Neue Studie der Marktforschungsgesellschaft Frost & Sullivan

Liquiditätsengpässe gefährden die Telecom-Projekte im Osten

23.08.1991

LONDON (pi) - Eine Finanzierungslücke in der Größenordnung von 50 Milliarden Dollar gefährdet die Telekommunikationsprojekte in den früheren Ostblockländern. Nach Angaben von Frost & Sullivan, London, werden in der ehemaligen DDR, in Polen, in der Tschechoslowakei, in Ungarn, Rumänien, Jugoslawien und Bulgarien etwa 80 Milliarden Dollar benötigt.

Das britische Marktforschungsunternehmen geht in seiner neuen Studie mit dem Originaltitel "The East European Market for Telecommunications Services and Equipment. Report E1469" davon aus, daß durch Gewinne der Post- und Fernmeldegesellschaften und durch westliche Investitionen jedoch maximal 30 Milliarden Dollar aufgebracht werden können. Es stehe allerdings noch nicht fest, ob internationale Organisationen oder Regierungen beabsichtigen, die fehlenden 50 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Die derzeitigen Pläne zum Aufbau der Telefonnetze blieben davon zwar unberührt, aber über die Fortschritte auf diesem Gebiet könne man momentan nur Vermutungen anstellen.

Die Markt-Auguren von Frost & Sullivan sind jedoch der Ansicht, daß sich den Anbietern beim Aufbau der Infrastruktur und auch im Bereich der Inneninstallation große Chancen bieten, da die vorhandene Vermittlungstechnik in den genannten Ländern unzureichend sei. Für risikofreudige Unternehmen bestünden besonders in Polen und in der Tschechoslowakei langfristige Investitionsmöglichkeiten.

Im Vergleich zu den westlichen Industrienationen ist Osteuropa - so die Branchenbeobachter - ein unterentwickelter Markt. Bei 136 Millionen Verbrauchern sei die Telefoninfrastruktur nur halb so dicht wie in

Westdeutschland. In einigen Ländern verschleierten die Wartezeiten von bis zu 13 Jahren die wahre Nachfrage nach Telefonen. Der reale Bedarf sei sechsmal höher, als man aus den derzeitigen Zahlen der Fernmeldebehörden schließen könne.

Bei der Situationsbeschreibung einzelner Länder kommt die Marktforschungsgesellschaft zu folgenden Ergebnissen:

- Mit der Vereinigung Deutschlands sind die Behinderungen für einen weiteren Ausbau der Telefonnetze weggefallen. Allein für die Verbesserung der Fernmeldenetze bis 1997 wurden 37 Milliarden Dollar freigegeben. Die Zahl der Hauptanschlüsse wird von 1,9 Millionen im Jahr 1990 auf 6,3 Millionen im Jahr 1995 und 12,2 Millionen im Jahr 2000 ansteigen. Der Anteil der digitalen Amtsleitungen wird von Null im Jahr 1990 auf 67 Prozent sämtlicher Leitungen im Jahr 1995 zunehmen .

Veraltete Infrastruktur in der Tschechoslowakei

- In der Tschechoslowakei gibt es zwar eine Post- und Fernmeldegesellschaft, aber die Infrastruktur ist veraltet, und 335 000 Telefonkunden warten derzeit auf einen Anschluß. Die CSFR verfügt nicht über ausreichende Mittel, um das Netz aufzurüsten. Hierfür würden zirka zwei bis drei Milliarden Dollar erforderlich sein. Handapparate werden nicht importiert, und 75 Prozent sämtlicher privater Vermittlungen werden im Lande hergestellt.

- Nach einem neuen Gesetz wird der polnische Markt für lokale Telefondienste für den Wettbewerb geöffnet. Dies gilt jedoch nicht für Verbindungs- und internationale Leitungen, für die das Monopol der Post- und Fernmeldebehörde bestehen bleibt. Die Zahl der Amtsleitungen wird von 3,66 Millionen Anschlüssen im Jahr 1990 bis Ende 1995 auf 5,42 Millionen ansteigen.

- Die ungarische Telefongesellschaft hat ein staatliches Monopol über sämtliche Fernmeldedienste. Sie darf sich an Gemeinschaftsunternehmen beteiligen, sofern sie über die Mehrheit der Anteile verfügt. Das Telefonnetz ist klein und muß modernisiert werden.

Staatliche Monopole der Fernmeldegesellschaften

Für den Zeitraum von 1991 bis zum Jahr 2000 wird mit einem Investitionsvolumen von 6,7 Milliarden Dollar gerechnet. Der Verkauf der Inneninstallationen ist in Ungarn vollkommen frei. Viele westliche Gesellschaften spielen hier eine aktive Rolle, allerdings kontrollieren die lokalen Anbieter 70 Prozent des Marktes. Bei einer weiteren Marktöffnung wird für die Jahre 1991/92 mit einer Flut westlicher Produkte gerechnet.

- Bulgarien, Rumänien und Jugoslawien beabsichtigen, ihre Infrastruktur über die staatlichen Fernmeldegesellschaften zu modernisieren, die in allen drei Ländern über ein Monopol verfügen.

Der Bericht kann zum Preis von 3800 Dollar über Frost & Sullivan, Münchner Straße 30, 6000 Frankfurt/M., Telefon 069/23 50 57-58, bezogen werden.