Hersteller kündigt neue Browser-Generation an

Linux-Versionen von Netscapes Server-Software kommen Ende 1998

19.11.1998
CHIKAGO (CW) - Marc Andreessen, Mitgründer und Executive Vice-President von Netscape Communications, hat erste auf das Unix-Derivat Linux portierte Server-Systeme für Ende 1998 in Aussicht gestellt. Zunächst sollen die Produkte "Dircetory Server" und "Messaging Server" für das Open-Source-Betriebssystem auf den Markt kommen.

Wie Andreessen der CW-Schwesterzeitschrift "Computerworld" mitteilte, gebe es seitens der Internet-Service-Provider sowie des US-Verteidigungsministeriums eine große Nachfrage nach Server-Produkten unter Linux. Darüber hinaus sei Europa ein wichtiger Markt.

Mitte nächsten Jahres will die kalifornische Softwareschmiede auch ihre anderen Server an die Linux-Plattform anpassen. Die Produkte sollen genausoviel kosten wie die bisher angebotenen. An Erfahrung dürfte es den Entwicklern nicht mangeln, denn der Web-Browser "Communicator" unterstützt das Unix-System bereits.

Mit diesem Schritt liegt Netscape im Trend, denn auch andere Software-Anbieter haben angekündigt, ihre Produkte auf das kostenlose Betriebssystem zu portieren. So will Oracle bis Ende des Jahres eine Linux-Version ihrer Datenbank "Oracle 8" fertigstellen. Ähnliche Pläne verfolgt IBM mit "DB2". Wie aus einem kürzlich an die Öffentlichkeit gelangten Memo bekannt wurde, stuft Netscapes Erzfeind Microsoft das frei verfügbare Unix-Derivat als potentielle Gefahr für die Windows-Plattform ein (siehe CW 46/98, Seite 1).

Gleichzeitig kündigte Netscape eine neue Browser-Technik an. Hinter dem Codenamen "NGT" (Next Generation Technology) verbergen sich eine Reihe modularer Web-Client-Produkte für unterschiedliche Computerplattformen und Endgeräte. NGT basiert auf der neuen Layout-Engine "Nglayout", die in Zusammenarbeit mit Netscapes Open Source-Projekt Mozilla.org (http:// www.mozilla.org) entstand. Solche Engines zeigen Web-Inhalte am Bildschirm des Internet-Surfers an. Nach Angaben des Softwareherstellers unterstützt Nglayout die vom World Wide Web Consortium (W3C) verabschiedeten Standards, wie beispielsweise Hypertext Markup Language (HTML) 4.0, Cascading Style Sheets (CSS) 1 und 2, Resource Definition Format (RDF), Document Object Model (DOM) sowie Extensible Markup Language (XML).

Die Ankündigung der neuen Browser-Technik kommt nicht von ungefähr: Netscape war offenbar überrascht, als Microsoft Anfang November eine Betaversion der Version 5.0 seines Web-Clients "Internet Explorer" wesentlich früher veröffentlichte, als Branchenbeobachter erwartet hatten.

Der kalifornische Softwarehersteller engagiert sich auch anderweitig im Linux-Markt. Erst kürzlich kaufte er sich in die US-Firma Red Hat ein, die das Unix-Betriebssystem vermarktet. Zum Ärger von Microsoft beteiligt sich auch der Chiphersteller Intel an dem Softwareanbieter.

ERP-Support

Nach der Unterstützung von SAP R/3 kündigte Netscape jüngst auch Produkte für Peoplesoft-Anwender an. Der "Netscape Application Server for Peoplesoft" erlaubt es Nutzern der Enterprise-Resource-Planning (ERP-) Lösung, Unternehmensdaten via Extranet Kunden und Partnerfirmen zur Verfügung zu stellen. Das Produkt soll in der ersten Hälfte des kommenden Jahres auf den Markt kommen und für etwa 70 000 Dollar zu haben sein. Ferner will Netscape die Business-Software mit dem hauseigenen Directory Server verknüpfen. Über das Verzeichnissystem können Verwalter den Endanwendern individuell abgestufte Zugriffsrechte einräumen.