Fachhochschulen in Bochum, Coburg, Darmstadt, Köln, Lüneburg, Schmalkalden und Stuttgart werden Kenntnisse über Großrechner vermittelt. Schließlich lehrt auch die Berufsakademie Mannheim zum Thema.

Die IT Akademie Bayern als nicht universitäre Ausbildungsstätte offeriert ein "Traineeprogramm Mainframe-Experte". Hier werden in 200 Unterrichtseinheiten beispielsweise Grundlagen zu Betriebssystemen, Rechnerarchitekturen, Dateiorganisation und z/OS-Subsystemkonzepten referiert. 240 Unterrichtseinheiten befassen sich mit so genannten Business Skills. Hierzu gehört Englisch genauso wie Grundlagen in Betriebswirtschaft und im Projekt-Management. Weitere 80 Unterichtseinheiten widmet die IT Akademie Bayern den Social Skills.

Berufsbegleitende Ausbildung

Berufsbegleitend über 24 Monate studiert man an der"European Mainframe Academy" (EMA). Hier fungiert die EMA GmbH als Organisator, die nicht nur Dozenten stellt, sondern auch Lernmodule entwickelt und die Teilnehmer betreut. Sie kooperiert mit der IBM, der Universität Leipzig sowie Partnerunternehmen der EMA. Die Kosten für die Teilnahme an der EMA-Ausbildung sind pro Teilnehmer nicht gerade gering: Sie beginnen bei 29 000 Euro. Auf der Tagung wurde der bisherige GSE-Region-Manager Michael Weiß von der HUK Coburg für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt.