Linux nutzt auch Windows-Usern

17.08.2005
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Quelloffene Software wird den Softwaremarkt verändern. Aber kann man sie schon in unternehmenskritischen Bereichen einsetzen? Darüber diskutierten die Teilnehmer des jüngsten COMPUTERWOCHE-Roundtable.
Wilhelm Hoegner, Stadt München, lebt mit zwei mutigen Entscheidungen: für Desktop-Linux und die Debian-Distribution. (Fotos: Joachim Wendler)
Wilhelm Hoegner, Stadt München, lebt mit zwei mutigen Entscheidungen: für Desktop-Linux und die Debian-Distribution. (Fotos: Joachim Wendler)

Das Thema Open Source ist längst nicht mehr auf die "Community" beschränkt. Unter dem Kürzel "LAMP" (Linux, Apache, MySQL, PHP) hält die quelloffene Software mittlerweile Einzug in die Datenzentralen von Banken und Versicherungen sowie Handels- und Fertigungsunternehmen jeglicher Art. Die Stadtverwaltungen von München und Wien wollen das Open-Source-Betriebssystem Linux sogar auf die Schreibtische ihrer Mitarbeiter holen. Einigen IT-Chefs verursacht der Gedanke daran, nicht herstellergebundene Software für unternehmenskritische Anwendungen zu nutzen, jedoch ein flaues Gefühl im Magen. Die computerwoche holte Fachleute mit unterschiedlichen Erfahrungen und Ansichten an einen Tisch und ließ sie die Vor- und Nachteile der Open-Source-Software (OSS) diskutieren.

"Open Source war für uns ursprünglich ein Bottom-up-Prozess; heute, fünf Jahre später, verläuft er eher top-down", berichtet Johannes Lorenz, verantwortlich für J2EE-Infrastruktur, Archiv- und Dokumenten-Management-Systeme sowie Business Intelligence, Data Warehouse und Teilkonzern-Berichtswesen bei der MAN Nutzfahrzeuge AG in München: "Wir werden heute vom Management gefragt: Geht das denn nicht auch mit Open Source?"

Der Preisvorteil - nichts als eine Legende?

Was die Chefetage eigentlich sagen will, ist: Geht das denn nicht auch billig? Und damit spricht sie einen der hartnäckigsten OSS-Mythen an. "Auf der Führungsebene wird immer gesagt: Nehmen wir Open Source, das kostet nichts", führt Wilhelm Hoegner, Hauptabteilungsleiter Informationstechnologie der Stadt München, aus - um sofort hinter- herzuschicken: "Das stimmt so natürlich nicht. Gerade im geschäftskritischen Bereich muss man ja den externen Support durch eigenes Know-how ersetzen. Aber die internen Kosten werden bei der Beschaffungsentscheidung oft nicht berücksichtigt." Auch aus diesem Grund hat die bayerische Landeshauptstadt vor zwei Jahren Linux zu ihrem künftigen Standard-Desktop-System erklärt.