CUU-Sprache auch für jüngere Schüler:

Logo unterstützt Musik- Box- Peripherie

28.04.1978

LOGO, in den Jahren 1966/67 am MIT, unter pädagogischen Gesichtspunkten speziell für den Einsatz im Schul- und Hochschulbereich entwickelt, unterscheidet sich wesentlich von anderen gängigen Programmiersprachen. Als ein Instrument zum Problemlösen gleicht LOGO in seiner Struktur mehr einer "natürlichen" Sprache als einer mathematischen Formelsprache oder einer auf die Verarbeitung numerischer Probleme ausgerichteten Programmiersprache (wie zum Beispiel ALGOL, FORTRAN oder BASIC) .

Basierend auf den Erkenntnissen und Erfahrungen des Projekts PROKOP der Darmstädter Forschungsgruppe CUU sowie LOGO-Forschungsaktivitäten in anderen Ländern, hier besonders die des Massachusetts Institute of Technology, USA, werden in diesem Beitrag einerseits die wesentlichen Merkmale der Sprache LOGO selbst vorgestellt, zum anderen die sinnvolle Nutzung der Möglichkeiten von LOGO in der Schul- und Hochschulausbildung beschrieben.

WARUM EINE NEUE SPRACHE?

Das Projekt PROKOP (Computer als Hilfsmittel des Schülers beim aktiven Lernen) verfolgt seit April 1974 das Ziel, den Rechner als Hilfsmittel (Werkzeug) des Schülers beim aktiven Lernen einzusetzen. Wie in allen Bereichen des täglichen Lebens sollte ein Werkzeug immer so ausgewählt werden, daß mit seiner Hilfe bearbeitende Aufgabe möglichst optimal gelöst werden kann; so wie man nicht eine Axt zum Schälen einer Kartoffel benutzen sollte, sondern ein spezielles Kartoffelmesser, stellt sich auch bei der Auswahl einer Programmiersprache die Frage nach dem geeigneten Werkzeug: Wer ist der Adressatenkreis, was soll vermittelt werden und was ist das Ziel?

Ziel unseres Projekts ist nicht vorrangig die Vermittlung einer Programmiersprache, sondern vielmehr die Vermittlung von Programmier-Konzepten. Wir benötigen daher eine Sprache, die dieses Ziel in einer direkten, klar definierten und einfachen Weise zuläßt. Die Programmiersprache muß einerseits nahtlosen Übergang vom methodischen Konzept zur technischen Realisierung (Codierung) zulassen, andererseits gestatten, verbal formulierte Problemlösungen und Algorithmen einfach zu beschreiben.

Weiterhin sollte sie leicht erlernbar und auf geeigneten Rechnersystemen verfügbar sein.

Nach den im Projekt PROKOP gewonnenen Erfahrungen erfüllt LOGO diese Voraussetzungen und erleichtert durch das integrale Konzept einer Lernumwelt (periphere Geräte: Turtle, Music-Box und Graphics Display) die direkt mit LOGO Sprachelementen ansteuerbar ist, gerade für jüngere Schüler den Einstieg in die Programmierung von Computern.

S. Papert, vom Artificial Intelligence Laboratory des MIT, geistiger Vater der LOGO Philosophie, und das Projekt PROKOP folgen in ihrem Ansatz den Ideen und Erkenntnissen des Entwicklungspsychologen Piaget, der davon ausgeht, daß Kinder ihr Lernverhalten verbessern, wenn sie über ihre eigenen Gedanken nachdenken können; "thinking about thinking" und "learning by doing".

Dieses Ziel wiederum wird durch einen aktiven, eher experimentellen Umgang mit dem Computer und mit Hilfe des Begriffssystems der Computertechnik am besten gewährleistet.

DIE SPRACHE LOGO: Interaktives Programmiersystem

LOGO ist einerseits eine etwas aus dem Rahmen fallende Programmiersprache, erlaubt aber auf der anderen Seite wegen ihres klaren und einfachen Aufbaus die Verdeutlichung einer Reihe fundamentaler Konzepte. LOGO ist eine dialogorientierte Funktionssprache, die durch folgende Punkte gekennzeichnet ist:

- LOGO ist prozeduren-orientiert; modularer Programmaufbau wird unterstützt, wenn nicht sogar erzwungen

- Wichtigste Kontrollstruktur ist der procedure-call bzw. die Rekursion. Programme in LOGO sind fast ausschließlich rekursiv geschrieben, das liegt vor allem daran, daß LOGO ähnlich wie LISP auf rekursiven Datentypen aufbaut, nämlich Listen.

- In LOGO kann zwischen lokalen und globalen Variablen unterschieden werden .

- Das Vorhandensein des RUN-Befehls, ähnlich dem EVAL-Befehl in LISP (z. B. zum automatischen Erstellen oder Ändern von Programmen).

- Beliebig lange frei wählbare Prozeduren- und Variablennamen.

- Editieren und Zugriff zu externen Speichern geschieht innerhalb des LOGO-Systems.

- Es existieren sinnvolle Hilfen zur Fehlersuche (z. B. Trace, aufschlußreiche Fehlermeldungen, setzen von Haltepunkten).

- LOGO ist ein in sich völlig abgeschlossenes interaktives Programmiersystem.

- LOGO ist eine Interpreter-Sprache daher keine Deklarationen notwendig.

Bedeutung für die Ausbildung:

Wir sehen den sinnvollen Einsatz des Computers in der Ausbildung dar

in, daß der Schüler durch geeignete Programmiersysteme bei einem aktiven, selbständigen Lernen unterstützt wird. Dies kann am wirkungsvollsten dadurch geschehen, daß er geeignete Problemaufgaben in verschiedenen Fachgebieten löst. Unter anderem bietet LOGO folgenden Vorteil beim Problemlösungsprozeß:

- die Problemlösungen können isomorph auf die Programme übertragen werden

- es erlaubt eine Beschreibung von Problemen auf verschiedenen Abstraktionsstufen

- es unterstützt die Möglichkeiten der Verbalisierung

- es ermöglicht modularen Programmaufbau entsprechend dem Baukastenprinzip

Unserer Meinung nach ist Programmieren mehr als die Beherrschung einer bestimmten Programmiersprache, Programmieren umfaßt Methoden und Verfahren, die für das Problemlösen und die Modellbildung von Bedeutung sind. Ferner sind die grundlegenden Begriffe der Programmierung nicht nur für das Programmieren wesentlich, sondern darüber hinaus als geistige Fähigkeit von Bedeutung.

* Forschungsgruppe CUU - Projekt Prokop -