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Macht das Web 2.0 die User Groups überflüssig?

14.05.2008
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Mechanismen der Preisfindung offenlegen

Wenig Erfolg versprechen sich die User Group-Verantwortlichen hingegen von dem Versuch, direkten Einfluss auf die Firmenpolitik des Anbieters zu nehmen - beispielsweise auf das Thema Preisfindung: "Den Preis muss der Markt regulieren", klärt Saacke auf, "das ist wesentlich effizienter als die Intervention einer User Group." Der DOAG gehe es mehr darum, "Transparenz zu schaffen und dadurch Ungerechtigkeiten zu verhindern". Hier könne sie "gegen bestimmte Mechanismen Stellung beziehen". (Hierzu siehe auch: "SAP macht den ERP-Support teurer".)

Beim hochsensiblen Pricing-Thema suchen die Anwender durchaus Rat in ihrer User Group. Denn hier verbietet sich ein öffentlicher Austausch über das Internet schon deshalb, weil er die Vertrauensbasis zwischen Kunde und Anbieter erschüttern würde.

Gerade hier sieht Freudenberg-CIO Berger die Anwenderorganisationen in der Pflicht: "Mein persönlicher Eindruck ist, dass SAP bei der Preisgestaltung jeden Kunden einzeln wiegt. Das Ergebnis ist eine Mischung zwischen der offiziellen Preisliste und dem individuellen Discount. Bisweilen hat man den Eindruck, dass man beispielsweise beim Support quasi durch die Hintertür von 17 auf 20 Prozent angehoben wird, aber dafür keine Mehrleistung bekommt." Hier sollte sich die Anwendergruppe "schon deutlich artikulieren". (Siehe auch: "SAP macht den ERP-Support teurer".)

Michael Kollig, IS-Direktor bei der Danone Group.
Michael Kollig, IS-Direktor bei der Danone Group.
Foto: Jo Wendler

"Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass die Höhe der Preise über den Markt reguliert wird", meldet sich Danone-CIO Kollig zu Wort, "aber die Mechanismen, nach denen sie sich berechnet, sollten auch für kleinere Unternehmen durchschaubar sein." Als großer Kunde ist Danone sicher in einer besseren Verhandlungsposition als ein Mittelständler, und Kollig wird seine Softwarenutzungs- und -wartungskonditionen sicher in keiner User Group publik machen. "Aber wir hätten sicher keine Probleme, die Mechanismen zu diskutieren, denen die Preisfindung gehorcht", beteuert er.

"Die Preisgestaltung im Mainframe-Markt hängt auch - und zwar massiv - davon ab, wie geschickt die Einkäufer des Kunden verhandeln", stellt Weiß klar. "Der Mehrwert, den die GSE beisteuern kann, besteht darin, dass die Kunden nicht mehr ganz so dumm in die Verhandlungen hineingehen, denn sie können sich vorher bei Kollegen informieren, worauf sie achten sollten, und eventuell auch, was denn ungefähr so zu zahlen ist." Zudem habe der Kunde die Möglichkeit, im Rahmen der GSE-Veranstaltungen direkt an die Key-Verantwortlichen der IBM heranzugehen.

Das sagen die CIO-Circle-Mitglieder

Anonyme Statements - eingeholt von Martin Urban, CIO der Berliner Stadtreinigungsbetriebe

Der CIO Circle begreift sich nicht als Interessenvertretung der Anwender, sondern als ein Arbeitskreis, der sich für die Belange der Berufsgruppe CIO einsetzt. Trotzdem - oder gerade deshalb - arbeiten viele der dort aktiven IT-Chefs auch in den großen User Groups mit. Das CIO-Circle-Mitglied Martin Urban (siehe beispielsweise "Diese Skills helfen Ihnen weiter"), im Hauptberuf IT-Verantwortlicher der Berliner Stadtreinigungsbetriebe, hat für die COMPUTERWOCHE ein paar Einschätzungen seiner Standeskollegen gesammelt:

  • "Persönliche Kontakte machen manches möglich - auch ein besseres Verständnis für die Situation der Lieferanten."

  • "Wir sind das Volk? - Diese gesammelte Meinung der in der DSAG versammelten Anwender wird durch den Outcome leider nicht vermittelt."

  • "Die Rolle, ein Gegengewicht zu reinen Lieferanteninteressen zu bilden, können User Groups nur selten gut wahrnehmen."

  • "Wenn ich beispielsweise bei der SAP etwas bewegen will, engagiere ich mich dort direkt. Die Wege einer DSAG sind mir da zu langwierig."

  • "User Groups wie die DOAG bieten gute Gelegenheit für fachliches Networking. Die konkrete Einflussnahme auf die Produktstratgie von Oracle ist hingegen eher enttäuschend."

  • "Der Schwanz wird den Hund nicht zum Wackeln bringen - vor allem, wenn ich von den Größenverhältnissen her nur ein Floh in Schwanz des Hundes bin."

  • "Es ist wichtig, dass die Größe passt. Als Mittelständler dränge ich mich nicht in eine User Group von SAP oder Oracle."

  • "Die Arbeitsgruppen erstellen eine Top-Ten-Liste der Anforderungen und präsentieren sie dem Entwicklungschef, der sich im Jahr darauf verantworten muss. Das hat das Produkt vorangebracht."

  • "Bei uns wird aus dem Topf der Wartungsgebühren ein Budget ausgeschüttet, über das unser Anwenderkreis selbst Verbesserungen beauftragen kann."

  • "Ich möchte an dieser Stelle auf einige positive Erfahrungen im Open-Source-Umfeld verweisen. Hier kann man mit persönlichen Beiträgen tatsächlich etwas bewirken."

  • "Teilweise laufen User Group-Treffen doch relativ stark darauf hinaus, sich selbst beziehungsweise das Produkt zu feiern. Für Notes beispielsweise hatte ich diesen Eindruck."

  • "Ich habe große Zweifel an der Effizienz der Arbeit in User Groups. Ich nutze lieber andere Netzwerke."