Mobile Computing/Kundendaten sollen sich ohne Medienbrüche verarbeiten lassen

LVM hat Außendienst komplett eingebunden

27.06.2003
Die LVM-Versicherung verabschiedet sich im Außendienst von ihrer 20 Jahre alten IT und baut ein neues, unternehmensweites Informations- und Kommunikationssystem auf. Damit wollen die IT-Verantwortlichen die externen Mitarbeiter effizienter integrieren und interne Geschäftsabläufe verbessern. So liegen künftig alle Daten zentral in einem Rechenzentrum in Münster vor. Agenturen, Außendienstler und Telearbeiter greifen über ATM (Asynchronous Transfer Mode) oder mobil über GPRS (General Packet Radio Service) auf Daten und Anwendungen zu. Von Ralph Braun*

Die LVM betreut ihre Kunden bundesweit über rund 2100 selbständige Versicherungsagenturen, die ausschließlich Produkte und Dienstleistungen der Unternehmensgruppe vertreiben, sowie 240 angestellte Außendienstler. Die Kundeninformationen lagen bisher redundant sowohl in den Agenturen als auch in der Zentrale in Münster vor. Ohne direkten Zugriff auf die Bestandsdaten standen sie damit beim Kundenbesuch häufig nicht oder nur in einer nicht aktuellen Version zur Verfügung. Zudem schränkte diese Struktur die Flexibilität der Versicherungsgruppe ein. Denn es war aufwändig, neue Tarifmodelle und Produkte in kurzer Zeit flächig zu verteilen.

Die LVM-Verantwortlichen beschlossen daher vor fünf Jahren, die Agenturen und Telearbeiter online an alle notwendigen Anwendungen anzuschließen, um den Kundenservice zu verbessern. Da zu diesem Zeitpunkt die bis dahin im Außendienst genutzte Hardwareplattform nicht mehr durch den Hersteller unterstützt wurde und auch ein neues Außendienstsystem implementiert werden sollte, setzte der Versicherer auf ein neues Konzept. Die Mitarbeiter des Außendienstes sollten jederzeit von unterwegs auf alle erforderlichen Anwendungen und Informationen zugreifen können.

Rezentralisierung heißt seitdem das Motto der IT-Verantwortlichen der LVM. Im Rechenzentrum der LVM laufen nun bundesweit alle Daten zusammen, werden dort verarbeitet und stehen in Echtzeit allen Berechtigten wieder zur Verfügung. Dafür erhielten die Vertrauensleute in den Agenturen sowie die Telearbeiter ein Notebook als Thin Client, einen breitbandigen ATM-Anschluss (Asynchronous Transfer Mode) und ein GPRS-Handy für den mobilen Zugriff. Der auf ein Minimum abgespeckte Mobilrechner kommt mit einer Minimalkonfiguration aus, da es weder ressourcenfressende Software noch voluminöse Daten auf dem Client gibt: Eine Java-Applikation reicht aus. Fährt der Agent das System hoch, wählt sich der Rechner auch unterwegs automatisch ins Rechenzentrum ein. Dort stellen die Server alle Anwendungen und benötigten Daten in Echtzeit zur Verfügung. Im Herbst soll das Projekt abgeschlossen werden. Dann sind alle Kundenbetreuer und Mitarbeiter, wann immer gewünscht, mit ihrem Thin Client online.

Die Mitarbeiter können dann beim Kunden alle Schritte bis zur Antragsaufnahme, später auch bis zum Vertragsabschluss, erledigen. Dafür fahren sie ihre Clients beim Kunden hoch und gehen über das Handy und GPRS in das Zentralsystem. Alle Transaktionen laufen dann über eine sichere VPN-Verbindung online ab. So berechnet das System beispielsweise direkt ein Angebot für eine neue Police, gibt eine Deckungszusage, und der Vertrauensmann druckt direkt vor Ort den Antrag aus.

Der gesamte Prozess funktioniert damit ohne Medienbrüche. Zudem stehen die neuen Daten auch anderen Servicemitarbeitern direkt und zeitgleich zur Verfügung, zum Beispiel in einem Call-Center. Hat ein Kunde unmittelbar nach Abschluss eines Vertrages noch Fragen, erreicht aber den Agenten nicht mehr direkt, nutzt der LVM-Berater im Call-Center schon die aktuellen Daten.

Kosten eingespart

Sowohl die Datenverbindung über das ATM-Netz als auch der mobile Verkehr über das VPN sind gegen Angriffe gesichert. Dazu werden alle Daten automatisch verschlüsselt. Zusätzlich müssen sich die Nutzer gegenüber dem System authentifizieren und können nur auf für sie autorisierte geschlossene Nutzergruppen zugreifen. Auch für den Systemausfall ist vorgesorgt. Alle Systeme und Netzzugänge sind gespiegelt.

Die laufenden IT-Kosten für die Lösung liegen gegenüber Client-Server-Lösungen eher niedriger als höher. Dies ließ sich bereits zu Projektbeginn in Modellbetrachtungen belegen. So verringern sich auf der einen Seite die Kosten für Hard- und Software, denn die LVM macht sich auf Client-Seite unabhängig von Lizenzen und dem Zwang, in kurzen Abständen Rechner aufrüsten oder gar auswechseln zu müssen. Auf der anderen Seite entstehen höhere Netzkosten. Bei den Geschäftsabläufen lassen sich allerdings Kosten einsparen. Hier arbeiten Innen- und Außendienst Hand in Hand, so dass einzelne Prozessschritte entfallen beziehungsweise rascher ablaufen.

Das System arbeitet unabhängig vom Endgerät. Daher kann die LVM künftig auch andere mobile Hardware wie PDAs anschließen. Mit der Einführung des neuen Mobilfunkstandards UMTS stehen später auch größere Bandbreiten für die Übertragung von Videodateien bereit. Der Agent kann dann zu Kundengesprächen beispielsweise speziell geschulte Experten in der LVM-Zentrale per Videokonferenz dazuschalten. So lassen sich schwierige Schadensfälle oder Baufinanzierungen direkt vor Ort klären. (ba)

*Ralph Braun leitete für T-Systems das Projekt bei der LVM in Münster.

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Im Rahmen eines Rezentralisierungsprojektes beschlossen die IT-Verantwortlichen der LVM-Versicherung, die Anbindung der mobilen Mitarbeiter neu zu organisieren. Über ein Notebook als Client mit der dazugehörigen Java-Applikation und eine GPRS-Verbindung klinken sich die Anwender in das Rechenzentrum ein. Damit soll sicher gestellt werden, dass Agenturen und Außendienstmitarbeiter immer auf die aktuellsten Daten zurückgreifen können.

LVM-Projekt kompakt

Die Lösung für das Verbinden der LVM-Zentrale mit den Außenstandorten haben LVM, T-Systems, T-Mobile Deutschland und Datus gemeinsam entwickelt. Die breitbandigen Telekommunikations-Verbindungen laufen über das Multimedianetz der Telekom T-ATM (ATM = Asynchronous Transfer Mode). Dafür wird das lokale Netz der Zentrale praktisch als Corporate Network (CN) über T-ATM zu Agenturen und Telearbeitsplätzen verlängert. Für die schnelle Informationsabfrage unterwegs - beispielsweise beim Kundenbesuch - sorgt ein mobiles IP VPN von T-Mobile. Der Zugang zum Firmennetz erfolgt per Laptop über GPRS. Mit Mobile IP VPN bleiben die übertragenen Daten im privaten Unternehmensnetz, unabhängig vom Internet. Neben der Datenkommunikation läuft auch der Sprachverkehr bei LVM künftig über das T-ATM-Netz. So lassen sich auch alle Telefonanschlüsse in das Firmennetz einbinden. Mitarbeiter mit einem Telearbeitsplatz sind für Kunden unter der gewohnten Durchwahl erreichbar - unabhängig davon, ob sie gerade in der LVM-Zentrale oder zu Hause arbeiten.

Abb: Mobile Lösung der LVM-Versicherungen

Der ATM-Anschluss, der rund 3000 Standorte verbindet, basiert auf 2-Mbit/s-Leitungen, die im Rechenzentrum Münster zusammenlaufen. Switch Virtual Connections sorgen dafür, dass das Netz nur mit der tatsächlich benötigten Bandbreite belastet wird. Quelle: LVM Versicherungen