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Lotusphere: Domino-Anwender sind sauer

01.02.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Zuerst hörte sie sich ja ganz gut an, die Ankündigung von IBMs Lotus Software Group, Domino mittelfristig in einen Satz von Collaboration-Komponenten auf Basis von Java 2 Enterprise Edition (J2EE) umzubauen (Computerwoche online berichtete). Inzwischen macht sich aber zunehmend Ärger breit, nachdem bekannt wurde, um welchen Preis: Die in den bisherigen Betas von Domino 6 noch enthaltene JSP-Engine "Garnet", an der Lotus seit über einem Jahr werkelt, wird zugunsten von Big Blues "Websphere" gestrichen.

"Es steht außer Frage, dass IBM langfristig Domino als Druckmittel einsetzen wird, um mehr Infrastruktur-Komponenten wie Websphere, DB2 und Tivoli zu verkaufen", urteilt Meta-Group-Analyst Matt Cain. "Das werden stürmische Zeiten für IBM und Lotus, wenn sie erklären was Domino wirklich ist." Für viele Anwender haben diese Zeiten bereits begonnen. "Es war erfreulich, dass Lotus Web-Standards für die Anwendungsentwicklung in Domino einbauen wollte - aber jetzt heißt es plötzlich: Vergesst es", klagt beispielsweise Edward Rabinovich, Associate Director of Planning and Architecture bei Ernst and Young. "Domino wird zu einem Set von Klassen, die man aus Websphere ausruft. Das bedeutet höhere Kosten, mehr Training und höheren Infrastrukturaufwand."

In den Diskussionsforen von Notes.net forderte ein Anwender bereits, Domino 6 solle in "Domino Edsel" umgetauft werden (in Anspielung auf den "Ford Edsel", den wohl größten Flop in der Geschichte der Automobilindustrie). Andere erklärten, Domino sei bald nur noch ein Mail-Server unter vielen, auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit, und sie würden sich nun nach einer anderen Java-Plattform umsehen.

Lotus reagierte bereits mit einer Erklärung der Garnet-Entscheidung und einer FAQ zum Thema "Next Generation Collaboration-Strategy". Ed Brill, Senior Manager for Enterprise Messaging bei Lotus, erklärte dazu: "Es macht für uns wenig Sinn, parallele Infrastruktur in Domino und Websphere einzubauen." Lotus müsste Millionen in Entwicklung und Support einer Technik investieren, die bei IBM bereits existiere. Um Domino-Daten für J2EE-Anwendungen bereitzustellen, sei der Griff zur vorhandenen Websphere-Arbeit der korrekte Weg. (tc)