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Linuxworld: US-Anwender stehen am Scheideweg

08.08.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - In dieser Woche findet in San Francisco die zweite US-amerikanische Kongressmesse "Linuxworld" dieses Jahres statt. Sie fällt in eine Zeit, in der die Anwender in den Vereinigten Staaten entscheiden, ob und wie nachhaltig sie in Zukunft auf Linux und andere Open-Source-Programme setzen werden. Anders als in Europa verwenden amerikanische Unternehmen Linux nur in wenigen Fällen für mehr als Web-Server und einige aufs Internet ausgerichtete Anwendungen. Jetzt ist die Frage, wie es weitergehen soll.

Die Antwort ist offen. Der Autoteilehändler TRW Automotive hat in zweijähriger Linux-Anwendung die Erfahrung gemacht, dass dieses System sehr effektiv zu Kosteneinsparungen beiträgt. Momentan aber ist das Unternehmen noch unschlüssig, ob es zu weiteren Umstellungen auch für Datenbanken und andere Kernapplikationen kommen soll. Das Handelsunternehmen Tommy Hilfiger hat hingegen die Uhr zurückgedreht und seinen Webshop von Linux auf Microsoft-Software umgestellt.

Auch die Markt- und Finanzanalysten sind sich nicht einig. Manche erklären, dass die Linux-Umsätze von Red Hat und Novell nicht mehr so stark ansteigen wie bisher oder hinter den - einst sehr hohen - Erwartungen zurückbleiben. Andere prognostizieren einen Aufschwung von Open Source. So haben Risikokapitalgeber nach Angaben von Dow Jones Venture One im vergangenen Jahr 290 Millionen Dollar in neue Open-Source-Startups investiert.

Zudem tauchen wieder vermehrt Softwarehäuser auf, die ihre Anwendungen kostenlos vertreiben und auf Lizenzeinnahmen verzichten, dafür aber mit Services und Updates überleben wollen. Solche Unternehmen waren zur Jahrtausendwende noch reihenweise Bankrott gegangen. Ein bekanntes Beispiel für das neue Revival ist der erfolgreiche Application-Server-Anbieter Jboss. Ein jüngeres Exempel liefert SugarCRM, dessen Programm zum Management von Kundenbeziehungen schon im ersten Jahr des Firmenbestehens 275.000 Mal kostenlos heruntergeladen wurde.

Eine wesentliche Triebkraft für Linux besteht darin, dass es sich parallel zu preisgünstiger Hardware nach der Intel-Architektur x86 verbreitet, die zunehmend teure proprietäre Risc-Unix-Server verdrängt. Das Marktforschungsunternehmen IDC schätzt, dass 2004 neue Server im Wert von 4,2 Milliarden Dollar mit Linux in Betrieb genommen wurden, 44 Prozent mehr als im Vorjahr. 2009 sollen es neue Server für 9,3 Milliarden Dollar sein. Für die Anschaffung neuer Unix-Server wurden zwar 17,6 Milliarden Dollar ausgegeben, aber dieses Investitionsvolumen wird in den nächsten fünf Jahren stagnieren. Der Verkauf von Windows-Servern stieg im letzten Jahr um 14,6 Prozent auf 15,9 Milliarden Dollar und soll 2009 24,2 Milliarden Dollar erreichen.

Bemerkenswert ist der Aufstieg von Startups wie Sourcelabs und Spikesource. Er zeigt, wie aus der Unübersichtlichkeit des Open-Source-Angebots - es gibt mehr als 100.000 Projekte dieser Art - ein Markt an Reife gewinnt. Beide Firmen stellen für spezifische oder breit angelegte Projekte von Anwenderunternehmen die besten Hard- und Softwareangebote zusammen, testen sie, berechnen die Kosten und bieten anschließend technischen Support für den Betrieb. (ls)