Linux auf dem Desktop weckt Interesse

22.05.2003
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Die Motive des Anwenderinteresses sind in erster Linie Kostenaspekte. Die bei Verwendung von Open-Source-Software entfallenden Lizenzkosten bieten ein Sparpotenzial, sind aber nicht der wichtigste Faktor. „Viele Anwender werden durch die Lizenzpolitik ihrer Lieferanten genötigt, ihre Hardware abzulösen“, erläutert Daniel Riek vom Linux-Verband Live. „Solche Zwangssituationen möchte man in Zukunft vermeiden. Die Unternehmen wollen selbst entscheiden, wann sie upgraden. Linux läuft auf der vorhandenen alten Hardware.“ Alfred Schröder, Geschäftsführer des Linux-Dienstleisters Gonicus aus Arnsberg, stellt fest: „Die Unternehmen möchten über ihre IT wieder selbst bestimmen.“

Die Finanzchefs mischen sich ein

Der Anstoß zu Linux-Projekten war früher immer „von unten“, von Linux-erfahrenem IT-Personal, gekommen. Diese Verhältnisse haben sich in Zeiten des Sparzwangs verschoben. Soreon-Forscher Binder hat beobachtet: „Es gibt offensichtlich eine Art Koalition zwischen Linux-affinen IT-Spezialisten und den Finanzverantwortlichen. Beide Seiten stoßen die Projekte an, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Motiven.“ Die einen wollten ein besseres System, die anderen ein kostengünstigeres. Und inzwischen gibt es für beide Seiten eine echte Möglichkeit, den Microsoft-Pfad zu verlassen. Suse-Manager Burger blickt selbstkritisch zurück: „Eine veritable Alternative hat es eigentlich vor sechs Monaten noch nicht gegeben.“ Wo kein Angebot, da kein Markt.

Besonders das Fehlen einer Groupware-Lösung hat lange die Verbreitung von Linux in Büros behindert. Inzwischen gibt es zwar Produkte, die erfordern aber entweder den Erwerb einer Lizenz (wie die Lösung von Skyrix aus Magdeburg), oder sie bieten nur Basisfunktionen (wie „Evolution“ von Ximian). Mittlerweile fördert das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Entwicklung der Open-Source-Lösung „Kroupware“. Ein anderer hemmender Faktor sind noch die Schriftfonts, die durchweg urheberrechtlich geschützt sind. Doch nun hat sich Agfa dem Linux-Trend geöffnet. Damit verbessert sich nicht nur die Erscheinung von Linux auf dem Bildschirm oder der ausgedruckten Dokumente. Möglich wird auch der Zugriff auf Windows-Anwendungen

(via „Crossover“ von Codeweavers), die bestimmte Fonts benötigen.

Als hinderlich könnte sich bei einigen Anwendern das eigene IT-Personal erweisen. Wo Unix-Erfahrungen bestehen, ist Linux keine Herausforderung. In Häusern mit ausgeprägter Microsoft-Tradition könnte es jedoch mit dem Support Probleme geben. Suse-Manager Burger: „Diejenigen, die nur Microsoft kennen, empfinden Angst vor dem Unbekannten.“