Verstärkte Sales-Anstrengungen im US-Mittelstand

Lotus dementiert Berichte über reduzierte Erwartungen

05.10.1990

BOSTON/MÜNCHEN (CW) - Mit der Bekanntgabe detaillierter Ergebniserwartungen will PC-Software-Anbieter Lotus Development Corp. seinem jüngst auf einen Tiefststand abgesackten Börsenwert auf die Beine helfen. Das Geschäft mit kleinen und mittleren Kunden soll indes mit einer aufgemöbelten Vertriebsstruktur angekurbelt werden.

Der Lotus-Kurs war auf 15 Dollar pro Anteil gefallen, nachdem Senior Vice President Robert Schechter, im Board zuständig für Finanzen, auf einer Konferenz bekanntgegeben hatte, der Gewinn vor Steuern werde sich in den nächsten Jahren wohl auf durchschnittlich 20 Prozent vom Umsatz verringern. Zuvor hatten Lotus und die Börse mit Vorsteuer-Margen von 25 Prozent gerechnet. Chief Executive Officer Jim Manzi witterte nun Fehlinterpretationen dieser Nachricht, nachdem in Berichten von neuerdings ebenfalls geringer angesetzten Kapitalrendite- und Umsatzerwartungen der Company die Rede gewesen war.

Manzi hielt dagegen: Die Kapitalrendite werde zwischen 25

und 30 Prozent stabil bleiben; desgleichen der Lotus-Umsatz mit einer jährlichen Steigerung um 20 bis 25 Prozent. Angesichts eines weltweit verlangsamten Wachstums im PC-Markt allerdings, so Manzi, sei davon auszugehen, daß der Anteil der Ersatzbeschaffung, also neuer Versionen und Upgrades, auf 25 bis 30 Prozent des Umsatzvolumens ansteigen werde. Lotus habe diesen Trend aber in der Unternehmensstrategie berücksichtigt.

Um übrigen werde diese Entwicklung auch positive Effekte zeitigen: Zwar sei von zunehmendem Druck auf die Vorsteuer-Margen auszugehen, das Geschäft werde jedoch gleichzeitig einen eher antizyklischen Charakter gewinnen, indem der Einnahmenfluß aus der Lizenzierung neuer Software-Versionen und Upgrades mehr Kontinuität erhalte.

Im amerikanischen Spreadsheet-Markt ist Lotus in Manzis Sicht weiterhin stark; der Anteil sei zwar im Juli, verglichen mit dem Vormonat, von 79 auf 77 Prozent gesunken, die große Bedeutung, die ihr gerüchteweise beigemessen werde, habe diese Entwicklung gleichwohl nicht. Besonders die Einschätzung, Lotus habe Probleme im Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen, wies der CEO zurück.

Gleichwohl ist davon auszugehen, daß das Unternehmen seine Vermarktungsanstrengungen in diesem Segment verstärken wird, folgt man Bill Drummey, dem Ex-Vice-President mit der Verantwortung für das US-Geschäft. "Wir setzen unsere Resourcen dort ein, wo das Geschäftspotential ist", kündigte Drummey an, im vorliegenden Fall also bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Zu diesem Zweck würde beispielsweise die Struktur der Verkaufsaktivitäten angepasst. Weniger Bedeutung werde künftig das individuelle Umsatzkonto jedes einzelnen VB haben; dafür übernähmen die Repräsentanten regionale Zuständigkeitsbereiche.

Die deutsche Lotus Development GmbH, München, wird nach dem gegenwärtigen Informationsstand, so eine Unternehmensangehörige, nicht von Umstrukturierungen der Sales-Aktivitäten betroffen sein. Man habe aus USA noch nichts gehört.