Evolution ja, Revolution nein

LTE – die Zukunft des Mobilfunks?

12.11.2009
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

Die mobile Revolution kommt später

Die wahre Revolution findet wahrscheinlich erst später statt, wenn es um die LTE-Nutzung in Ballungsgebieten geht. Branchenkenner gehen davon aus, dass im Bereich von 2,1 oder 2,6 Gigahertz theoretisch 50 bis 100 Mbit/s Bandbreite je Teilnehmer bereitstehen - vorausgesetzt, der Netzbetreiber kann entsprechend leistungsfähige Glasfaserleitungen bis zur Basisstation legen. Auch in Sachen Latenzzeit dürfte sich eher das Backbone als die Luftschnittstelle als Flaschenhals erweisen.

Die LTE-Technik wird jedoch nicht nur aus diesen Gründen ihr volles Potenzial erst in einigen Jahren ausspielen können. So ist die Technik zwar dafür prädestiniert, im Rahmen von All-IP-Netzen die komplette Sprach- und Datenübertragung zu übernehmen. Gegen eine baldige Abschaltung sämtlicher 2- und 3G-Netze spricht jedoch zumindest zu Anfang die mangelnde räumliche Abdeckung mit LTE. Außerdem haben die Mobilfunkbetreiber noch Angst davor, mit dem Abschalten der GSM-Netze ihre Hauptumsatzbringer Voice und SMS zu verlieren. Immerhin arbeitet das Volga-Forum (Voice over LTE via Generic Access) an einer Möglichkeit, wie Mobilfunk-Carrier für die Übermittlung von Sprach- und Messaging-Diensten via LTE die gleichen Kernnetze weiterverwenden können, die sie aktuell für die Services in 2G/GSM- und 3G/UMTS-Netzen nutzen.

LTE ist die nächste Evolutionsstufe im Mobilfunk, aber wohl noch nicht die Krone der Schöpfung. Auf die 3,9G-Technik wird LTE-Advanced folgen, dann beginnt der Mobilfunk der vierten Generation. Datenraten von 1 Gbit/s sind dann realistisch. Welche Anwendungsszenarien möglich werden, wissen aber wohl auch die Forscher in den Labors der TK-Ausrüster noch nicht.

Die wichtigsten LTE-Zutaten

Verantwortlich für die hohe Effizienz von LTE als Funktechnik sind in erster Linie die Modulationsverfahren OFDM (Orthogonal Frequency Division Multiplex) sowie die Antennentechnik MIMO (Multiple Input, Multiple Output).

OFDM teilt die Informationen in mehrere Teildatenströme mit niedriger Datenrate auf, die später dann addiert werden (Quadraturamplitudenmodulation = QAM). Dieser Umstand macht OFDM zu einer sehr robusten Modulation speziell für Multipath-Szenarien etwa in städtischen Gebieten.

Die unter anderem auch für 802.11n verwendete MIMO-Technik erzeugt mehrere räumliche Pfade in der Luftschnittstelle zwischen Netz und Teilnehmer. Diese können entweder die gleichen oder unterschiedliche Informationen befördern - je nachdem, ob Reichweite oder Bandbreite verbessert werden soll.

Durch die Kombination von OFDM und MIMO kann das bereitgestellte Spektrum zwei- bis fünfmal so effizient genutzt werden wie in fortschrittlichen 3G-Netzen, wodurch sich die Kosten pro Bit reduzieren und eine höhere Wirtschaftlichkeit für Netzbetreiber (und indirekt auch Endanwender) erzielt wird.

Zusätzlich bringt LTE mit System Architecture Evolution (SAE) auch eine Weiterentwicklung des Core-Netzes hin zu einer flachen, rein paket- und IP-basierenden Architektur. Das Netz besteht dabei nur aus zwei Node-Typen, der Basisstation (eNodeB = evolved NodeB) und dem Access Gateway (AGW). Dieser Aufbau reduziert nicht nur die Latenzzeit des Netzes und ermöglicht Echtzeit-Anwendungen wie VoIP oder interaktive Online-Spiele. Die Betriebskosten sinken, da weniger Netzknoten installiert und verwaltet werden müssen.