Maggi-Elektronik

10.04.1981

Je kleiner die "Haufen", die Innovation auf dem Computer-Sektor produziert, desto lauter das PR-Geschrei.

Dies vorweg: CeBIT '81 machte da keine Ausnahme. Wenn die Suppe, die aus den diversen Entwickler-Küchen kommt, fad schmeckt, muß nachgewürzt werden: Maggi-Elektronik. Zur Ehrenrettung des "Technical Engineering" muß freilich gesagt werden, daß viele Entwicklungen auf dem Hardware- und Software-Gebiet dem Anwender vorenthalten werden - zumindest so lange, bis das Bestehende als Ertragsvehikel endgültig ausgedient hat.

So muß sich der Datenverarbeiter mit Neulakkiertem begnügen - bestenfalls mit "Add-Ons", die zunehmend in Form von gebührenpflichtiger Software verabreicht Systeme werden immer gleicher. Wer Unterschiede feststellen will, muß schon ganz dicht an die Applikation herangehen - im CeBIT-Getümmel ein schier unmögliches Unterfangen.

Immerhin ließ sich noch relativ leicht herausfinden, was die Küchenchefs- sprich: die DV-Anbieter- als Tagesmenü empfehlen: kommerzielle Mikrocomputer und Datenkommunikation.

Angesichts der Mikro-Vielfalt in Hannover muß sich der neutrale Beobachter allerdings fragen: Wo wollen die vielen, vielen Kleincomputer unterkommen? Mit Beten allein ist es ja nicht getan, obwohl manchmal der Eindruck entsteht, den Anbietern fiele nichts anderes mehr ein.

Commodore, einer der führenden einschlägigen Hersteller, versucht dem Vermarktungsgeheimnis durch Wortschöpfung auf die Spur zu kommen. Da wird der "Volkscomputer" bemüht und der "Mikro-Main-Frame" beschworen.

Nachdem der erste Ansturm der Hobbyisten vorbei ist, werden erhebliche Bemühungen in die Erschließung des kommerziellen Erstanwender-Marktes gesteckt. Zielvorstellung: Für Freiberufler, Lehrer und Kleinunternehmer soll die computerlose Zeit bald endgültig zu Ende gehen. Bei der Verwirklichung zeigt sich indessen sehr schnell, worin die eigentlichen Vertriebsschwierigkeiten liegen: im technischen Kundendienst und in der Beratungsqualität. Dagegen wird die Anwendungs-Software zu Unrecht zum Akzeptanzhemmer abgestempelt. Sie funktioniert - der Anwender nicht.

Honeywell Bull will das Ei des Kolumbus entdeckt haben: Verkauf über den Fachhandel, jahrzehntelange Mainframe-Felderfahrung als Rückendeckung. Mit dieser Marketing-Philosophie wurde in Hannover der kommerzielle Mikrocomputer "Ouestar/M" groß herausgestellt.

Erster Eindruck: Ein Kompaktsystem mit beeindruckenden Leistungsmerkmalen. So paradox das klingt: Gerade dieser Punkt könnte für "Questar" zum Stolperstein werden. Der Kommerz-Mikro greift nämlich die HB-Low-Ender, das betagte System 61 und den Level 6-Mini von unten an - zumal er mit Kaufpreisen von 15 000 bis 45 000 Mark Wesentlich billiger ist. So könnten die Universalrechner-Preise ins Rutschen kommen - eine Konsequenz. die Honeywell wohl kaum ins Konzept passen kann.

HB-Kenner deuten denn auch bereits an, daß der Billigmacher vom Vertrieb der Kölner nicht angenommen wird: Grauer Star durch Questar? Ein problematisches Produkt ist er für die deutsche Honeywell Bull-Organisation allemal. Für diese Annahme spricht auch, daß man nicht damit herausrücken will, welche Fachhändler bereits unter Vertrag stehen und wie viele Systeme bisher verkauft wurden. Dazu muß man wissen, daß der Kleine seit rund einem Jahr im HB-Katalog steht.

Fazit: Es wäre keine Überraschung, wenn Honeywell Bull demnächst den Lieferhahn zudreht. Verglüht Questar wie eine Sternschnuppe?