US-Management kündigt neue Preispolitik an

Lizenzgebühr für Oracle 7.0 hängt vom Funktionsumfang ab

03.04.1992

MÜNCHEN (CW) - Die lang erwartete Version 7.0 des Datenbank-Management-Systems "Oracle" wird voraussichtlich in Form von vier einzelnen Produkten vertrieben. Das verriet Kenneth Jacobs, Vice-President bei der Oracle Corp. in Redwood City, Kalifornien, jetzt der CW-Schwesterpublikation "Computerworld".

Im Herbst des laufenden Jahres soll es soweit sein: Version 7.0 des relationalen Datenbank-Management-Systems Oracle wird für den Vertrieb freigegeben. Gleichzeitig will der Anbieter eine neue Art der Preisgestaltung durchsetzen. Nach Angaben des Marketing-Experten Jacobs wird Oracle 7.0 nicht als komplettes DBMS-Paket, sondern in Form eines Basissystems mit drei einzelnen Add-on-Modulen lizenziert. Für die "Procedural Database Option", die "Distributed Database Option" und die "Parallel Server Option" müssen die Anwender demnach separat bezahlen.

Vorteilhaft ist diese Lösung sicherlich für diejenigen Kunden, die das Oracle-DBMS nur in beschränktem Umsatz einsetzen. Sie müssen künftig nur noch das bezahlen, was sie tatsächlich brauchen. Allerdings dürfte eine ganze Reihe von Anwendern alle drei Zusatzmodule benötigen: So sind verteiltes Update, Two-phase Commit und Remote Procedure Calls auf die Verteilungs-Option beschränkt, während Programmierfunktionen wie Stored Procedures und Trigger nur mit der Prozedural-Option ausgeliefert werden.

Gute Nachrichten hatte Jacobs allerdings für VMS-Anwender sowie Lizenznehmer der Transaction Processing Option (TPO). So erhält, wer Oracle 6.0 oder 6.2 unter VMS fährt, die Parallel-Server-Option der Version 7.0 kostenlos. Mit dieser Geste reagiert Oracle offenbar darauf, daß in der VAXcluster-Version von 6.0 Performance-Probleme aufgetreten waren, die erst in 6.2 - mit Hilfe der Parallel-Server-Option - gelöst werden konnten. Den TPO-Anwendern hingegen bleibt der Aufpreis für das Prozedural-Modul erspart.

Inwieweit die von Jacobs angekündigte Lizenzierungspolitik auch hierzulande praktiziert wird, vermag die deutsche Oracle-Niederlassung derzeit nicht abzuschätzen. Die Preisgestaltung sei bislang "noch nicht spruchreif", werde sich aber in jedem Fall nach den Vorgaben der US-Zentrale richten. Die deutschen Anwender müssen ohnehin etwas länger als die US-Kunden auf die 7.0-Freigabe warten, da sich, so das deutsche Oracle-Marketing, "gewisse Verzögerungen" aus der Sprachanpassung und der Schulung der Mitarbeiter ergeben.

Nach Ansicht von US-amerikanischen Marktbeobachtern verfolgt Oracle derzeit eine Politik des sogenannten Produkt-Unbundling, mit deren Hilfe sich der Datenbankanbieter neue Wachstumspfade erschließen wolle. Auch für die TPO verlangten die Kalifornier zusätzliche Lizenzgebühren.