Zoff um Aufsichtsratsvorsitz

Machtkampf bei Infineon spitzt sich weiter zu

20.01.2010
Der Machtkampf bei dem Münchner Chip-Hersteller Infineon spitzt sich weiter zu.
Der "Campeon" (= Campus von Infineon) in Neubiberg bei München
Der "Campeon" (= Campus von Infineon) in Neubiberg bei München
Foto: Infineon

Am Dienstag schlug sich die Fondsgesellschaft der Deutsche Bank, DWS, auf die Seite von Investoren, die einen eigenen Kandidaten als Aufsichtsratsvorsitzenden durchsetzen wollen. "Wir haben große Sympathie für den Gegen- antrag", sagte DWS-Fondsmanager Henning Gebhardt der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch).

Der britische Finanzinvestor Hermes, hinter dem der Pensionsfonds der British Telecom steht, stellt sich gegen den früheren Siemens-Manager Klaus Wucherer, den der bisherige Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley als seinen Nachfolger installieren möchte. In einem Gegenantrag von Hermes zur Infineon-Hauptversammlung, der der SZ vorliegt, heißt es demnach: "Für einen wirklichen Neuanfang bei Infineon ist insbesondere auch eine Erneuerung an der Spitze des Aufsichtsrates nötig."

Willi Berchtold: In der IT-Branche bestens vernetzt

In der IT- und Softwarebranche ist Willi Berchtold bestens vernetzt. Jahrelang stand der 59-jährige Manager an der Spitze des Verbandes BITKOM, der die Interessen von mehr als 1300 Unternehmen vertritt.

In der Diskussion um die künftige Besetzung der Infineon-Aufsichtsratsspitze ist Berchtold jetzt als Gegenkandidat für den Favoriten des Managements, Klaus Wucherer, im Gespräch. Den Halbleiterkonzern kennt der gebürtige Singener noch aus seiner Zeit als Chef des Banknoten- und Chipkartenherstellers Giesecke & Devrient. Denn die Halbleiter für die Karten stammen von Infineon.

Den Grundstein für seine Karriere legte der studierte Betriebswirt und Wirtschaftsinformatiker, als er 1978 als Vertriebsassistent beim Computerriesen IBM in Stuttgart startete. 1990 ging er für IBM nach Paris, fünf Jahre später wurde Berchtold dann Geschäftsführer von IBM Deutschland.

Von Stuttgart zog es den Manager 1998 nach München. Als Chef von Giesecke & Devrient trieb er beispielsweise den Ausbau des Chipkartengeschäfts voran. Seit 2005 ist Berchtold Finanzvorstand des Autozulieferers ZF Friedrichshafen. Seine Verbindungen zur IT-Branche behielt Berchtold bei: Er ist nicht nur Aufsichtsratschef der Bundesdruckerei, sondern hat auch ein Mandat im Kontrollgremium der Software AG.

Ähnlich argumentiert auch die DWS. "Es ist gut, alte Zöpfe abzuschneiden", sagte Gebhardt. Wucherer, der dem Aufsichtsrat seit 1999 angehört, habe die Fehler der Vergangenheit mitzuverantworten. Infineon gehörte einst zum Siemens-Konzern, ehe die Firma im Jahr 2000 zu 35 Euro je Aktie an die Börse ging. Heute liegt der Kurs unter vier Euro, vor einem Jahr ging es Infineon so schlecht, dass sogar über Staatshilfen nachgedacht wurde. Hermes und die DWS kontrollieren jedoch zusammen weniger als fünf Prozent der Aktien. In Finanzkreisen heißt es dem Bericht zufolge, weitere Anteilseigner stünden auf Seiten der Kritiker.

Im vergangenen Jahr war der Aufsichtsrat von Infineon nur mit einer knappen Mehrheit von gut 50 Prozent der Stimmen entlastet worden. Viele institutionelle Investoren sind laut "SZ" heute noch unentschlossen, wen sie bei der Hauptversammlung am 11. Februar unterstützen sollen. (dpa/tc)