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Macromedia kündigt Flash MX an

04.03.2002
Die neue Flash-Version MX ist laut Macromedia kein schnödes Animations-Tool mehr, sondern - vor allem im Duett mit Coldfusion MX - eine eierlegende Web-Wollmilchsau für multimediale Sites.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die amerikanische Softwareschmiede Macromedia kündigt heute mit "Flash MX" die inzwischen sechste Version ihres Web-Autoren-Tools an. Glaubt man dem Hersteller, dann bringt das neue Release nicht nur einen Versions-, sondern gleich einen Generationssprung vom Werkzeug für schlanke Vektoranimationen hin zur Entwicklungsumgebung für multimediale und interaktive Anwendungen.

In der Tat bietet Flash MX eine Reihe interessanter Neuerungen. Zu den wichtigsten dürfte die Unterstützung von Streaming Video direkt im Flash Player gehören - vermutlich sehr zum Ärger der Konkurrenten Real Networks, Apple und Microsoft. Der Flash Player unterstützt den Sorenson Spark Codec; Flash-Entwickler können alle gängigen Formate (MPEG, AVI, DV, Quicktime) importieren und manipulieren - skalieren, drehen, neigen, maskieren, animieren sowie per Skript interaktiv gestalten.

Des weiteren kann der Flash-MX-Player JPEG-Grafiken und MP3-Audio zur Laufzeit nachladen, was kleinere Filme ermöglicht und nachträgliche Modifikationen ohne Neuerstellung erleichtert. Flash-Inhalte lassen sich nun mit benannten Ankern versehen, die (endlich) die Verwendung der Vor- und Zurück-Schaltflächen des Browsers gestatten. Grafisch orientiertere Entwickler erhalten eine Reihe neuer Werkzeuge ("Frei transformieren", pixelgenaue Ausrichtungssteuerung, erweiterter Farbmischer). Grundsätzlich wird die Erstellung von Anwendungen über vorgefertigte Module erleichtert, mit denen sich Komponenten wie Scrollleisten, Schaltflächen, Kontrollkästchen oder Text-, Listen-, Options- und Kombinationsfelder in einheitlichem Erscheinungsbild einfügen lassen.

Die Benutzeroberfläche bietet nun ausblendbare Bedienfelder und einen kontextsensitiven Eigenschaften-Inspektor, der jeweils die zum ausgewählten Objekt passenden Werkzeuge und Objekte enthält. Außerdem kann Flash MX nun mit vertikalem Text und Unicode umgehen und erleichtert so die Erstellung mehrsprachiger Inhalte. Die Software selbst ist mittlerweile in elf Sprachen erhältlich, neu hinzugekommen sind Koreanisch und Chinesisch.

Wohl am Interessantesten aber ist die Möglichkeit, XML-Strukturdaten (Extensible Markup Language) in Flash-Filme einzubinden. Damit lassen sich beispielsweise Bestellformulare, virtuelle Einkaufswagen, Kundenbefragungen oder Verfügbarkeitsangaben für Lagerbestände realisieren - dank ständiger XML-Verbindung sogar in Echtzeit.

Eine wichtige Rolle kommt in diesem Zusammenhang auch dem nächsten Release des Server-Pendants "Coldfusion" zu, das ebenfalls mit dem Appendix MX versehen wird, um die Integration beider Produkte zu betonen. Genaue Details zu dem bereits seit längerem unter dem Namen "Neo" gehandelten Produkt sind noch nicht bekannt. Macromedia hatte aber bereits früher angekündigt, das Coldfusion MX auf J2EE (Java 2 Enterprise Edition) basieren und die proprietäre Auszeichnungssprache CFML (Coldfusion Markup Language) in Java kompiliert. Die Software soll sich wahlweise mit Microsofts .Net oder Java-basierten Application Servern nutzen lassen. Zur Kommunikation mit Flash verwendet Coldfusion MX laut "Computerwire" ein eigenes Hochgeschwindigkeitsprotokoll; XML kommt für die Kommunikation mit "Legacy"-Backends wie CGI zum Einsatz. Einzelheiten zu Coldfusion MX will Macromedia heute in San Francisco einem kleinen Kreis

ausgewählter Journalisten enthüllen.

Forrester-Analyst Randy Souza sieht angesichts der Neuausrichtung von Flash einen möglichen Dreikampf um Internet-Softwareplattformen zwischen Macromedia sowie Microsoft (.Net) und Sun (Java) erwachsen. Rikki Kirzner, Research Director bei der IDC, ist begeistert von dem neuen Produkt. "Wenn Entwickler Flash MX in Web-Seiten integrieren, dann werden wir das sehen was die Killer-Anwendungen für das Web sein könnten", glaubt der Analyst. "Das ist wirklich cooles Zeug." Auch Kollege Steve Frankel, Software-Analyst bei Adams Harkness & Hill, zeigt sich beeindruckt. "Die große Vision ist eindrucksvoll", meint Frankel. "Ich finde es faszinierend, dass Flash vom reinen Eye Candy nun zu einer Anwendungsplattform wird." Größtes Problem von Flash MX ist aus Sicht von Chris McGregor, Betreiber der Experten-Site "Flazoom", die erneut veränderte Benutzerführung: "Das ist die vierte Version von Flash, die mit komplett neuem Interface daherkommt", klagt der Web-Entwickler.

"Das macht für mich die Lernkurve erst einmal wieder deutlich steiler. Entwickler müssen zunächst einmal wieder eine ganz neue Anwendung lernen."

Flash MX unterstützt Windows ab Version 98 sowie Mac OS und Mac OS X. Die Vollversion kostet knapp 600 Euro, ein Upgrade von der Vorversion ist für rund 240 Euro zu haben. Die US-Version soll im März erscheinen, zehn weitere Sprachversionen (darunter Deutsch) sollen "kurze Zeit später" folgen. Wie üblich bietet Macromedia auch kostenlose Testversionen der Software an. Der korrespondierende Player erscheint einer Zeitleiste auf der Site des Herstellers zufolge in zehn Tagen. (tc)