Wer delegiert, motiviert
Entscheider sollten das Übertragen von Aufgaben als eine Art Coaching betrachten, meint Beraterin Stauch. "Erst am Übernehmen von Verantwortung kann ein Mitarbeiter wachsen", sagt Stauch. Umgekehrt drückt man seinem Team die Luft ab, wenn man ihm kein Vertrauen schenkt. "In der IT sitzen absolute Experten, die mitgestalten wollen. Je besser ich Aufgaben delegiere, desto zufriedener sind die IT-Mitarbeiter", sagt CIO Bernhard.
Der IT-Leiter der TUI weiß, dass Delegieren ab und an recht mühsam sein kann. "Weil es mehr Zeit braucht, die Mitarbeiter zur Selbstständigkeit zu bringen, gerät man leicht in dieses Hamsterrad der IT, alles kurzfristig selbst zu entscheiden", sagt CIO Bernhard. Schon ist eine Führungskraft der Überlastung nahe. "Mittelfristig kommt man mit gutem Delegieren aus dem Hamsterrad aber wieder raus", sagt Bernhard. Das ist auch absolut notwendig: "Das Ziel einer jeden IT-Führungskraft muss es sein, dass die Organisation quasi Entscheidungen trifft, und zwar dort, wo das Fachwissen sitzt", sagt CIO Bernhard. "Eigentlich muss man sich als IT-Leiter ein wenig überflüssig machen." Schafft es eine IT-Führungskraft nicht, Aufgaben erfolgreich weiterzugeben, landet zu viel auf dem eigenen Schreibtisch. "Das muss ein Alarmsignal sein", sagt CIO Bernhard.
Wenn es schief läuft
Es gibt wohl kaum jemandem, dem nicht schon einmal die Zeit oder das Budget bei einem Projekt außer Kontrolle geraten sind. Das passiert auch, wenn Aufgaben delegiert werden. "Wenn ich sehe, dass etwas aus dem Ruder zu laufen droht, spreche ich die Verantwortlichen direkt darauf an", sagt GUS-Chef Bingler. "Aber man muss auch die Balance finden zwischen Eingreifen und Luft lassen", fügt er hinzu. "Delegieren ist eine stetige Gratwanderung."
Entscheider müssen damit rechnen, dass nicht alles immer glatt geht: "Ich als IT-Leiter muss mir überlegen, wie ich meine Mitarbeiter dahin bringe, selbst zu entscheiden. Ein Kind lernt auch nicht Laufen, wenn ich es nur auf dem Arm trage", sagt CIO Bernhard. "Lernen heißt selber laufen.Auch wenn man dabei manchmal hinfällt." Nach Fehlern zeigen sich die Qualitäten eines guten Chefs, der die Verantwortung übernimmt. Das Team für das Scheitern verantwortlich zu machen? "Das ist falsch. Ich darf mich als Vorgesetzter niemals aus der Verantwortung ziehen", sagt GUS-Chef Bingler.
Delegate and disappear
Einen besorgniserregenden Trend macht Bingler in den letzten Jahren aus: "Immer mehr Führungskräfte delegieren Aufgaben nur noch per Email und koppeln sich dabei von ihrem Team ab", sagt Bingler. "Ich empfinde das als sehr grenzwertig, per E-Mail-Weiterleitung bei seinen Mitarbeitern abzuladen und sich dann nicht mehr weiter darum zu kümmern." Daher kommt auch der englische Ausdruck "Delegate and Disappear", der zu zweifelhaftem Ruhm gekommen ist. Einfachere Aufgaben können ohne Weiteres per E-Mail delegiert werden. Ein paar kurze Sätze an langjährige und eingespielte Mitarbeiter sind kein Problem. "Aber sich nicht ausreichend um sein Team zu kümmern, das ist absolut unprofessionell", sagt Bingler.
Der GUS-Chef setzt lieber auf Gespräche, persönlich oder per Videokonferenz: "Wenn ich im Gespräch sehe, dass der Mitarbeiter zuckt, kann ich darauf sofort reagieren", erläutert Bingler, und setzt hinzu: "Was geschrieben ist, ist geschrieben. Das kann man nicht mehr so einfach abmildern", sagt Bingler. Gerade im Delegieren kann eine unbedachte E-Mail risikoreich sein. Per E-Mail kann ein Chef nicht sicher sein, dass sein Mitarbeiter auch genau weiß, was er tun soll, oder spontane Fragen klären. Selbst bei langjährigen Kollegen besteht Bingler darauf: "Ab und zu muss man sich persönlich sehen", sagt er.
- 6 Social-Media-Skills für Chefs
Social Media stellen Informations- und Kommunikations-Hierarchien in Frage. McKinsey gibt Tipps, wie erfolgreiche Führung vor diesem Hintergrund gelingt. - 1. Der Manager als Produzent:
Ansprechende Inhalte von Videos über authentische Kommentare sind das Lebenselixier von Social Media. Führungskräfte brauchen deshalb wie ein Filmregisseur die kreative Fähigkeit, gute Storys zu liefern. Auch die technischen Fertigkeiten wie das Erstellen und Bearbeiten von Videos seien vorteilhaft, um in Echtzeit auf persönlicher Ebene kommunizieren zu können. - 2. Der Manager als Verteiler:
Soziale Kommunikation verläuft nicht mehr entlang hierarchischer Linien, Botschaften entwickeln schnell ein unkontrollierbares Eigenleben. „Verteilungskompetenz – die Fähigkeit, den Weg von Botschaften durch komplexe Organisationen zu beeinflussen – wird genauso wichtig wie die Fähigkeit, attraktive Inhalte zu schaffen“, so Deiser und Newton. Ebenso entscheidend sei es, eine Gruppe von Followern zu haben, die beim Verbreiten und Durchsetzen helfen. - 3. Der Manager als Rezipient:
Laut Deiser und Newton reicht es nicht mehr wie bisher, Informationen für sich alleine zu verarbeiten. Blitzschnell müsse etwa entschieden werden, welche Beiträge beantwortet und welche Informationen geteilt werden. - 4. Der Manager als Berater und Dirigent:
„Um das Potenzial von Social Media zu nähren, müssen Leader eine proaktive Rolle dabei spielen, die mediale Bildung ihrer unmittelbaren Mitarbeiter und Stakeholder zu schulen“, schreiben Deiser und Newton weiter. Um den Gebrauch von Social Media-Tools zu verbreitern und eine Kultur des Lernens und Reflektierens zu schaffen, benötige es einen Manager als Ratgeber in diesen Prozessen. - 5. Der Manager als Architekt:
Eine weitere Aufgabe ist die Gestaltung einer organisatorischen Infrastruktur, die die Social-Media-Nutzung ermöglicht. Deiser und Newton betonen, dass neben einem möglichst freien Kommunikationsfluss auch Kontrollen und Risikomanagement zu berücksichtigen seien. „Das ist eine echte Herausforderung für das organisatorische Design“, so die Autoren. - 6. Der Manager als Analyst:
Unbedingt nötig ist es schließlich, bei neuen Trends und Innovationen vorne dran zu sein. Nach Einschätzung der Autoren gilt das nicht nur für die Auswirkungen auf Markt und Wettbewerb, sondern auch für die Relevanz bezüglich der Kommunikationstechnologien, die ein agiles Unternehmen braucht. „Verantwortliche, die schwache Signale beobachten und mit neuen Technologien und Geräten experimentieren, werden schneller handeln und die Vorteile für Früheinsteiger mitnehmen können“, so Deiser und Newton.
Projekt vorbei - und jetzt?
Das Verteilen von Aufgaben ist nie vorbei, nur ein Projekt endet. Das ist einer der kritischsten Momente für eine Führungskraft, die jetzt guten Stil beweisen kann. "War das Projekt erfolgreich, stellt ein guter Leader das Team in den Vordergrund", sagt Beraterin Stauch. Auch das gehört zum Delegieren. "Läuft es schief, muss er dazu bereit sein, die volle Verantwortung zu übernehmen", sagt Stauch. Nur so kann ein Chef sein Team weiterhin motivieren, gute Leistungen zu erbringen.
Wer partout nicht delegieren kann, sollte sich überlegen, ob er noch weiter an seiner Karriere basteln sollte. Coach Stauch rät dringend dazu, denn: "Wer nicht delegiert, der zieht sich keinen Nachfolger heran. Wer keinen Nachfolger hat, wird nicht befördert." Nur wer sich überflüssig macht, kann aufsteigen.