Firmenchef Peter Franke: "Verkauf steht nicht zur Debatte"

Lufthansa Systems wächst um zehn Prozent

16.04.2004
FRANKFURT/M. (jm) - Im Geschäftsjahr 2003 konnte die Lufthansa Systems (LS) einen zehnprozentigen Umsatzanstieg auf 610,7 Millionen Euro verzeichnen. Das Betriebsergebnis von 46,8 Millionen Euro stieg um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nicht nur aufgrund dieser guten Zahlen verneinte Peter Franke, Vorsitzender der Geschäftsführung der Lufthansa-IT-Tochter, Verkaufsabsichten der Muttergesellschaft Lufthansa.

Lufthansa Systems führt das aus ihrer Sicht erfreuliche Jahr auf verschiedene Faktoren zurück: Zum einen, so Franke gegenüber der COMPUTERWOCHE, habe sein Unternehmen 2003 verschiedene große Projekte gewinnen können. So übertrug der Reiseveranstalter Thomas Cook AG zahlreiche Infrastrukturleistungen wie Desktop-Services, Rechner- und Netzadministration und den Betrieb von Telefonsystemen sowie die Internet-Anbindung an den IT-Dienstleister.

Die Lufthansa Systems übernahm außerdem den Betrieb und die Betreuung der DV-Systeme der Deka Bank GmbH. Insgesamt stiegen die Umsatzerlöse mit Kunden außerhalb des Lufthansa-Konzerns gegenüber dem Vorjahr um mehr als 20 Prozent. Ein Wachstum, das in dieser Größenordnung auch in den vergangenen Jahren gelang und das Franke Anlass zu der Hoffnung gibt, sein Unternehmen könne mittelfristig das Verhältnis zwischen aushäusigen Kundenaufträgen und Arbeiten innerhalb des Lufthansa-Konzerns ausgeglichen gestalten. Franke sagte, Lufthansa Systems betreue etwa 100 Kunden aus der Aviation-Branche mit IT-Dienstleistungen, außerhalb des Fluglinienbereichs etwa 80.

Außerdem, so Franke, habe man die hauseigene Branchenlösung "Multihost" im abgelaufenen Jahr weiter modularisieren können. Multihost ist eine auf die Belange der Aviation-Branche zugeschnittene Lösung zur Automatisierung der Kernprozesse Verkauf, Ticketing und Passagierabfertigung sowie zur Integration dieser unterschiedlichen Abläufe. Wegen dieser Granularisierung konnte Lufthansa Systems an die Bedürfnisse von Kunden angepasste Multihost-Lösungen an verschiedene Airline-Unternehmen vertreiben. Gerade habe man beispielsweise die Testphase mit einem kleinen tschechischen Regionalanbieter abgeschlossen, der Ende April an den Start gehe. Weitere Outsourcing-Deals konnte die LS 2003 mit der koreanischen Asiana Airlines, dem US-amerikanischen Billigflieger Jet Blue sowie mit der neu gegründeten arabischen Linie Etihad abschließen.

Keine Veräußerung in Sicht

Zu Gerüchten, wie sie unter anderem auch im "Manager Magazin" gehandelt wurden, Lufthansa Systems sei ein Kandidat für einen Verkauf, äußerte sich Franke eindeutig: "Ich kann sagen, dass es keinerlei Überlegungen in diese Richtung im Konzern der Lufthansa gibt."

Das Unternehmen sei als Aviation-Konzern aufgestellt, der auch IT-Dienstleistungen anbiete. Der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Mayrhuber habe zwar in der Tat kürzlich erklärt, man werde sich auf das Kerngeschäft konzentrieren und sich von "Aktivitäten trennen, die nicht in das Kerngeschäft der Lufthansa-Geschäftsfelder passen". Aber bei Lufthansa gehöre die IT eben zum Kerngeschäft, erklärte Franke. Als Begründung sagte er, die LS sei in zwei Richtungen aufgestellt: zum einen konzentriere man sich im Hauptgeschäft auf die Themen Airline- und Airport-Betrieb. Allein in diesen Segmenten habe die LS ein so gerütteltes Maß an Know-how aufgebaut, dass bei Verkaufsüberlegungen auch die Frage zu beantworten sei, ob aus strategischen Gründen eine Veräußerung Sinn ergebe und man nicht sogar dieses Wissen im Konzern weiter ausbauen müsse.

Zum anderen mache die LS seit ihrer Ausgründung 1995 aus dem Lufthansa-Konzern mit technischer Infrastruktur "quer durch verschiedene Branchen" gute Geschäfte. Dies zeigten etwa die IT-Tätigkeiten für Continental, Goldwell, die Commerzbank, Thomas Cook, Deka Bank etc..

Spekulation auf Geschäftsprozess-Auslagerung

Als Beispiel für die Kompetenz der Lufthansa-Systems-Truppe führt Franke das weltumspannende IT-Netzwerk "Starnet" an. Lufthansa Systems wurde im Jahr 2000 mit der Entwicklung dieses Systems beauftragt. Über Starnet besitzt jede Fluggesellschaft, die im Star-Alliance-Verbund kooperiert, in Echtzeit Zugriff auf die Flugplandaten der Partner. Darüber hinaus verbindet das Starnet-System die Datenbestände der einzelnen Vielfliegerprogramme. Kunden, die eines dieser Angebote nutzen, erhalten so bei jeder Verbund-Airline den gleichen Service wie bei ihrem eigenen Programmanbieter. Nicht übertrieben bescheiden sagt Franke, Starnet gehöre "zu den ambitioniertesten IT-Projekten in der Geschichte der Flugindustrie". Starnet verbindet die verschiedenen IT-Netzwerke der Allianzpartner miteinander und sorgt über einheitliche Formate für den reibungslosen Datenaustausch. Als "Dolmetscher" zwischen den Systemen fungiert eine Middleware, die die LS-Technologiepartner Bea Systems und Eland entwickelt und implementiert haben.

Beim Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr 2004 setzt Lufthansa Systems die Schwerpunkte der geschäftlichen Aktivitäten auf den weiteren Ausbau des Application-Service-Providing (ASP) und auf die zunehmende Tendenz zur Auslagerung von Geschäftsprozessen. Insbesondere beim BPO erwartet Franke ein "überdurchschnittliches Wachstum". Außerdem werde sich das Geschäft mit konzernexternen Kunden weiter vergrößern. Momentan befinde man sich mit mehreren Neukunden sowohl im amerikanischen wie auch im asiatischen Bereich vor dem Vertragsabschluss. Auch in diesem Geschäftsjahr erwartet Franke ein neuerliches Umsatzwachstum der Lufthansa Systems von rund zehn Prozent.

Abb: Lufthansa Systems: Das Geschäftsjahr 2003

Das Geschäft mit Kunden außerhalb des Lufthansa-Konzerns entwickelt sich nach offiziellen Stellungnahmen seit Jahren erfreulich. Peter Franke, Chef von Lufthansa Systems, hofft, mittelfristig 50 Prozent des Geschäfts mit Kunden außerhalb des Aviation-Konzerns zu erwirtschaften. Quelle: Lufthansa