Lust und Frust beim E-Learning

06.12.2001
Von Gabriele Müller
BONN (CW) - Auf dem IT-Trainingskongress diskutierten Experten in der ehemaligen Bundeshauptstadt über neue Weiterbildungskonzepte. 500 Teilnehmer tauschten sich mit Referenten aus allen Wirtschaftsbereichen über Erfolge und Enttäuschungen beim E-Learning aus.

Auch wenn die IT-Branche in der Krise steckt - die Weiterbildung scheint davon nicht betroffen zu sein. Mehr Teilnehmer als je zuvor waren zum siebten IT-Trainingskongress gekommen, um sich in vier Themenreihen und Vorträgen zu informieren und Erfahrungen zum Thema Lernen und Wissen auszutauschen. Stärker als früher standen in diesem Jahr die großen Anwender als Pioniere des E-Learnings im Vordergrund. Firmen wie Siemens Business Services, Allianz, Deutsche Bahn AG, SAP oder RWE Systems AG berichteten über ihre Erfahrungen.

Den Mittelstand hatte dagegen die Dekra-Akademie mit ihrer Studie „Klug durch E-Learning“ ins Visier genommen, die sie auf dem Kongress vorab präsentierte. 51 Personalverantwortliche und 214 Anwender aus der Dienstleistungsbranche, darunter Geldinstitute, Versicherungen und Unternehmensberatungen, äußerten ihre Erwartungen und Einstellungen zu elektronischem Lernen.

Die Ergebnisse der im Januar 2002 offiziell erscheinenden Studie überraschten. Zwar ist das Interesse, künftig auf Weiterbildung per Mausklick zu setzen, grundsätzlich groß – mit der Umsetzung wollen sich die meisten befragten Firmen jedoch bis zu drei Jahren Zeit lassen. Darüber hinaus klaffen die Erwartungen der Personalverantwortlichen und ihrer Mitarbeiter an diese neue Lernform zum Teil deutlich auseinander. „48 Prozent der Entscheider sehen beim Lernen als oberstes Ziel den Erwerb von Wissen an“, erklärte Klaus-Peter Schmitz von der Dekra-Akademie. Bei 62 Prozent der Nutzer steht dagegen der Wunsch ganz oben auf der Liste, Gelerntes gleich in der betrieblichen Praxis anwenden zu können. Sie lehnen Pauken zum reinen Wissenserwerb ab. 26 Prozent der befragten Mitarbeiter gaben außerdem an, dass die Verbreitung von Informationen der wichtigste Vorteil des betrieblichen Lernens sei.

Nach den Gründen für den Einsatz von E-Learning im Unternehmen gefragt, geben Entscheider eine klare Antwort. 33 Prozent erhoffen sich in erster Linie Kosteneinsparungen. 21 Prozent sehen auch geringere Reisezeiten als wichtiges Kriterium an. Dass das E-Learning klassische Seminare überflüssig macht, glauben allerdings nur zwölf Prozent. Davon scheinen auch die Nutzer überzeugt zu sein. „62 Prozent bevorzugen beim Lernen noch immer die klassische Methode der Erklärung durch einen Trainer oder Lehrer, 27 Prozent das Ausprobieren, sieben Prozent das Lesen“, so Schmitz.

Nur vier Prozent der betroffenen Mitarbeiter können sich für einen Methodenmix erwärmen – ganz anders die Personalverantwortlichen: 19 Prozent der Befragten begeistern sich dafür, klassisches und neues Lernen miteinander zu verbinden. Bleibt E-Learning ein Lippenbekenntnis zur neuen Lernkultur, dessen Umsetzung am Widerstand der Anwender scheitert?