Lizenzhandel: Jetzt soll der Bundesgerichtshof entscheiden

04.07.2008
Das Oberlandesgericht München hat Usedsoft den Verkauf gebrauchter Oracle-Lizenzen untersagt. Der Händler will das Urteil anfechten .

Das Oberlandesgericht München hat in einem Berufungsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und dem Münchner Lizenzhändler Usedsoft den Weiterverkauf von gebrauchten Oracle-Lizenzen untersagt (Aktenzeichen 6 U 2759/07). Mit dem Urteil geht eine weitere Runde in dem seit über zwei Jahren schwelenden Streit an die Oracle-Verantwortlichen. Der Softwarekonzern hatte gegen den Second-Hand-Anbieter eine einstweilige Verfügung erwirkt, nachdem dieser in einer Werbeaktion online vertriebene Oracle-Lizenzen angeboten hatte. Diese Verfügung wurde im weiteren Verlauf des Verfahrens vom OLG München bestätigt. Auch im folgenden Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht München gaben die Richter Oracle Recht.

Der Softwarekonzern sieht durch den Weiterverkauf der online verbreiteten Lizenzen sein Urheberrecht verletzt. Dieser Auffassung folgte das OLG München mit seinem jüngsten Urteil vom 3. Juli. Eine Revision ließen die Richter nicht zu. Die Rechtslage sei klar und eindeutig und bedürfe deshalb keiner Bestätigung durch den Bundesgerichtshof, lautet die Begründung.

Die Usedsoft-Verantwortlichen wollen sich davon jedoch nicht beirren lassen und haben angekündigt, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einzulegen. "Wir werden es nicht hinnehmen, dass ein deutsches Gericht fundamentale Rechtsgrundsätze dermaßen missachtet", ereifert sich Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider. "Wir werden vor dem BGH für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen." Eine schnelle Entscheidung sei jedoch nicht zu erwarten. Usedsoft geht davon aus, dass noch zwei bis drei Jahre vergehen dürften, bis das oberste deutsche Gericht zu einem Grundsatzurteil kommt.

Bis dahin haben jedoch erst einmal die Oracle-Verantwortlichen Oberwasser. "Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für den Handel mit gebrauchter Software", heißt es in einer Mitteilung des Softwareherstellers. Unter Berufung auf die mündliche Urteilsbegründung holt Oracle zu einem Rundumschlag gegen den gesamten Second-Hand-Markt aus. "Der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen beziehungsweise der Weiterverkauf von Softwarelizenzen an Dritte ist rechtswidrig", interpretieren die Konzernverantwortlichen das Urteil. Auch der Vertrieb von Lizenzen bei Übergabe eines Originaldatenträgers sei nicht zulässig, da es in jedem Fall zu einer Vervielfältigung der Software auf die Festplatte im Rechner komme. Dafür sei jedoch eine Übertragung des Nutzungsrechts erforderlich, die wiederum der Genehmigung Oracles bedürfe. Eine urheberrechtsneutrale Nutzung sei praktisch ausgeschlossen.

Dem Versuch Oracles, die Rechtmäßigkeit des gesamten Gebrauchthandels in Frage zu stellen, treten die Usedsoft-Verantwortlichen entschieden entgegen. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf ein Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2000. Demnach dürfe der Erschöpfungsgrundsatz nicht durch die Lizenzbestimmungen der Hersteller eingeschränkt werden. Dieser Grundsatz besagt, dass sich Urheber auf das Schutzrecht eines Produkts nicht mehr berufen können, nachdem dieses verkauft wurde. Auf dieser Regelung basiert das gesamte Geschäftsmodell von Usedsoft und anderen Second-Hand-Anbietern. Bei dem Streit mit Oracle vor dem OLG München handle es sich allerdings noch um einen speziellen Fall, nämlich die Weiterveräußerung von online übertragenen Lizenzen. Dieser Sachverhalt könne nicht verallgemeinert und pauschal auf den gesamten Second-Hand-Handel mit Softwarelizenzen übertragen werden, so Usedsoft.

Der Händler führt in diesem Zusammenhang zusätzlich andere Urteile als Beleg an - auch um Softwareherstellern, die auf Basis der jüngsten Entscheidung gegen den Second-Hand-Handel vorgehen wollen, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Als Beispiel nennt der Händler ein Urteil des Landgerichts München (Aktenzeichen 30 O 8684/07), wonach der Verkauf von einzelnen Microsoft-Lizenzen aus Volumenverträgen heraus auch ohne Zustimmung des Herstellers möglich sei. Die Richter am Landgericht hätten explizit darauf hingewiesen, dass der Handel mit Lizenzen von Microsoft nicht mit dem im Oracle-Verfahren vorliegenden Fall vergleichbar sei. Der Handel mit Microsoft-Lizenzen ist von dem jüngsten Urteil nicht betroffen, lautet die Schlussfolgerung der Usedsoft-Verantwortlichen.

Daher sieht der Softwarehändler derzeit auch keine Bedrohung für sein Geschäft. "Das Urteil ist im Grunde für uns nicht mehr von Relevanz, weil wir zurzeit nicht mit Oracle-Software handeln", sagt Geschäftsführer Schneider. Und für das Hauptgeschäft gebe es mit dem Urteil des Landgerichts München eine vernünftige Rechtsgrundlage.

Thomas Feil, Rechtsanwalt und Spezialist für IT-Recht, geht davon aus, dass die Richter am BGH die Entscheidung des OLG München kippen werden. Die Tendenz der bisherigen Entscheidungen am höchsten deutschen Gericht deute darauf hin, dass auch die Weiterveräußerung online übertragener Softwareprogramme möglich sein müsse. Allerdings geht auch Feil davon aus, dass eine endgültige Entscheidung noch einige Jahre auf sich warten lassen wird.