Linux und Internet sind die liebsten Kinder in deutschen Unternehmen

21.04.2000
Eine Untersuchung der Techconsult GmbH aus Kassel und von IDG Marketing und Services hat eine groß angelegte Bestandsaufnahme der DV-Zustände in deutschen Unternehmen erarbeitet. In dieser Studie wurde detailliert eruiert, welche Hard- und Software hierzulande in kleinen, mittelständischen und großen Firmen eingesetzt wird und welche Kommunikations- und Servicestrategien die Firmen verfolgen. Wie nicht anders zu erwarten war, haben praktisch alle Befragten das Internet für ihre geschäftlichen Aktivitäten als den Trend der kommenden Jahre erkannt. Und noch einen nicht so heimlichen Gewinner machte die Untersuchung aus: Linux wird seinen Siegeszug in deutschen Unternehmen fortsetzen.

Techconsult befragte im Rahmen der Untersuchung "BIT - Business in Information-Technology" 805 Unternehmen über ihre bis Ende 2001 geplanten Investitionen in Informations- und Telekommunikationstechnik (zur Methodik siehe Kasten). Dabei förderten sie folgende Ergebnisse zutage: In Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeitern werden bis Ende 2001 vermehrt Server unter Linux eingesetzt. Bei diesen Firmen kann ferner ein überdurchschnittlicher Anstieg der Investitionen in portable Rechnersysteme von 14 Prozent bis Ende 2001 erwartet werden. Außerdem wird der Untersuchung zufolge in den Betrieben dieser Größenordnung bis Ende 2000 vor allem in Softwarelösungen für die Bereiche Warenwirtschaft und Controlling investiert.

In Firmen mit 100 bis 499 Mitarbeitern steigen die Ausgaben für den Kauf von IT- und TK-Hardware von 1999 bis 2001 um 20 Prozent. Bemerkenswert ist, dass in dieser Firmengruppe Leasingangebote sowohl für IT- als auch für TK-Hardware bis 2000 um 17 Prozent stärker genutzt werden. Ferner entwickeln Betriebe dieser Größenordnung eine hohe Bereitschaft, in E-Commerce-Projekte zu investieren. Die Budgets für den IT- und TK-Softwarekauf steigen bei mittelständischen Unternehmen bis 2001 um 25 Prozent. Die Ausgaben für Telekommunikationsgebühren, insbesondere für Sprach- und Datendienste, steigen um 20 Prozent.

Auch bei den Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern haben Techconsult und IDG Marketing und Services einige deutliche Trends ermittelt: So ist auch hier die Bereitschaft für Investitionen in E-Commerce-Lösungen hoch. Außerdem werden IT- und TK-Hardware-Leasing-Angebote in den Jahren 2000 und 2001 mit einer Steigerung von 24 Prozent deutlich häufiger nachgefragt.

Rückläufig allerdings entwickeln sich bei den großen Unternehmen die Budgets für den IT- und TK-Software-Kauf, im Zeitraum von 1999 bis 2001 nämlich um 15 Prozent. Andererseits stocken die Großunternehmen ihre Ausgaben für das IT- und TK-Software-Leasing im gleichen Zeitraum um sechs Prozent auf. Bis Ende 2001 wird diese Unternehmensgruppe darüber hinaus vermehrt Server und Desktops unter Linux einsetzen und überdurchschnittlich in portable Rechnersysteme investieren (13 Prozent Steigerung). Und das dürfte ERP- Anbieter wie die SAP freuen: 2001 werden deutlich mehr betriebswirtschaftliche Komplettlösungen genutzt als heute.

Green-Card oder nicht - das ist hier die FrageFirmen mit 500 oder mehr Mitarbeitern planen die insgesamt meisten Neueinstellungen. Immerhin um acht Prozent wollen sie ihre Belegschaft aufstocken. Kleinbetriebe werden, so die Autoren, ihr Personal bis 2001 um sieben Prozent ausbauen, mittelständische Unternehmen um sechs Prozent.

Der Mangel an IT- und TK-Fachkräften zeigt sich insbesondere im Fahrzeugbau, der chemischen Industrie und dem Maschinen- und Anlagenbau sowie in den Arbeitsstätten mit 500 oder mehr Mitarbeitern. Allerdings weisen diese Unternehmen insgesamt auch einen sehr hohen "Outsourcing-Grad" auf.

Die wichtigsten TrendsDie Teilnehmer der Techconsult-Erhebung sollten ferner sagen, welche allgemeinen IT- und TK-Trends sie für ihr Segment innerhalb der nächsten zwei Jahre als wichtig erachten. Alle Industriesegmente sehen dabei den Ausbau der Internet-Präsenz in ihrem eigenen Betrieben als wichtigsten Trend der kommenden Jahre.

Um ihre Umsätze zu steigern, halten Firmen der chemischen Industrie, der Elektrotechnik, der Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie und Unternehmen aus der Möbelbranche den Ausbau von E-Commerce-Lösungen für dringend notwendig. In diesem Sinne äußerten sich insbesondere mittelständische und große Betriebe. Größere Relevanz im Ausbau von Virtual Private Networks (VPN) sowie der Einführung von Highspeed-Technologien sehen überwiegend Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeitern.

Ausgaben für IT- und TK-Hardware ...Die meisten Industriesegmente rechnen in diesem Jahr mit einem deutlichen Rückgang ihrer Investitionen für den Kauf von IT- und TK-Hardware, fanden die Autoren der Bit-Untersuchung heraus. Das reicht von zwölf Prozent bei der metallerzeugenden- und -verarbeitenden Industrie bis zu einem Minus von 20 Prozent im Maschinen- und Anlagenbau. Lediglich die Branchen Bergbau, Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Papier-, Verlags- und Druckgewerbe sowie der Fahrzeugbau erwarten im Jahr 2000 einen Anstieg ihrer IT- und TK-Hardware-Ausgaben, wobei der prozentual höchste Anstieg von 13 Prozent in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie liegt, gefolgt vom Papier-, Verlags- und Druckgewerbe mit acht Prozent. Ein Grund für die Kaufzurückhaltung ist in der Zunahme des Hardware-Leasings zu sehen, das insbesondere die Großunternehmen zunehmend bevorzugen.

... und für IT- und TK-SoftwareÄhnlich wie bei den Hardwareausgaben halten sich die Unternehmen fast aller Industriesegmente auch beim Kauf von IT- und TK-Software in diesem Jahr spürbar zurück. Dieser Trend hält in den meisten Branchen auch im kommenden Jahr an.

Weit überdurchschnittlich gestutzt wird das Softwarebudget dabei in der Chemiebranche (2000: minus sechs Prozent, 2001: minus 14 Prozent), in der Metallerzeugung und -verarbeitung (2000: minus 23 Prozent, 2001: minus zehn Prozent) und im Fahrzeugbau (2000: minus 17 Prozent, 2001: minus zehn Prozent). Im kommenden Jahr investieren Unternehmen mit 500 oder mehr Mitarbeitern 15 Prozent weniger in IT- und TK-Software.

Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeitern werden überdurchschnittlich viel Geld für PC-Office-Pakete ausgeben, in betriebswirtschaftliche Branchenlösungen wie Finanzbuchhaltung dafür nur unterdurchschnittlich investieren.

Unternehmen mit 100 bis 499 Mitarbeitern geben ihr DV-Budget in diesem Jahr nach der Techconsult-Untersuchung vor allem für Netzsoftware ohne Netzwerk-Betriebssysteme aus. Im nächsten Jahr hingegen kommen die Ausgaben verstärkt den Client- beziehungsweise Desktop-Betriebssystemen und der TK-Software zugute. In Firmen mit 500 oder mehr Mitarbeitern wird bis Ende 2001 hauptsächlich in Softwareentwicklungs-Tools und Datenbank- Management-Systeme investiert.

Outsourcing von IT- und TK-DienstleistungenDie größten prozentualen Steigerungen der DV-Ausgaben bis 2001 sind für Wartung und Betreuung von Software (13 Prozent) und für die Internet-Dienstleistungen (15 Prozent) zu erwarten. Um 20 Prozent gehen dagegen die Leistungen der externen Rechenzentren zurück.

Arbeitsstätten mit 20 bis 99 Mitarbeitern: Das Budget für die Nutzung externer Rechenzentren liegt im gesamten Befragungszeitraum bei diesen Firmen naturgemäß weit unter dem Durchschnitt. Unternehmen mit 500 oder mehr Mitarbeitern verzeichnen im Jahr 2001 einen überdurchschnittlichen Anstieg des Budgets für externe Netz-Management-Dienstleistungen.

Wer sind die favorisierten DV-Dienstleister?Techconsult fragte die DV- Verantwortlichen und DV-Entscheider auch nach den externen DV- Dienstleistern, deren Service im Jahr 2000 besonders gefragt sein wird. Danach sind regionale Anbieter die Spitzenreiter, gefolgt von Siemens, SAP, IBM, dem Debis Systemhaus, EDS und HP. Sun Microsystems wird aber mit einer Zuwachsrate von 20 Prozent die größte Steigerungsrate erzielen. Compunet und Talkline mit jeweils 18 Prozent folgen dicht auf dem Fuß. Die Deutsche Telekom kann laut der Techconsult-Untersuchung immerhin noch auf eine Steigerung von 13 Prozent hoffen. Beachtliche Verluste haben in diesem Jahr demgegenüber unter anderem Origin und Oracle mit einem Auftragsrückgang von jeweils zehn Prozent zu gewärtigen.

2001 wird dann nach den Ergebnissen der Untersuchung wieder ein deutlicher Aufwärtstrend zu spüren sein, der nahezu allen Serviceanbietern Zugewinne bringen wird. Die größten Steigerungsraten werden voraussichtlich Oracle mit 22, die externen Rechenzentren mit 21 und Psipenta mit 24 Prozent erzielen können.

Wenn es um die Wahl der externen Dienstleister geht, ziehen die kleinen Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeitern den Ergebnissen der Techconsult-Untersuchung zufolge vor allem lokale Anbieter in Betracht. Recht große Präsenz zeigen bei diesen auch noch die Deutsche Telekom, IBM, Bosch Telecom und Siemens, wobei allerdings Siemens und Bosch Telekom bis Ende 2001 spürbare Verluste hinnehmen müssen.

Bei den mittelständischen Firmen mit bis 499 Mitarbeitern halten SAP, IBM und Siemens neben den lokalen Anbietern auch zukünftig ihre Anteile an den IT-Budgets. Zugewinne können bei Unternehmen dieser Größenordnung vor allem das Debis Systemhaus, Hewlett-Packard (HP) und Sun Microsystems erwarten.

Bei den Großfirmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind ebenfalls die Dienstleistungs-Divisionen von IBM, SAP, Siemens, HP und Debis Systemhaus bis Ende 2001 erste Wahl. Origin und Oracle, die derzeit große Anteile halten, verlieren demgegenüber in den kommenden Jahren erheblich.

MethodeIm Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 805 Arbeitsstätten aus der Primär- beziehungsweise verarbeitenden Industrie befragt. Aufgrund dieser Stichprobengröße können, so die Autoren, grundsätzlich Aussagen für Industriesegmente wie beispielsweise die Land- und Forstwirtschaft, Bergbau, das Papier-, Verlags- und Druckgewerbe, die chemische Industrie, den Maschinen- und Anlagenbau und den Fahrzeugbau getroffen werden. Insgesamt wurden rund 20 Industriesegmente untersucht.

Die Autoren trennten bei ihrer Untersuchung nach der Größe der Unternehmen und zwar in solche mit 20 bis 99, 100 bis 499 sowie 500 oder mehr Mitarbeitern.

Die Feldarbeit in der Industrie erfolgte von Mitte Mai bis Ende August 1999. Um Aussagen über die genannten Segmente machen zu können, wurde die Stichprobe in den einzelnen Zielgruppen über ein Quotenverfahren realisiert. Im Rahmen der Auswertung gewichteten die Autoren die Fälle entsprechend der Grundgesamtheit, so dass die Aussagen insgesamt als repräsentativ angesehen werden können.

Befragt wurden zum größten Teil die DV-Leiter der Betriebe beziehungsweise deren Stellvertreter. Ein relevanter Anteil der Befragten rekrutierte sich ferner aus DV-Mitarbeitern mit weitreichenden Entscheidungskompetenzen, Geschäftsführern und kaufmännischen Abteilungsleitern, wobei diese in der Hauptsache in den kleinen Arbeitsstätten anzutreffen sind.

Abb.1: Anzahl Server mit ERM- und Standard-SW-Lösungen

Die Dominanz der SAP im Markt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware ist auf absehbare Zeit nicht zu brechen. Von der Aufholjagd, die Oracle anstrebt, ist bisher nicht viel zu sehen. Quelle: Techconsult

Abb.2: Netz-Management-Systeme

Den Planungsdaten der Unternehmen zufolge besetzt Microsoft den Markt für Netz-Management. Quelle: Techconsult